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„Based On…“: Liebe zwischen den Zeilen

Die jüngste Inszenierung an der Studiobühne ist von Literatur aus dem 20. Jahrhundert inspiriert. Das Debütstück von Anna Lepskaya besteht aus drei Erzählungen, in denen die Liebe nicht nur Thema, sondern auch Protagonistin sein soll.

V.l.n.r. Felix Reitberger, Philipp Schulze, Nastia Shtemenko, Swetlana Melnichuk © Fotos: Studiobühne

Von Cynthia-Lane Feiler und Noah Prausnitz

„Wir werden heute Geschichten erzählen!“ Mit diesen Worten eröffnet die Regisseurin von „Based On…“ das Theater. Die Bühne ist mit Büchertischen und Regalen bestückt. An den Wänden hängen weitere Bücher und zwei bequeme Sessel fügen sich in das Bild ein. Eine gemütliche und fröhliche Musik ertönt und die sechs Schauspieler*innen verwandeln die Kulisse in eine Buchhandlung, in der reger Betrieb herrscht. Im Sessel sitzend beginnt eine Schauspielerin von Giuseppe und Angela zu erzählen.

In den Geschichten werden jeweils zwei Menschen mit einer besonderen Verbindung zueinander präsentiert. Die Handlung – insbesondere die Emotionen und Gedanken der Figuren – werden von den anderen vier Schauspieler*innen um sie herum illustriert, indem sie die Rolle mitwirkender und mitfühlender Erzähler*innen einnehmen. Sie verkörpern, was sich im Innern der Charaktere abspielt, was oftmals an das Bild von Engelchen und Teufelchen erinnert.

Teils fast schon zu verspieltes Spektakel

Als Angela dasitzt und nachdenkt, ermöglichen es einem die ergänzenden Kommentare und Darstellungen der anderen, tiefer in ihre verworrene Gedankenwelt einzutauchen. Nur durch das Licht, das Spiel der Erzähler*innen und ein paar zusätzliche kleine Requisiten verwandelt sich die Bücherkulisse wahlweise in ein Casino, eine Wohnung, ein Café oder einen Frisörsalon.

Dabei weiß man gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll: hocherfreut und erbost zugleich, von Grübeln und Unsicherheit wieder zurück zum höchsten Glück. Das Publikum ist merklich dazu angehalten, sich auf die einzelnen Darsteller*innen zu konzentrieren. Besonders ausdrucksstark ist Philipp Schulze in seiner Rolle des einfühlsamen, aufgeregten und ständig strahlenden Erzählers, wenn seine Blicke und Gesten die aufkommenden Emotionen verbalisieren. So gibt es die ein oder andere Situationskomik, worüber das Publikum herzlich lacht.

Fiona Grün, Philipp Schulze

Nastia Shtemenko fasziniert als Della, Partnerin von Jim. Sie packt all ihre Zuneigung für ihn mit einer Leichtigkeit in ihre Rolle, dass man sich sogleich weiter ausmalt, wie sie ihre herzerwärmend liebevolle Zeit verbringen werden, nachdem sie sich zu ihrem Jahrestag zwei nutzlos gewordene Geschenke gemacht haben: Sie hat ihre Haare, er seine Taschenuhr (ein Erbstück) verkauft, nur um sich dann gegenseitig Kämme und eine Uhrkette zu schenken. Die ironische Wendung ist so gut inszenziert, dass man sich das Lachen beim besten Willen nicht verkneifen kann. Und auch eine Moral wird geliefert: „Von allen Schenkenden und Beschenkten sind sie die Weisesten.“ Der Wert eines Geschenks liegt danach also im Schenken selbst, in der Geste, und nicht in seinem Nutzen oder materiellen Wert.

Das Zusammenspiel der Schauspieler*innen ist durch die ständig wechselnden Rollen ein herrlich anzusehendes Spektakel, das in manchen Szenen fast schon zu viel Verspieltheit in sich trägt. Dennoch will man nach Ende des knapp einstündigen Stücks laut „Zugabe!“ rufen, um noch eine weitere Geschichte erzählt zu bekommen oder eine Fortsetzung der Geschichten zu erhalten. Noch einmal will man es sehen, um all die eingebauten Details an nonverbalen Interaktionen zu studieren.

Wo ist Liebe?

Sich die Liebe als Protagonistin auszuwählen, ist gewagt. Zwar ist sie immer Ursprung der Erzählung, der Grund, wieso zwei Menschen eine Geschichte teilen. Dennoch ist die Liebe zwischen den Zeilen versteckt. Als Hauptperson wird sie von Geschichte zu Geschichte eher indirekt thematisiert. Genau das könnte die Absicht der Regisseurin gewesen sein, denn eine Antwort darauf, was die Liebe nun eigentlich ist, bleibt offen.

Liebe wird dargestellt, wie sie im echten Leben vorkommt: als Motivation, als etwas altmodisch anmutende Emotion und Entscheidung oder als verborgener Schatz, den man erst ausgraben muss. So wie es in der letzten Geschichte Dave und Theda ergeht. Dabei ist es Liebe, die sich hauptsächlich von ihrer romantischen Seite zeigt. „Based on…“ ist eine relativ leichte Kost ohne allzu böse Überraschungen oder Tragödien, die einen (mit-)leidend zuschauen lassen würden. Vielmehr spiegelt sich das Glück der Liebe in den realen Beziehungen zwischen Mann und Frau.

Trotz der Leichtigkeit und Komik vermittelt das Stück eine ernsthafte Botschaft, welche die Regisseurin im Vorwort anklingen lässt: „Seid achtsam. Die kleinen Momente sind oft so viel wert, aber wir nehmen sie manchmal gar nicht wahr. Und seid mutig. Seid mutig zu fühlen, seid mutig zu lieben, seid mutig zu sagen, was ihr fühlt. Man kann nicht wissen, ob eure Wege sich zum zweiten Mal kreuzen werden. Folgt euren Gefühlen und seid aufmerksam, vielleicht verstecken sich die wundervollsten Momente genau hinter der nächsten Ecke. In einem Buchladen, zum Beispiel.“

 

Die Studiobühne TWM ist eine Plattform für Studierende der Theaterwissenschaft der LMU München. Mehrmals im Semester werden hier, am Kosttor in der Neuturmstraße 5, studentische Theaterprojekte inszeniert. „Based on…“ wurde vom 6. bis 8. Februar 2020 aufgeführt.

Amadeus König

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