Unileben

München macht es einem leicht, sich wohlzufühlen – ein Erfahrungsbericht

Unsere Autorin ist inmitten des Lockdowns nach München gezogen. Wie viele andere Zugezogenen hat sie sich die Frage gestellt: Wie geht das in diesen Zeiten, ankommen in einer neuen Stadt?

Als Student*in hat man beim Ankommen immerhin einen Vorteil: Man trifft durch die Uni viele neue Leute. Foto: privat

Von Rebecca Kroschwald

„München? Ohje, das wird aber schwierig da mit den Leuten“ – so oder so ähnlich fiel bei vielen die erste Reaktion aus, als ich ihnen erzählte, dass ich für mein Masterstudium nach München ziehen würde. Dann folgte meist die Frage, wie ich denn plante, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Ehrlich gesagt fand ich das damals schon übertrieben. Aber ein bisschen verunsichert hat es mich dann doch. 

Dennoch war für mich die Entscheidung, in welche Stadt ich für den Master gehen werde, eine klare Sache. München sollte es sein und keine andere Stadt. Gestützt war diese Entscheidung vor allem auf die Eindrücke, die ich bereits während eines dreimonatigen Praktikums im Sommer 2019 gewinnen konnte. Ich habe München damals als lebensfrohe, weltoffene und wunderschöne Stadt kennenlernen dürfen, in der ich mir das Leben sehr gut vorstellen konnte.

Trotz erneuter Online-Lehre wollte ich im Sommer nach München

Ich bekam also die Zusage für einen Studienplatz an der LMU – und verbrachte trotzdem das komplette erste Semester noch in meiner alten Heimatstadt. Meine Kommiliton*innen lernte ich alle ausschließlich online kennen. Das sollte sich ändern. Für das zweite Semester, das Sommersemester 2021, wollte ich – trotz erneuter Online-Lehre – nach München umziehen. Als ich hier ankam, herrschte im sechsten Monat strikter Lockdown. Hinzu kam das unfassbar schlechte Wetter: Bis Ende April hat es noch regelmäßig geschneit und wenn das nicht der Fall war, regnete es oder es war einfach nur kalt und grau draußen.

Es gibt definitiv bessere Zeiten, in eine neue Stadt zu ziehen, als mitten in einer Pandemie. Die besten Voraussetzungen, um neue Leute kennenzulernen, sind es nicht. Meine persönliche Erfahrung mit dieser Zeit ist allerdings eine durchweg positive – denn entscheidend ist, was man aus der Situation machen kann. Die Ausgangssituation war für viele Zugezogene die gleiche, was in diesem speziellen Fall ein wirklicher Vorteil gewesen ist – zumindest betrachte ich das im Nachhinein so.

Für viele Studierende kann es sehr belastend sein, keinen Anschluss zu finden

Natürlich geht jede*r anders mit der Pandemie um, die uns alle auf die eine oder andere Art auf eine harte Probe stellt. Und die Probleme von jemandem wie mir, einer Studentin, die sich in einer neuen Stadt zurechtfinden muss, stehen in keinem Verhältnis zu den Härten, mit denen sich viele andere Menschen konfrontiert sehen. Für viele zugezogene Studierende kann es jedoch sehr belastend sein, keinen Anschluss zu finden. Wie geht das also, ankommen in einer neuen Stadt? 

Erst einmal natürlich, indem man sich auskennt. Selten bin ich so viel spazieren gegangen wie in meinen ersten Wochen in München. Es hat etwas an sich, eine Stadt zu Fuß zu erkunden, als wenn man überall mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hinfährt. Dabei hatte ich oftmals den Eindruck, dass München es einem leicht macht, sich wohlzufühlen. Ganz entgegen den Warnungen vieler Bekannter sind mir die allermeisten Menschen hier freundlich und aufgeschlossen begegnet.

