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“Flexibel bleiben!”

So lautet der Tipp von Claudia Agne, Auslandsbeauftragte der Fakultät 13 an der LMU, für Studierende, die gerade ein Auslandssemester planen. Im Interview hat sie mit uns über Auslandsaufenthalte während der Pandemie, den Austausch mit Großbritannien und Hoffnungen für die Zukunft gesprochen. 

Ab ins Ausland? Das ist gerade nicht ganz so einfach. Claudia Agne, Auslandsbeauftragte der Fakultät 13, gibt Tipps. Foto: Benedikt Jahning

Das Gespräch führte Julia Stanton 

Ergibt es zurzeit Sinn, einen Auslandsaufenthalt zu planen, oder sollte man sich die Mühe lieber sparen? 

Ganz ehrlich, wenn man die Möglichkeit hat, es noch ein bisschen später zu machen oder auf nächstes Jahr zu verschieben, dann ist das sicher nicht unvernünftig. Aber es ist doch immer eine sehr persönliche Entscheidung. Ich habe viele Studierende, die jetzt im Ausland sind und mit den Einschränkungen, von denen sie ja von vornherein wussten, ganz gut klarkommen. Wenn man erwartet, dass das ein Semester wird voller Freiheit und Abenteuer, dann ist jetzt kein guter Zeitpunkt. Wenn man sagt, ich brauch es akademisch oder ich muss es als Teil meines Studiums absolvieren, dann muss es jetzt halt sein und dann macht es auch Sinn, aber man muss eben ein bisschen besser planen. 

Bewerbungen sind zu diesem Zeitpunkt also für das nächste Winterund Sommersemester noch möglich? 

Genau. Die Frist für die Bewerbung im Herbst und im nächsten Sommersemester ist theoretisch abgelaufen, die war am 31.01. Jetzt sind wir in der Fakultät 13 aber in der glücklichen Position, dass ich das gesamte Nachrückverfahren seit diesem Jahr betreue. Das heißt, ich nehme konstant Nachrücker auf. Das Nachrückverfahren läuft ab jetzt konstant durch bis zum letztmöglichen Zeitpunkt, wo wir jemanden verschicken können. 

Für Studierende, die gerne einen Auslandsaufenthalt in Großbritannien machen würden, ist die Situation durch den Brexit besonders unklar. Wie sieht momentan, aber auch in Zukunft, die Situation für Auslandsaufenthalte dort aus? 

Man muss unterscheiden: Im Moment gilt eine Übergangsregelung. Das heißt alle Studierenden, die sich jetzt über das Hauptverfahren oder im Folgenden über das Nachrückverfahren bewerben, können Erasmus machen. Brüssel zahlt zwar kein Stipendium mehr aus, unser Referat für Internationale Angelegenheiten war aber in der glücklichen Lage, hier einspringen zu können. Man bekommt für dieses letzte Jahr also noch einmal ein Stipendium in Verbindung mit dem Studienplatz. Wer jetzt noch möchte, hat die wunderbare Möglichkeit über das Erasmus-Programm wegzugehen. Ab nächstem Jahr schaut es ein bisschen anders aus. Die britische Regierung arbeitet an einem neuen Programm. Dazu gibt es aber noch keine Details und unsere Partner warten noch auf genauere Informationen, wie dieses Programm gestrickt sein wird. Meine Vermutung ist, dass wir schon noch Plätze haben werden unsere Partner in Großbritannien möchten das genauso gerne wie wir aber dass vielleicht nicht genügend Geld vorhanden sein wird, um das in so einem großen Umfang durchzuführen. 

Auf welche Veränderungen müssen sich Studierende, die einen Auslandsaufenthalt planen und durchführen möchten, einstellen, sowohl bei der Bewerbung als auch bei der Umsetzung? 

Von der Bewerbung her bleibt alles gleich. Aber, ich finde, das muss man mit drei Ausrufezeichen markieren: Flexibilität. Immer einen Plan B in der Tasche haben, weil man eben nicht weiß, was passiert. Das haben uns Portugal und Großbritannien gezeigt. Ich muss hier auch ein Lob an das International Office aussprechen, die waren im letzten Jahr so flexibel, was das Verschieben und Abbrechen von Auslandsaufenthalten anging. 

Wie sieht die finanzielle Lage aus? Bleiben die finanziellen Förderungen für einen Auslandsaufenthalt ganz normal erhalten? 

