Interview Online

Für 90 Minuten in Südamerika

Ursprünglich von spanischen Einwander*innen gegründet, ist der Latino Múnich SV seit 1993 der einzige lateinamerikanische Fußballverein in München. Ein Gespräch mit dem Spieler Franco Garcia über Vereinskultur, Integration und Heimatgefühle.

Franco Garcia (Bildmitte) während eines Spiels © Fotos: Antonio Rodriguez

Das Gespräch führte Inti Crisanto Guder

Nach einigen Anfangsschwierigkeiten und ein paar Spielzeiten in der A- und sogar in der Kreisklasse spielt der Latino Múnich SV in der Saison 2019/20 in der B-Klasse. Franco Garcia, 32 Jahre alt und gebürtiger Peruaner, kickt seit zwölf Jahren für den Club und hilft auf dem Feld aus, wo Bedarf ist. Gerade spielt der Elektrofachmann im Sturm, eigentlich ist er Verteidiger.

Franco Garcia, was bedeutet Fußball für dich?
Der Fußball ist definitiv ein großer Teil meiner Persönlichkeit. Seit ich denken kann, spiele ich; das Gefühl, auf dem Platz zu stehen, ist einfach unvergleichlich.

Dein Verein, der Latino Múnich SV, ist Münchens einziger Latino-Club. Wie darf man sich die Stimmung im Verein vorstellen?
Zunächst möchte ich anmerken, dass wir zwar der einzige Latino-Verein in München sind, es aber noch andere Clubs wie zum Beispiel Centro Argentino gibt, die einzelne Länder Südamerikas repräsentieren. Die Stimmung, auch mit den Leuten aus dem Verein, ist auf jeden Fall besonders. Viele Kulturen, Länder wie Peru, Kolumbien oder Chile, kommen zusammen und jeder bringt seine eigene Art mit. Man lernt sich kennen und mag sich. Einige sehe ich auch privat. Wir lachen viel zusammen auf dem Platz, machen Scherze. Ich fühle mich dort wie zuhause.

Was schätzt du an dem Club besonders?
(wie aus der Pistole geschossen) Die Leute. Alle da sind einfach super, ich kenne die meisten auch schon sehr lange. Sie bringen mich zum Lachen, zum Leben. Ich bin glücklich da.

„Wir haben auch Deutsche in der Mannschaft, die super integriert sind. Die sind Latinos geworden, zumindest, wenn sie bei uns sind“

Was weißt du über die Geschichte des Vereins?
Die älteren Mitglieder, wir nennen sie Dinosaurier (lacht), haben mir erzählt, dass alles mit Juventud Española angefangen hat, einem spanisch-sprechenden Verein in München, zu dem nach und nach Lateinamerikaner, die in die Stadt kamen, gestoßen sind. Irgendwann sind die spanischen Spieler nicht mehr gekommen, weil sie kein Interesse hatten, den Verein weiterzuführen. Da haben die Latinos entschieden, den Club zu übernehmen, und haben den Namen geändert.

Kann man bei euch auch als Nicht-Latino beitreten?
Ja, das geht. Wir haben vier deutsche Spieler in der Mannschaft, die super integriert sind. Am Anfang konnten sie kein Wort Spanisch sprechen und mittlerweile reden sie fließend. Ich sehe sie schon gar nicht mehr als Deutsche, die sind eigentlich Latinos geworden, zumindest, wenn sie bei uns sind. Einmal Kurztrip nach Südamerika sozusagen (lacht). Zwei afrikanische Spieler, aus Ghana und Burundi, sind auch in der Mannschaft, aber noch nicht so lange. Wir kommen alle gut miteinander klar.

Wie bewertest du den Beitrag des Vereins zur Integration?
Ich kann schlecht einschätzen, ob es grundsätzlich mehr solcher Vereine geben sollte, aber unseren finde ich schon wichtig. Die Spieler im Verein sind für ein paar Stunden zuhause in Südamerika, ganz gleich, aus welchem Land sie dort kommen.

 

Begrifflichkeiten: Hinter „Lateinamerika“ verbirgt sich eine politisch-kulturelle Abgrenzung vorrangig spanisch- und portugiesischsprachiger Länder Amerikas gegenüber dem angloamerikanischen Raum. Dazu zählt etwa auch Mexiko, das in geografischer Hinsicht zum nördlichen Teil des Doppelkontinents gehört. „Südamerika“ bezeichnet entsprechend den geografisch südlichen Teil des Kontinents.

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