Manchmal frage ich mich, ob wir uns unter nicht-pandemischen Umständen auch schnell zusammengefunden hätten

Obwohl auch mein zweites Semester im Master komplett online stattfand, hatte ich durch meinen Umzug nach München die Möglichkeit, einige meiner Kommiliton*innen kennenzulernen. Bei Spaziergängen und Kaffee oder Eis to go – je nach Wetter – wurde mir schnell bewusst, dass letztlich fast alle Studierenden, die nicht aus München stammen, in der gleichen Lage waren wie ich: neu in einer Stadt, die man kaum kennt, und in der man noch keine Bekanntschaften schließen konnte. Da alle darauf angewiesen waren, aktiv auf Menschen zuzugehen und für uns neue Wege zu gehen. Das gemeinsame Studium bot uns allen einen der wenigen Anlässe, Leute kennenzulernen. So haben wir uns letztlich doch alle recht schnell zusammengefunden. Manchmal frage ich mich, ob wir das unter nicht-pandemischen Umständen auch getan hätten.

Dennoch habe ich, gerade in den ersten beiden Monaten hier, auch viel Zeit allein verbracht – mal freiwillig, mal der Tatsache geschuldet, dass eben nicht immer jemand Zeit hat. Es lohnt sich allerdings, die Stadt auch dann zu durchstreifen, wenn niemand Zeit hat und man allein gehen muss. So habe ich für mich in den ersten Wochen die Routine etabliert, ein Mal pro Woche auf dem Wochenmarkt frisches Obst und Gemüse einzukaufen. Schnell bin ich auf den Stand von Resi am Viktualienmarkt gestoßen, wo es jeden Dienstag und Mittwoch eine große Tüte Obst und Gemüse für studierendenfreundliche zehn Euro zu kaufen gibt. 

München hat wirklich viel an Kultur zu bieten – und es gibt fast überall Rabatte für Studierende

Sobald die Regelungen wieder minimal gelockert wurden, war ich in Museen wie dem Lenbachhaus und in der Bayerischen Staatsoper: München hat wirklich viel an Kultur zu bieten und es gibt fast überall Rabatte für Studierende. Eine große Hilfe waren mir Seiten, auf denen regelmäßig über aktuelle Veranstaltungen, Neueröffnungen und Ausflugsziele informiert wird, der von Munich Mag zum Beispiel.

So hat es mich sowohl an den Starnberger als auch an den Ammersee verschlagen. Besonders ersterer ist von München aus sehr leicht mit der S-Bahn zu erreichen und wenn das Wetter mitspielt, kann man dort im Sommer sehr schön baden gehen. 

Der Sommer bestand dieses Jahr zwar aus gefühlten vier Monaten April, aber das tat dem Ganzen keinen Abbruch. Ich habe mit neu gefundenen Freund*innen diverse Sonnenuntergänge beobachtet, besonders schön war es am Friedensengel und im Olympiapark; den einen oder anderen Biergarten besucht; Liquid Cocaine als neues Getränk für mich entdeckt und den Ersatz für das diesjährige Oktoberfest, die Wirtshaus-Wiesn, mitgenommen.

Die Bedenken des alten Umfelds waren nicht falsch

Gerade wenn man nicht aus einer größeren Stadt kommt, sind die Lebenshaltungskosten in München doch um einiges höher, als man es gewohnt ist. Für Münchner Verhältnisse habe ich mit meinem WG-Zimmer einen absoluten Glücksgriff gelandet – sowohl was die Lage angeht als auch den Preis und die Größe des Zimmers. Aber ich zahle hier immer noch mehr, als ich jemals in einer anderen deutschen Stadt für ein vergleichbares WG-Zimmer gezahlt habe. So viel also zu den Bedenken meines alten Umfelds.

Dennoch würde ich es jederzeit wieder so machen. Es fühlte sich wie ein Risiko an, während des harten Lockdowns in eine neue Stadt zu ziehen, und ich war nicht immer glücklich, gerade in dieser Zeit weit weg vom mir Bekannten zu sein. Aber München hat es mir leicht gemacht.

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