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Semesterferien oder vorlesungsfreie Zeit?

Reisen, gammeln, Praktika absolvieren: Die Wochen und Monate zwischen den Vorlesungszeiten verbringen Studierende völlig unterschiedlich. Und jeder hat dabei seine eigenen Schwerpunkte und Vorlieben. Unser Autor hat vier Typen ausgemacht.

Symbolbild

Von Thilo Schröder

Der transkontinental Reisende

Kaum ist die letzte Klausur geschrieben, lässt dieser Typus den Stift fallen und sitzt quasi schon im Auto auf dem Weg zum Flughafen. Ob auf Bali, nach Patagonien oder ins kanadische Hochland, für ihn heißt es nun: Hauptsache weit weg vom Alltag. Vertreter*innen dieser Spezies zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihren Kommiliton*innen schon während der Klausurvorbereitung eifrig von ihren Urlaubsplänen berichten und damit alle vom Lernen ablenken. Ist der Studens transcontinentalis, wie ihn die Lateiner nennen, einmal abgereist, sieht man ihn meist erst wieder im neuen Semester, manchmal auch etwas verspätet. Seine Seminararbeiten schreibt er hastig während des Langstreckenfluges zurück nach Deutschland auf dem Tablet, während er parallel Bilder in sein Urlaubsblog hochlädt. Und sollte sich dabei die Abgabefrist dem Ende zuneigen, hat er mit dem Zeitunterschied die perfekte Ausrede auf Lager. Oft baut er Reiseberichte auch später geschmeidig in Referate ein und hat so mehr Zeit, sich während der Vorlesungszeit bereits Gedanken über das nächste Reiseziel zu machen.

Der ewig Strebsame

Genau wie der transkontinental Reisende verlässt dieser Typus nach Vorlesungsende zügig den Seminarraum und ist Tags darauf bereits im Praktikum oder hoch dotierten Ferienjob anzutreffen. Er hat seine Karriere stets im Hinterkopf und lässt keine Möglichkeit aus, allen damit ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Assessment Center und Jobmessen sind für ihn die bessere Alternative zu Sommerpartys, auf denen er zwar hin und wieder auftaucht, meistens aber müde und abgespannt wirkt. Erholungsphasen kennt dieser Typus nicht. Und wenn, dann lägen die vermutlich in der Vorlesungszeit, auf die er sich, fragt man ihn in einem ruhigen Moment, eigentlich am meisten freut, da die Uni ja so schön planbar sei, ohne Überstunden und schlecht bezahlte Praktika. Spätabends und am Wochenende verfasste Seminararbeiten sind für den ewig Strebsamen Routinetätigkeiten auf dem Weg zur 80-Stunden-Woche im Big Business. Kommiliton*innen fragen sich jedes Semester, wie lange er noch unter ihnen weilt und wann er denn endlich ins Silicon Valley oder nach Singapur auswandert. Vermutlich direkt nach dem Abschluss. Mit Auszeichnung.

Der Serien Suchtende

Dieser Typus unterscheidet sich maßgeblich von den anderen. Seine Vertreter*innen sind auf Netflix, Amazon Prime und Co. zuhause. Während die WG-Mitbewohner*innen in den Semesterferien den Tag über arbeiten, im Urlaub sind oder ihre Familie besuchen, fläzen sie sich mit Müslischüssel und Tiefkühlpizza im Bett und schlüpfen von einem Serien-Abenteuer ins nächste. Abends trifft man sie hin und wieder in der Küche, wo sie sich dann ausgiebig darüber beklagen, heute mal wieder nichts geschafft zu haben, morgen aber sicher damit anfangen wollen. Der Serien Suchtende ist gegenüber seinen Mitbewohner*innen und Kommiliton*innen insofern im Vorteil, als er durch Hausarbeits-Deadlines und kurzfristig anberaumte Feriensprechzeiten der Profs nicht aus der Ruhe zu bringen ist. Und hat er sich dann doch mal aufgerafft, konstruktiv tätig zu werden, bekommt das sowieso keiner mit. Denn dazu verkriecht er sich hinter verschlossenen Türen, während im Hintergrund die nächste Folge von Game of Thrones läuft.

Der Familien-, Freunde- und Festivalbesucher

Vertreter*innen dieses Typus lieben das vertraute Umfeld. Die vorlesungsfreie Zeit verbringen sie bevorzugt mit der alten Festivalclique, mit Freunden von früher und bei der Familie. In der Stadt gebliebene Kommiliton*innen wundern sich anfangs noch, wieso dieser Typus auf Anfragen wie „Kommst du heute abend mit an den Flaucher?“ erst eine Woche später mit „Sorry, war daheim und hatte keinen Empfang“ antwortet. Wobei „daheim“ in diesem Fall eben nicht die Unistadt ist, sondern das elterliche Kaff, irgendwo in der Provinz. Dieser Typus ist ein absoluter Familienmensch. Meist studiert er in Wochenendbesuchsnähe seiner Eltern, lässt sich von Mama die Seminararbeiten Korrektur lesen und fühlt sich von allzu viel Hektik im Unialltag eher mal gestresst – flüchtet dann also aufs Land, um sich am heimischen Küchentisch gemütlich auf die Uniphase einzustimmen. Zu Semesterbeginn ist er derjenige, der schon vor Wochen alle Veranstaltungen im Prüfungssystem ausgecheckt hat und der gerade erst aus dem Urlaub zurückgekehrten besten Freundin bei der Anmeldung hilft.

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