Das ist eine schwierige Frage, weil der DAAD [Deutscher Akademischer Austauschdienst, Anm. d. Red.] so etwas oft sehr kurzfristig entscheidet. Im letzten Durchgang war es so, dass Regelungen, die sonst eigentlich gelten, überbrückt wurden. Normalerweise müssen Sie Ihren Aufenthalt antreten und dann mindestens drei Monate bleiben, um in den Genuss des Erasmus-Stipendiums zu kommen. Wenn Sie vor dem Ablauf der drei Monate absagen, müssen Sie ihr Stipendium im Normalfall zurückzahlen. Im letzten Durchgang, der jetzt noch läuft, war es so, dass man, wenn man Corona-bedingt absagen musste, tatsächlich Rechnungen einreichen konnte. Ob das jetzt in diesem Durchgang noch so funktionieren wird, weiß ich nicht, denn Sie lassen sich ja wissentlich und willentlich auf dieses Risiko ein. Es wird auf jeden Fall die Flexibilität dahingehend bleiben, dass man absagen darf. 

Grundsätzlich ist es aber immer auch möglich Auslandsaufenthalte zu verschieben?

 Man kann Aufenthalte immer nur innerhalb eines Erasmus-Jahres verschieben. Also wenn man sich jetzt für den Winter bewirbt, kann man es auf den Sommer verschieben. Dann beginnt das neue Jahr und dann müsste man sich neu bewerben. Da kann man aber seine Bewerbungsunterlagen im Grunde einfach kurz aktualisieren und nochmal abgeben. 

Welche Erfahrungen haben Studierende in ihren Auslandssemestern während der Pandemie gemacht? 

Also mein Eindruck ist, dass viele doch nach Hause gekommen sind. Es wurde dann eng, dann war Lockdown und viele haben einfach das Gefühl gehabt, dass sie bei ihren Familien besser aufgehoben sind. Viele von denen sagen, sie wollen es unbedingt nachholen. Ich habe ganz viele Studierende, also sicher 20 bis 25, die sich für den jetzigen Durchgang wieder beworben haben und die, vom International Office aus erwünscht, ihre Plätze auch wieder bekommen sollen. Wir haben ganz vielen Leuten ihre Plätze vom letzten Jahr einfach noch einmal gegeben. Die Hoffnung ist natürlich, dass es in diesem Durchgang besser wird. Ich habe eine Studierende in Großbritannien gefragt, die hat gesagt, dass es eigentlich toll ist. Sie hat ihre feste Bubble, mit der sie was macht.

Welche Möglichkeiten haben Studierende sich in dieser Zeit über Auslandsaufenthalte zu informieren? Ein wichtiger Teil Ihrer Arbeit war beispielsweise die offene Sprechstunde, was ist daraus geworden? 

Ich mache fest vereinbarte Zoom-Termine. Jeder darf jederzeit eine Email schreiben und bekommt dann einen individuellen Termin mit genügend Zeit für alle Fragen. Offene Sprechstunden finde ich für die Studierenden eigentlich eher ungünstig, weil die Leute oft längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen.  

Gibt es einen Unterschied zwischen Aufenthalten in Europa und Internationalen Aufenthalten? 

Naja, Sie gehen ein größeres finanzielles Risiko ein. Ich wäre mit der Planung noch etwas vorsichtiger, weil Sie auch nicht so leicht zurückkommen, wenn etwas ist. Die Flugsituation ist offen, unter Umständen kommen Sie in Länder, wo das Gesundheitssystem nicht so gut ist, wie zum Beispiel in den USA. Ich weiß, dass viele Universitäten auch Austausche von vorneherein gecancelt haben, für Incomings und Outgoings. Ich gehe davon aus, dass es jetzt für das Wintersemester mit den USA schon wieder gehen wird. Es ist auf jeden Fall von der Planung her schwieriger. 

Gibt es denn Länder, von denen Sie grundsätzlich abraten würden oder vielleicht auch Länder, die Sie für Auslandsaufenthalte momentan eher empfehlen würden? 

Alle Länder, von denen aus Sie relativ gut hin und herkommen, sind Länder, bei denen Sie sich vielleicht besser fühlen bei der Planung. In Europa zeigen uns die Erfahrungen, dass man sich auf nichts verlassen kann. Ich finde es ist ganz schwer, etwas vorherzusehen. Meine Empfehlung ist, sich genau zu informieren und sich für sein Zielland wirklich Kurven anzuschauen, Inzidenzzahlen, wie sich die Lage entwickelt, genauso wie die Politik und ob beispielsweise eine Wahl ansteht. Corona ist auch ein sehr politisches Thema. 

Auch wenn Sie schon ganz viele Tipps gegeben haben, was raten Sie zum Abschluss Studierenden, die gerne ein Auslandssemester machen würden? 

Zusammenfassend: gut die persönliche Situation abklären, mit der Familie, mit den Freunden, mit dem Partner. Ich glaube mit guter Planung kann man ganz viele Risiken umschiffen. Außerdem wird im Moment viel geimpft, es wird Schnelltests geben, die Situation wird sich insgesamt nicht mehr so dramatisch darstellen, wenn alles gut läuft – unter dem Vorbehalt. Es wäre einfach meine ganz große Hoffnung für den nächsten Durchgang. Es gedanklich nicht wegschieben, sondern sich damit beschäftigen und wenn möglich: einfach mal planen und flexibel bleiben! 

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