Unileben

Klimaaktivismus, Plogging, Podiumsdiskussion – die Nachhaltigen Hochschultage 2020

Eine Woche fürs Klima – eine Woche für Nachhaltigkeit an den Hochschulen und Universitäten. Nicht nur in München, sondern bayernweit. Vom 16.-20.11.2020 fanden die Nachhaltigen Hochschultage der Landes-ASten-Konferenz Bayern (LAK) statt, mit dabei auch die dritte Public Climate School der Students for Future München (StuFF). Wie könnte es anders sein – komplett digital. Corona kann dem Klima- und Umweltaktivismus an den Hochschulen gar nichts!

© LAK Bayern / Jürgen Schiffer

Gastbeitrag von Students for Future in Kooperation mit LAK Bayern und den Umweltreferaten der LMU, TU und der HM. 

Fridays for Future streikt nicht umsonst seit Beginn der Pandemie unter dem Hashtag #fighteverycrisis. Den Hype, den die Klimakrise und der ganze Themenkomplex Nachhaltigkeit und Umweltschutz 2019 erfahren hatte, hat die Corona-Krise recht erfolgreich aus den Medien verdrängt. Auch, weil Aktivismus nicht mehr auf den Straßen stattfinden kann. Die LAK Bayern und Students for Future lassen sich davon aber nicht beirren. Irgendeinen Vorteil muss dieser verflixte Online-Unterricht in Corona-Zeiten ja haben: Zoomen, das können wir jetzt. Also erarbeiteten sie innerhalb weniger Wochen ein Konzept für eine digitale bayernweite Uni-Aktionswoche. Und immerhin einen Vorteil hat die digitale Lehre definitiv: Viele der Vorträge und Veranstaltungen wurden aufgezeichnet und können so auch jetzt noch angesehen werden. StuFF wird die Beiträge so schnell wie möglich auf YouTube stellen – wo auch schon die letzte PCS vom Mai 2020 filmisch festgehalten ist. Auch die Auftakt- wie Abschlussveranstaltung der NHT können auf YouTube im Livestream nachgeguckt werden.

Die Public Climate School 3.0 (PCS)

Bei der Organisation der PCS 3.0 konnten die Students for Future bereits auf die Erfahrungen der zweiten Public Climate School zurückgreifen, die im Mai ebenfalls komplett online stattgefunden hatte. Das Konzept ist simpel: Eine Woche lang richten Dozierende (freiwillig) ihre regulären Lehrveranstaltungen auf das Thema Klima aus. So spricht die Vorlesung über „Christliche Friedensethik“ plötzlich über „Klimawandel und Ressourcenkonflikte als Kriegsursache“ – und eine Statistik-Vorlesung beschäftigt sich mit der „Aktuellen Umweltagenda der EU und den Methoden der statistischen Überwachung ihrer Ziele“. Das Ganze richtet sich in dieser Woche explizit auch an Nicht-Studierende: Die Klimawissenschaft muss ihren Elfenbeinturm verlassen und anfangen, ihre Ergebnisse breit unter die Menschen zu tragen, so finden Students for Future. Die Vorlesungen sind daher öffentlich zugänglich, das Programm umfasst in diesem Semester über 60 Veranstaltungen – und da ist das Programm der Nachhaltigen Hochschultage noch gar nicht eingerechnet.

Die Nachhaltigen Hochschultage Bayern – mit einer kontroversen Podiumsdiskussion 

Vorlesungen, Vorträge, Workshops und Seminare rund um das Thema Nachhaltigkeit – und das an Hochschulen in ganz Bayern, in Präsenz wo möglich, sonst digital. Die Umweltreferate der TU, LMU und Hochschule München haben eine Plogging-Challenge veranstaltet, die Müll sammeln und Joggen gehen kombiniert – und absolute Highlights waren natürlich die Bayernweite Auftaktveranstaltung mit u.a. Thorsten Glauber, Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, und die Abschlussveranstaltung an der FAU Nürnberg mit einer Podiumsdiskussion zu der Frage: “Nachhaltige Entwicklung: Ist die Wirtschaft Vorbild für die Hochschule oder die Hochschule Vorbild für die Wirtschaft?”

