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Der „Smart Degrader“ – Eine Biogasanlage in der Küche

Müll wegbringen ist immer nervig. Wie wäre es denn, wenn man seinen Müll einfach daheim in Energie zum Kochen umwandeln könnte?

Isabella Dauser, Cosima Aeschbach, Valentin Grabmaier und David Daberto haben zusammen eine Biogasanlage für die Küche entwickelt. Foto: Sebastian Friedrich

Von Nicolas Friese

Treffen sich eine Grafikdesignerin, eine Wirtschaftsingenieurin, ein Maschinenbaustudent und ein Biochemiker. Was sich nach dem Anfang eines schlechten Witzes anhört, ist keineswegs einer. Isabella Dauser, Cosima Aeschbach, Valentin Grabmaier und David Daberto entwickeln zusammen eine kleine Biogasanlage für die Küche, mit der man kochen können soll.

Biogasanlagen werden die meisten aus dem ländlichen Raum kennen: große, oft grüne Kuppeln, die wie Zelte zwischen Feldern hervorragen. Ihre Anzahl nimmt stetig zu, laut Statista wurden im Jahr 2019 in Deutschland rund 9500 solcher Anlagen gezählt. In ihnen wird pflanzliches oder tierisches Material anaerob, also ohne Sauerstoff, mit Hilfe von Bakterien abgebaut. Bei diesem Prozess entsteht Biogas, aus dem man mit einem Blockheizkraftwerk vor Ort Strom und vor allem Wärme erzeugen kann. Biomasse zur Erzeugung von Wärme oder zur Stromerzeugung bildet rund 44% der Energiebereitstellung aus erneuerbaren Energien. 

Die Anzahl der Biogasanlagen ist in den letzten Jahren gestiegen

So soll der Smart-degrader funktionieren. Skizze: Isabella Dauser

Das Prinzip ist bei der Kücheneinheit genau das gleiche: Der Biomüll, den man zu Hause sonst weggeworfen hätte, wird in ein System gegeben, wo er luftdicht fermentiert. Das daraus entstandene Biogas kommt zuerst in den Gasspeicher und dann an die Herdplatte, wo es zum Kochen benutzt wird. „Ein weiterer Vorteil ist auch, dass es ein Abteil gibt, wo die Flüssigkeit, die beim Prozess entsteht, landet. Die kann man dann als Dünger verwenden. Die Gärreste werden somit wieder ins natürlich Kreislaufsystem zurückgeführt und es entsteht kein Abfall“, erklärt Isabella.

Entstanden ist das Projekt vor etwa einem Jahr aus einer Abschlussarbeit heraus. „Bei meiner Recherche für das Thema meiner Bachelorarbeit bin ich auf das Themenfeld Bionik/Biomimicry gestoßen. Ich war begeistert, was damit alles möglich ist“, erzählt Isabella. Von Bionik spricht man, wenn sich Wissenschaftler*innen etwas von der Natur abschauen und es in die moderne Technik übertragen. Das vielleicht prominenteste Beispiel ist der von Kletten abgeschaute Klettverschluss. Isabella und Cosima haben im Kontext der Biomimicry Global Design Challenge 2020 die Idee weiterentwickelt. Bei der Challenge geht es darum, bei Themen und Problemen rund um Nachhaltigkeit von der Natur inspirierte Lösungen vorzuschlagen. Die nahe Deadline der Challenge im Mai 2020 hat dann den nötigen Druck gegeben, ein solches Konzept zu erstellen. „Von Anfang an haben wir uns die Frage gestellt: Wie klein kann man diese Technologie runterbrechen, sodass die Bakterien immer noch effizient genug arbeiten, um genug Gas zu entwickeln?“, sagt Isabella.

Was erst einmal nur ein Konzept war, ist dann schnell zu etwas Handfesterem geworden. „Anfangs hatten wir weder das Know-How noch die Möglichkeit und den Platz diese Idee umzusetzen. Dann haben sich die zwei Jungs bei uns gemeldet“, sagt Cosima. Die zwei jungen Entwickler Valentin Grabmaier und David Daberto sind über ein Instagram Video von Isabella, in dem sie ihre Bachelorarbeit vorstellt, auf das Konzept aufmerksam geworden. Nach einem Treffen im September haben sie sich dann entschlossen, gemeinsam einen Prototyp zu bauen.

So soll der Smart-degrader aussehen. Skizze: Isabella Dauser

Mittlerweile gibt es zwei Prototypen

Mit dem technischen Know-How der Jungs haben sie dann zusammen zwei Prototypen gebaut, einer steht in Straubing bei Cosima und einer in Neuried. Der eine Prototyp ist eher darauf ausgelegt, die Biologie dahinter zu erforschen. Bei dem anderen geht es darum, ihn so benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten. Im Moment wird noch an verschiedenen Teilbereichen des Prototypen gearbeitet. Die Bakterien brauchen mindestens Raumtemperatur, im besten Fall sogar mehr, damit der Prozess seinen Lauf nimmt. Die Sicherheit des Konzepts und die genauen Umsetzungsmöglichkeiten werden noch erforscht. „Ob unser Konzept des Smart Degraders genauso umsetzbar ist, wissen wir noch nicht“, erklärt Isabella, „unser Ziel ist es jedoch, zu zeigen, dass in unserem Müll noch viel Energie steckt und er keinesfalls wertlos ist.“

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