Interview

DEVADO: Musik mit Kraft und Körper

„Female Empowerment“ und „Just Vocals & Body Percussions“: DEVADO hat händische Slogans parat, um ihre Musik zu beschreiben. Die deutsch-amerikanische Sängerin kombiniert Pop mit feministischen Themen und ihrem eigenen Körper. Im Gespräch erzählt sie von ihrem Alltag zwischen E-Mails und Produktion, ihren Eltern und der „Escape Island“.

Das Gespräch führte Christopher Bertusch. Fotos: © DEVADO

Hallo DEVADO, wenn ich dir eine ‚kleine‘ Einstiegsfrage stellen darf: Wer bist du denn überhaupt und was machst du?

Hallo, ich bin DEVADO. Das kommt von meinem Namen DEBBY VAN DOOREN. Ich bin in München aufgewachsen und bin Halbamerikanerin. Eigentlich mache ich schon mein Leben lang Musik. Das Projekt DEVADO ist 2019, kurz vor der Pandemie, gestartet. Meine Musik ist sehr poplastig, viele Elemente meiner Gesangsstimme kommen aus dem RnB. In der Produktion ist es aber Pop, insbesondere Urban Pop. Auch die Melodien sind Pop, denn die gehen schnell ins Ohr! Ich wurde aber schon öfter auf Hip-Hop Events eingeladen und war erstaunt, dass ich so gut ankomme.

Du beschreibst dich selbst als „DIY-Artist“. Was bedeutet das?

Ich produziere alle meine Songs selbst und verwende dafür nur meine Stimme und Body Percussion. Das heißt, ich haue mir zum Beispiel auf die Brust für einen Kick oder schnalze, beatboxe, stampfe, klatsche und mache mit dem Körper alle Geräusche, die man sich vorstellen kann. Diese Sounds sample ich und wandle sie quasi in ein Instrument um. Gestartet ist das Ganze als Challenge für mich selbst. 2021 kam meine Single „Never gonna fit in“ raus und hat plötzlich eine kleine Welle in der Musikindustrie geschlagen. Bayern 3 hat meine Sachen gespielt und Mercedes hat mich auf die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) eingeladen. Daher hatte ich mir gedacht, ich werde einfach alle meine Songs so produzieren. So ist mein Slogan „Just Vocals & Body Percussion“ entstanden.

Du hast bereits von der IAA gesprochen, dieses Jahr hattest du dein erstes U.S. Showcase in Los Angeles. Wie kann man sich ein DEVADO Live-Konzert vorstellen und was war dein größter Konzertmoment?

Mein größter Moment war ein sehr kurzer, aber dafür umso einprägsamer. Letztes Jahr war ich beim „Sound of Munich Now“. Jeder Künstler darf hier eine Viertelstunde auftreten. Auf vielen Festivals sind die Menschen nicht unbedingt für die Musik da, sondern für das Essen oder Trinken. Aber das Publikum hier war von der ersten Sekunde an dabei, hat mitgesungen und mitgemacht. Sie wollten auch eine Zugabe, ich durfte aber leider nicht.

Wie stellt man sich ansonsten ein Konzert vor? Sehr persönlich. Ich liebe es zu tanzen, also tanze ich viel, auch mit dem Publikum. Ich liebe es, mit anderen zu singen und bringe dem Publikum immer wieder Parts bei und wir singen gemeinsam. Ich habe mein Launchpad dabei und zeige, wie die Songs und meine Samples entstehen. Zwischendurch erzähle ich persönliche Geschichten zu den Songs, in der Hoffnung, dass es jemanden tröstet oder Mut spendet. Der schönste Teil sind die Gespräche mit den Leuten, die nach dem Konzert entstehen.

Wie kamst du zur Musik?

