Online Unileben

Wie wohnst du so im Lockdown?

Während der Pandemie wird mal wieder deutlich, wie verschieden studentische Lagen sein können. Sei es das Leben zwischen zwei Ländern, die Gemeinschaft einer WG oder auch die Vorzüge eines Wohnheimes. Drei Studierende erzählen, wie und wo sie in Zeiten von Online-Uni leben. 

Zuhause in zwei Sprachwelten 

von Gözde Çelik

Wenn Katy über Schottland spricht, ist es nicht schwer, ihre Affinität für das Land zu erkennen. So lag es nahe, dass sie im Herbst 2020 für ihren Master nach Aberdeen reiste, um Creative and Cultural Communications zu studieren.

Doch während sie das erste Drittel ihres Masters wie geplant in Schottland verbringen konnte, studiert sie nun bereits seit Weihnachten von Niederbayern aus. Mit der Verschärfung der Infektionslage kamen gecancelte Flüge und verschobene Abreisepläne einher. Aus dem Flug Anfang Januar wurde ein Plan für Februar. Aus Februar wurde März und nun hofft sie auf eine Abreise im Mai.

Katy freut sich, ihr Studium an der Aberdeen University bald wieder vor Ort aufzunehmen. Foto: Privat

Die 24-Jährige wohnt seitdem mit ihrem Freund zusammen und versucht die positiven Seiten dieser Planänderung zu sehen. „Man hatte sich ja auch darauf eingestellt, dass man sich eine Weile nicht sieht“, führt sie aus. Nun könnten sie und ihr Freund sich aber, statt eine Fernbeziehung zu führen, näher kennenlernen und schon mal die Erfahrung des gemeinsamen Wohnens machen.

Natürlich vermisse sie einige typische Aspekte eines Studiums im Ausland. Seien es die großen Veränderungen, die ein unbekanntes Land mit sich bringt oder auch subtile Unterschiede. „Einfach so kleine Sachen, wie andere Supermärkte“, lacht sie. Gleichzeitig sieht sie sich mit dieser Form des Wohnens während eines Auslandsmasters mit Herausforderungen konfrontiert, welche sie so nicht antizipiert hatte. „Es sind zwei Sprachwelten“, erklärt sie und beschreibt einen Alltag zwischen englischsprachigen Seminaren und deutschem Lebensumfeld.

Momentan ist sie in den Vorbereitungen für ihre Masterarbeit. Diese hofft sie wie geplant in Aberdeen zu schreiben und dabei noch möglichst viel von Schottland mitnehmen zu können. 

So soll am Ende eine Rückkehr stehen, die hoffentlich nicht mehr allzu lange auf sich warten lässt. Denn aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Situation behielt sie ihr Zimmer und ließ gleichzeitig Kleidung wie auch Bücher dort. Darin sieht sie einen eindeutigen Nachteil: „Mein ganzes Leben blieb drüben.“ 

 

Homeoffice und Eisbecher – das WG-Leben im Lockdown

von Florian Kappelsberger

Neue Stadt, neuer Job, neue Wohnung, neue Mitbewohner – und das alles mitten in einer Pandemie. Als Lucas (22) im Oktober in eine WG am Bonner Platz einzog, war der relativ unbeschwerte Corona-Sommer bereits zu Ende und die Inzidenzwerte begannen, erneut anzusteigen. Seitdem folgte zunächst ein „Lockdown light“, wenige Wochen später dann der harte Lockdown, der bis heute anhält. Wie ist es, sich während alledem in München einzuleben?

„Eine WG ist in so einer Situation schon Luxus“, meint Lucas. In Regensburg hatte er vorher allein gewohnt, auch während des ersten Lockdowns. Das sei in Ordnung gewesen, aber in einem Singlehaushalt müsse man viel mehr darauf achten, trotz Ausgangsbeschränkungen mit Freunden in Kontakt zu bleiben. In einer Wohngemeinschaft dagegen habe man in den beiden Mitbewohnern immer eine Anlaufstelle, auch wenn das gesellschaftliche Leben stillsteht und man kaum andere Menschen treffen kann.

„Eine WG ist in so einer Situation schon Luxus“, findet Lucas. Foto: Michael Wrba

Insgesamt sei das WG-Leben dadurch auch von Beginn an dichter geworden, als es vielleicht sonst gewesen wäre: „Es hat einfach sehr schnell Gemeinschaft geschaffen.“ Lucas und seine Mitbewohner haben sich auf Anhieb gut verstanden und viel Zeit miteinander verbracht, fast täglich zusammen gekocht und gemeinsam Filme geschaut. 

