Filmreihe

„Godzilla Minus One“ – Traumatherapie auf Japanisch

In „Godzilla Minus One“ von Takashi Yamazaki ist das namensgebende Monster eine Metapher für das Kriegstrauma. Der Protagonist muss gegen beides kämpfen, um seine Liebsten zu retten.

Von Jonas Hey; Poster: Toho Studios and Robot Communications

Gegen Ende des Krieges strandet der Kamikaze-Pilot Shikishima auf dem japanischen Atoll Odo. Er überlebt eine Bruchlandung, begegnet aber Godzilla. Zuvor ist er bereits aus der Schlacht geflohen und erneut traut er sich nicht anzugreifen, als er vor dem Monster flieht. Godzilla ist real in der erzählten Welt, doch bei Shikishima weckt sein Auftauchen immer wieder Erinnerungen an seine Feigheit im Krieg auf. Auf Odo hat außer ihm nur der Mechaniker Tachibana überlebt, der ihm einen Umschlag mit den Familienfotos der getöteten Soldaten übergibt, was für den Protagonisten zu einer zusätzlichen Schande wird. Zurück in Tokio erzählt ihm eine Nachbarin vom Tod seiner Eltern und wirft ihm zugleich vor, dass Japan den Krieg wegen Feiglingen wie ihm verloren hat.

Gesellschaft der Überlebenden

Zu Shikishimas Trauma  gehört nicht nur das Kriegserlebnis, sondern auch das Überleben. So trifft er in den Ruinen Tokios auf Noriko, die das Waisenkind Akiko mit sich trägt. Sie quartiert sich gegen seinen Willen bei ihm ein und er scheint glücklich darüber nicht wieder abgelehnt zu werden. Diese Patchwork-Familie wäre vor dem Krieg undenkbar gewesen und die Nachbarin straft die beiden folglich zunächst mit Ablehnung. Doch in der Gesellschaft der Überlebenden scheint es der einzige Ausweg.

Bald findet Shikishima Arbeit bei einem Minenräumkommando in einem alten Fischerboot. Zur restlichen Crew gehören der schweigsame Kapitän Akitsu, der Jüngling Shiro und der Wissenschaftler Noda. Während sich Shiro ärgert, dass er nicht im Krieg diente, weisen die anderen ihn zurecht, dass dies sein großes Glück sei. Sie wissen, welche Traumata der Krieg erzeugt und wollen durch ihre Arbeit die Jugend schützen.

Das Trauma bleibt

Eine Begegnung mit Godzilla in ihrer Nussschale geht gerade noch gut aus, doch Shikishima wird verwundet. Darauf berichtet ihm Noriko freudestrahlend, dass sie im neu erbauten Ginza-Bezirk Arbeit gefunden habe und nun auch Geld verdienen könne. Über diesen Traditionsbruch ist der Protagonist entsetzt, doch auch dies scheint in der neuen Gesellschaft nun möglich. Doch es kommt wieder zur Tragödie, als Godzilla bei seinem nächsten Angriff geradewegs nach Tokio und Ginza marschiert. Bei dem Angriff setzt es auch seine nukleare Attacke ein, deren Atompilz die Stadt überragt. Doch die Druckwelle reißt Noriko fort und Shikishima bleibt erneut alleine zurück. Durch diese Attacke wird Godzilla zum Trauma einer ganzen Nation. Das Land glaubt, sich  erholen zu können, doch auch im neu erbauten Viertel kommt das Monster und erinnert die Menschen an die Schrecken des Krieges.

Der Wert des Lebens

In dieser verzweifelten Situation ruft ein Admiral überlebende Angehörige der Marine zusammen, die in einer gemeinsamen Aktion Godzilla besiegen sollen. Überraschend tritt der Wissenschaftler Noda hervor und erklärt einen tollkühnen Plan, bei dem Godzilla durch die Kraft des Meeres getötet werden könne. Doch die Männer sind skeptisch, sie haben schon einmal ihr Leben im Krieg riskiert und haben nun alle Familien. Warum sollten sie erneut auf ein Selbstmordkommando aufbrechen? Einer der Männer fragt, ob der Tod gewiss sei, was Noda entrüstet verneint. Erleichtert antwortet der Mann darauf, dass dies zumindest besser als in der kaiserlichen Marine sei. Die Veteranen beginnen zu verstehen, dass sie nicht mehr wie im faschistischen Japan verheizt werden, sondern eine Wahl haben.

In der finalen Schlacht zeigen die Männer und besonders Shikishima großen Mut und schaffen es, Godzilla zu besiegen. Damit ist nicht nur das Monster, sondern auch das Trauma erledigt. Die Veteranen haben es geschafft, sich der zerstörerischen Naturgewalt zu stellen. Sie hatten eine Wahl und haben sich für das Überleben entschieden. Damit haben sie die Ausweglosigkeit des Militäreinsatzes im Weltkrieg überwunden.

Der Film kam am 15. Dezember 2023 in die deutschen Kinos.

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