Filmreihe

„Les Misérables“ – Gefangene des Schicksals

Die blutigen Blütezeiten der Französischen Revolution, uneheliche Kinder und Arbeitskampf: Der Stoff von „Les Misérables“ begeistert seit jeher, sei es als Musical, Film oder zuletzt als Serie. Warum unsere Autorin besonders die Verfilmung mit Hugh Jackman und Anne Hathaway berührt hat.

Von Leonie Stoll; Foto: Universal Pictures

In „Les Misérables“ passiert viel – kein Wunder, bei einer Handlung, die sich über einen Zeitraum von 17 Jahren (1815-1832) erstreckt.  Sie an dieser Stelle knapp zusammenzufassen, ist dementsprechend schwierig. Unbestreitbar ist, dass die Verfolgung eines ehemaligen Häftlings (Jean Valljean, gespielt von Hugh Jackman) durch den Mann, der ihn ursprünglich ins Gefängnis gebracht hat (Inspektor Javert, gespielt von Russel Crowe), gesellschaftliche Abgründe zeigt, die bewegen. Im Fokus stehen dabei vor allem die randständigen Mitglieder der französischen Gesellschaft des frühen 19. Jahrhunderts, Arbeiter*innen, Revolutionär*innen und  uneheliche Kinder. Die Buchvorlage wurde während der tragischen Epoche selbst geschrieben und 1862 im Exil von Autor Vico Hugo auf der Insel Guernsey in Hauteville House beendet.

Die Filmfassung von 2012 wartet auf mit Starbesetzung von Anne Hathaway als schwer erkrankte Prostituierte Fantine bis hin zu Amanda Seyfried, die ihre Tochter Cosette verkörpert. Jean Valjean nimmt Cosette nach Fantines Tod zu sich und lebt mit ihr unter neuer Identität in Paris. Der Handlungsverlauf gewinnt immer mehr an Spannung als Cosette sich in einen Revolutionär verliebt, der zufällig den gleichen Widersacher hat wie Valjean – und gleichzeitig die Revolution selbst ihren Höhepunkt erreicht …

Die Handlung ist teils schwer nachvollziehbar, da Musik und Szenen ohne viel Dialog den Film dominieren, dementsprechend empfiehlt es sich, vor Besuch des Films einen Blick in eine Inhaltszusammenfassung zu werfen.

Die Musik macht den Film

Ich habe das Musical „Les Misérables“ mit gerade einmal elf Jahren gesehen – und zwar in London. Auch wenn meine Englischkenntnisse zu dieser Zeit nicht ausgeprägt waren und ich somit weder den gesprochenen Text noch den Inhalt der Lieder gut verstand, hat mich die Musik noch lange nach dem Theaterbesuch beschäftigt.  Natürlich hat der Film die Titel  des Musicals  wie „The final battle“ oder „Bring him home“ übernommen  – gesungen von den Schauspieler*innen selbst. Dass Hugh Jackman gut singen kann, war also  schon vor „Greatest Showman“ klar. Beeindruckend ist, wie alle Handlungsstränge des Films, auch wenn sie vielleicht erst zu einem späteren Zeitpunkt zusammengeführt werden, die gleiche Grundstimmung vermitteln. Eine Nuance Resignation, gemischt mit Willensstärke und durch  – dem Zuschauer ist klar, hier geht es um Existenzen. Klar bleibt die Romantisierung der dramatischen Umstände nicht ganz aus, sie wird wohl aber auch teils von harmoniebedürftigen Kinobesuchern erwartet…

Ich denke, die Zeit der französischen Revolution könnte einigen bereits etwas näher bekannt sein, aber „Les Misérables“ schafft es durch gekonnte Requisite, einen hochprofessionellen Cast und eben vor allem die Musik, uns wirklich in eine glaubwürdige Imagination dieser Zeit zu versetzen. Zumindest im Film scheinen Zeitreisen möglich. Und nein, dabei hat man nicht immer ein wohles Bauchgefühl.

Ein düsteres Schmankerl – der Abgang, der in Erinnerung bleibt

Gegen Ende des Films nimmt sich einer der Hauptcharaktere das Leben. Während er sich in die Seine stürzt, braust das Wasser, am Himmel türmen sich dunkle Wolken und ein klagender Gesagt ertönt. Das alles hat nichts mit der französischen Revolution zu tun, ist aber der Teil des Films, der mich in meinen Träumen verfolgt hat. Auch die Todesszene von Fantine wird herzzerreißend von Anne Hathaway besungen, für ihre Leistung an dieser Stelle spricht nicht zuletzt ihre Oscarnominierung.

Zusammengefasst: Das Drehbuch zu diesem Film zu schreiben war aufgrund der Stoffmenge und riesigen Erwartungen sicher nicht einfach – und doch scheint das Projekt gelungen. So ist der Vibe wahnsinnig einnehmend. Und selbst, wenn die Struktur der Handlung nicht in jedem Moment klar ist und wir uns  manchmal fragen „Wo sind wir denn jetzt gelandet?“  oder „Was ist gerade die Intention von Charakter xy?“ ist das Zusammenspiel von raschen Szenenwechseln und detailverliebtem Setdesign fesselnd von der ersten Minute an – da kommt sicher keine Langeweile wegen Unverständnis auf.

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