Überhaupt sei die Pandemie erst der Grund für seinen Umzug nach München, erklärt Lucas. Nachdem er im letzten Sommersemester an der Hochschule Regensburg seinen Bachelor in Architektur abgeschlossen hatte, wollte er nicht sofort mit einem weiteren Onlinesemester in das Masterstudium starten. Deshalb hat er entschieden, das Studium vorerst zu pausieren und sich stattdessen für ein Praktikum in einem Münchner Architekturbüro zu bewerben. Neben dem WG-Leben sei auch dieser Job hilfreich dabei gewesen, in der neuen Stadt anzukommen: So habe er sich mit Kolleg*innen angefreundet und auf dem täglichen Arbeitsweg mit dem Rad die Stadt erkunden können – „weil man einfach sonst nicht rauskommt“, fügt er hinzu. Seit Dezember ist die Arbeit im Büro allerdings nicht mehr möglich, Lucas sitzt wie viele andere im Homeoffice, während sich das Praktikum dem Ende zuneigt. 

Auch wenn er bedauert, dass er München wegen der Coronapandemie bisher nur sehr eingeschränkt kennenlernen konnte, ist Lucas insgesamt sehr zufrieden. „Das Leben in einer WG hat eigentlich nur Vorzüge, gerade im Lockdown.“ Eine negative Auswirkung habe das ganze allerdings, räumt er lachend ein: Es ist nämlich zu einem Ritual geworden, bei den WG-Filmabenden zusammen Eis zu essen, und da diese Abende während der letzten Wochen häufiger geworden sind, ist auch der Eiskonsum in der Dreier-WG stark angestiegen – ein leiser Nebeneffekt der Pandemie.

 

Von dem Privileg der Gemeinschaft

von Gözde Çelik

Ein Flur, vier Toiletten, drei Duschen, ein Pissoir, ein Wohnzimmer, eine Küche. Und 17 Studierende. Tamaras Lebenssituation während der Pandemie lässt sich gut in Zahlen packen. Die Soziologiestudentin lebt in einem Wohnheim im Herzen der Stadt und gehört somit zu den glücklichen Studierenden, die die Uni vor der Pandemie auch mit dem Rad erreichen konnten.

Tamara sieht die Gemeinschaft im Wohnheim als klaren Vorteil während der Pandemie. Foto: Privat

Nun treten aber Zoom-Sitzungen an Stelle von Radwegen und ihr Uni- und Arbeitstag spielt sich nur noch in ihrem Zehn-Quadratmeter-Zimmer ab. Ein Umstand, der belastend sein kann und nach einem Ausgleich verlangt. „Das WG-Leben führt dazu, dass du nicht verrückt wirst“, merkt sie dazu an. Denn zwischen Lockdown und Online-Uni sind sie und ihre Mitbewohner*innen nicht nur bewusster zu einem gemeinsamen Haushalt, sondern auch zu einer engeren Gemeinschaft geworden. „So sind auch richtige Freundschaften entstanden“, erzählt Tamara, während sie von Gesprächen im Flur, menschlichem Austausch und gemeinsamen Spielen berichtet. 

Abstand geht oft schlecht, wenn alle dieselben sanitären Anlagen benutzen müssen. Dennoch genießt Tamara es, in einer Zeit, in der persönliche Kontakte heruntergefahren werden müssen, in einem Haushalt mit anderen Studierenden leben zu können. Das geht aber nur mit Disziplin und es mussten gemeinsame Regeln her, bei denen sich möglichst alle sicher fühlen. Wer auf dem Flur Kontakt zu seinen*ihren Mitbewohner*innen pflegt, muss demzufolge auch in der „Außenwelt“ vorsichtiger sein.

Inwieweit sich alle daran halten, kann die 27-Jährige aber nicht sagen. Sie selbst schränkt ihre Kontakte ein und weiß, dass es diejenigen, mit denen sie Zeit verbringt auch tun. Es ist schwer den Überblick über 17 Studierende zu behalten oder gar eine Strategie zu finden, bei der sich alle wohlfühlen. Für Tamara ist aber klar, dass sie froh über die Freundschaften ist, die sie trotz der schwierigen Umstände knüpfen konnte. „Das Leben im Wohnheim ist für mich vor allem jetzt ein Privileg“, so ihr Fazit.

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