Zwei Wirtschaftsprofessoren, eine Politikerin, ein Ökobauer und eine Studentin diskutieren über Nachhaltigkeit, Hochschule und die Rolle der Wirtschaft. Der ehemalige Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Prof. Bert Rürup, moderiert das Panel. Das Fazit? Unterschiedlichste Standpunkte und eine rege Diskussion über nachhaltige Innovationskultur.

Die Abschlussveranstaltung der Nachhaltigen Hochschultage stand im Zeichen der Frage, ob die Hochschulen oder die Wirtschaft Innovationstreiber im Punkto Nachhaltigkeit seien. Auch, wenn die Runde auf diese Frage keine unmittelbare Antwort finden konnte, so ist doch eins klar: Nachhaltigkeit ist ein hochkomplexes, allumfassendes und gesellschaftsprägendes Thema und wird in der Zukunft an Bedeutung noch signifikant zunehmen. Die junge Generation, namentlich wir, werden dabei die zentrale Rolle spielen und entscheiden, ob wir es schaffen, eine nachhaltige Wirtschaft aufzubauen.

Doch wie können wir diesen Wandel meistern? Wir brauchen dazu Motivation, Innovationskraft und die notwendigen Fähigkeiten. Motivation sehen wir jeden Freitag auf den Straßen, Innovation sehen wir im Alltag – aber wo finden wir die Fähigkeiten, die wir dazu brauchen? Hier kommen die Bildungseinrichtungen ins Spiel. Bildung für Nachhaltigkeit darf aber, so die übereinstimmende Meinung der Podiumsteilnehmer:innen, nicht nur auf bestimmte Studiengänge fokussiert, sondern muss flächendeckend in der universitären Lehre verankert sein: Nachhaltigkeit als Bestandteil jedes Studiengangs, nicht nur beschränkt auf die ökologische, sondern vereint mit sozialer (Stichwort: Soft Skills) und ökonomischer (Stichwort: Stakeholder Sichtweise) Nachhaltigkeit. Es geht darum, die Säule des fachlichen Studiums mit der Säule des gesellschaftlichen Studiums zu erweitern.

Dies ist mit Sicherheit keine Aufgabe, die von heute auf morgen zu schaffen ist. Eher im Gegenteil: Die Studienpläne sind meist mehr als gefüllt und überfachliche Qualifikationen kannibalisieren die fachliche Tiefe der Studiengänge. Und vielleicht ist der Bologna-Prozess, wie sie in der Podiumsdiskussion als Ursache des Problems identifiziert wurden, schuld. 

Die Lösung liegt aber nicht in einer Rückabwicklung des Bologna-Prozesses oder der Reduzierung an fachspezifischen Lehrinhalten. Die Lösung liegt in der Schaffung von Austauschmöglichkeiten zwischen und für Studierenden. Zum Beispiel das etwas schnelle Gespräch im StuCafé mit dem nerdigen Informatiker, die fachfremde Diskussion mit den Kommiliton:innen während der Vorlesung oder das Engagement in einer Hochschulgruppe, in der es eigentlich um etwas ganz anderes geht. All das basiert auf sozialer Interaktion und Austausch zwischen Individuen. Hierfür muss im studentischen Leben Platz geschaffen werden: Nur frühes und andauerndes Training können geeignete Führungspersonen hervorbringen, die in der Lage sein werden, die Wirtschaft und Gesellschaft Richtung Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit umzustrukturieren – und die brauchen wir mehr als jemals zuvor.

 

© LAK Bayern / Jürgen Schiffer

Unter #KlimaCampus schreiben unter anderem Aktivist*innen von Students for Future München sowie Mitglieder der Umweltreferate von LMU und TUM über Umwelt- und Klimathemen im Zusammenhang der Münchner Hochschulen. Für die Inhalte zeichnen allein die jeweiligen Organisationen verantwortlich. Alle Beiträge der Serie hier nachlesen.

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