Unileben

Happy Pride! Bitte kauft alle Regenbogenprodukte – oder lieber nicht?

Der Pride-Month startet und überall sieht man Regenbögen. Queere Menschen werden für ein paar Wochen sichtbar. Doch Rainbow-Washing kann den Anliegen queerer Menschen sogar im Weg stehen.

Steht der Regenbogen zum Verkauf? Foto: Leonie Lange

“Warum müssen diese LGBTQIA+ Leute einem ihre Identität einen ganzen Monat aufzwingen?” Solche Sätze hört man jedes Jahr zum Pride-Monat und um die CSDs in Deutschland, wenn wieder viele Firmenlogos in Regenbogenfarben oder Regenbogen-Flaggen vor Gebäuden oder an Trams zu sehen sind. Und auch wenn ich als queere Person Pride und den CSD liebe, der Meinung bin, dass wir noch lange nicht am Ziel sind was die Rechte und Gleichberechtigung von queeren Menschen angeht und finde, dass es wichtig ist, dass wir als queere Community “loud and proud” sind, so habe ich doch auch gemischte Gefühle, wenn es um die Regenbogenlogos und Produkte geht, die im Juni überall auftauchen.

Nicht etwa, weil ich finde wir sollten als queere Community unauffälliger, weniger bunt oder angepasster sein, sondern weil diese Flut an Regenbögen in vielen Fällen weniger der LGBTQIA+ Community dient, sondern in häufig Rainbow-Washing, bzw. Pinkwashing ist. Rainbow-Washing, bezeichnet Marketingstrategien, bei denen sich Firmen, Organisationen oder auch Personen gezielt mit Regenbogenflaggen schmücken und Produkte mit diesen anbieten um ihre vermeintliche Unterstützung für die LGBTQIA+ Community zu signalisieren und sich damit als tolerant, progressiv und divers darzustellen, ohne sich tatsächlich für die Belange und Probleme queerer Menschen einzusetzen.

Pride-Kampagnen sollten keine leeren Worte sein

Angelehnt an den Begriff  “whitewashing“, zu Deutsch “Schönfärben” oder “Reinwaschen”, soll damit teilweise nicht nur der Schein von Unterstützung entstehen, sondern teilweise sogar Verhalten überdeckt werden, das queeren Personen schadet. So gibt es jährlich Berichte von großen internationalen Firmen wie Disney oder Walmart, die zwar groß angelegt Pride-Kampagnen haben und mit Regenbogenflaggen ihre Unterstützung signalisieren wollen, zeitgleich aber Millionen an Gesetzgeber*innen spenden, die anti-LGBTQIA+-Gesetze vorantreiben. Und diese Gesetze somit finanziell unterstützen.

Diese Taktik funktioniert: Die BBC berichtet (Business: The Economy: The Pink Pound), dass über 90% der homosexuellen Befragten Firmen unterstützen, die bewusst queere Kunden ansprechen, und homofeindliche Unternehmen boykottieren. Und fast 70% der homosexuellen Befragten werden laut MarketingMag (2017) positiv von Werbung mit LGBTQIA+-Symbolen beeinflusst. Und auch ich muss gestehen, dass ich trotz dem Wissen über Rainbow-Washing, in Versuchung gerate, wenn ich Produkte mit der Regenbogenflagge oder anderen Pride-Symbolen sehe. Denn Visibilität ist etwas, was ich als grundsätzliches Ziel unterstütze und wenn sie nur dazu führt, dass ein größerer Teil der Bevölkerung sich bewusst wird, dass wir als queere Community existieren. Aber Pride-Kampagnen sollten eben keine leeren Worte sein, sondern immer auch mit tatsächlicher Unterstützung der queeren Community, Aufklärung und positiver Visibilität einhergehen.

Gemischte Gefühle

Denn wenn Pride mehr mit Marketing, Sponsoren und Profitgewinn in Zusammenhang steht, wird damit der wichtigste Aspekt von Pride verwässert und in den Hintergrund gerückt: Pride hat als Widerstand gegen Unterdrückung und Diskriminierung begonnen. Dieser Widerstand ist auch heute noch notwendig: Auch in Deutschland wird die Zahl an gemeldeten Hassverbrechen gegen queere Menschen seit Jahren größer, wie auf der Seite des Lesben- und Schwulenverbandes nachgelesen werden kann. Von der großen Dunkelziffer der nicht gemeldeten queerfeindlichen Vorfälle ganz zu schweigen. Deshalb ist es wichtig, nicht dem Fehlschluss zu unterliegen, dass man die LGBTQIA+ Community am sinnvollsten unterstützt, wenn man sich einen Burger mit zwei “top” oder zwei “bottom” Brötchenhälften kauft oder zur Shampooflasche mit der Regenbogenflagge greift, sich außerhalb der Pride-Zeit aber nicht mit queeren Anliegen auseinandersetzt und glaubt, dass wir doch inzwischen eh alle gleich behandelt werden würden.

Und so überkommt mich auch dieses Jahr wieder gemischte Gefühle, wenn ich im Juni mehr und mehr Regenbogenflaggen in der Stadt und im Internet sehe. Die Freude über Sichtbarkeit und darüber, was schon erreicht wurde, und die Frustration darüber, dass Pride als Marketing Strategie missbraucht wird und Rainbow-Washing dringend nötigem Aktivismus im Weg steht. Denn es scheint, als sei Pride nur wichtig und als sei “Love is Love” nur solange in aller Munde, solange es profitabel ist. Und das lässt genau die Teile unserer Community zurück, die Aktivismus und Pride am dringenden brauchen: Diejenigen, die noch nicht akzeptiert genug sind, um werbefreundlich und profitabel zu sein.

 

Unter #QueerOnCampus schreiben Studierende des Queer-Referat der Studierendenvertretung der LMU über LGBTQ+ und andere Themen, die queere Personen im Zusammenhang mit München und dem Studium betreffen. Für die Inhalte sind allein die jeweiligen Autor*innen verantwortlich. Alle Beiträge der Serie hier nachlesen.

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