Meine Eltern sind beide super kreativ. Mein Vater hat viele Songs geschrieben, mehrere Instrumente gespielt und meine Mutter war immer musikbegeistert. Ich hatte den Luxus, in einer Familie aufzuwachsen, in der Kreativität genauso hochwertig wie das Abitur war. Meine Eltern haben es sich zum Ziel gesetzt, mich und meine vier Geschwister immer zu unterstützen. Ich durfte bei Musicals mitspielen oder bei einer Girlband erste Erfahrungen sammeln. Diese Weiterentwicklung, die man braucht, um besser zu werden, kommt definitiv durch die Förderung meiner Eltern. Und die Leidenschaft dazu liegt in meiner DNA.

Zum Thema DNA: Deine Wurzeln liegen in Deutschland und Amerika. Welchen Einfluss übt das auf deine Musik aus?

Die RnB Elemente meiner Musik kommen aus den USA. Das kriege ich auch nicht raus, weil ich so geprägt bin! Ich bin mit Gospelmusik aufgewachsen und habe viel Destiny’s Child, Timbaland und Justin Timberlake gehört. Englisch ist meine Muttersprache und daher sind meine englischen Texte authentisch und Teil dieser Kultur. Das ist tatsächlich manchmal ein Hindernis. In Deutschland ist es schwer englische Musik zu machen, gerade wenn sie so klingt, als komme sie aus dem Ausland.

Das Deutsche geht dir aber nicht verloren. Du arbeitest zum Beispiel als Sängerin für die deutsche Synchronisation von Filmen wie „Vaiana“

Genau. Ich habe immer wieder überlegt, ob ich doch auf Deutsch singen soll. Ich arbeite auch als Songwriterin, bin also in Sessions mit deutschen Künstler*innen und singe teilweise auf Deutsch. Dienstleisterisch ist das okay, aber ich merke, das bin ich nicht. Deshalb habe ich mir auch einen neuen Namen gegeben und versucht, das ein bisschen zu trennen. Zum jetzigen Zeitpunkt fühle ich mich so, vielleicht kippt das irgendwann. Ich habe auch lange als Co-Produzentin gearbeitet, aber nie die Person gefunden, mit der ich ein komplettes Match war. Ich hatte zuerst nicht den Mut, es in die eigene Hand zu nehmen, aber irgendwann habe ich mir eineinhalb Jahre Zeit genommen für eine Online-Schule in Sachen Produktion, um die technischen Skills zu lernen.

Deine Songs sprechen feministische Themen an, es geht um „Female Empowerment“. Was bedeutet es für dich als Frau Musik zu machen?

Ich liebe es, Songs zu machen, die den Mädels und Frauen Mut machen. Mein neuster Song „The Exception“ ist aber ein Ruf an die guten Männer da draußen. Die gibt es und ich habe viele tolle Männer, mit denen ich in der Musikindustrie zusammenarbeite und die sich wirklich einsetzen. Immer wieder gibt es Stories darüber, wie Männer in der Entertainment-Industrie sexistisch unterwegs sind und Frauen nicht ernst nehmen. Den Frauen wird nicht unbedingt geglaubt oder zugehört. Wir brauchen also Männer, die hinschauen und sich einsetzen. Wenn beispielsweise der Arbeitskollege über eine Kollegin spricht und man sich denkt, das geht gar nicht. Das gilt auch für uns Frauen, aber wir sind nicht immer in der Position, dass uns geglaubt wird. Ich wollte mit meinem Song nicht einfach sagen, dass alle Männer ätzend sind, sondern eher eine positive Hymne als Aufruf schreiben!

Seit dem letzten Jahr bin ich Teil des Female Producer Collective, das von zwei Männern und einer Frau gegründet wurde. Es existiert seit zwei Jahren und zeigt, dass es ganz viele Produzentinnen gibt, die versteckt in ihren Heimstudios arbeiten und erst gar nicht die Möglichkeit bekommen, mit großen Labels zusammenzuarbeiten. Davon brauchen wir mehr und das ist auch mein Ziel für meine Songs.

Wie sieht dein musikalischer Alltag aus?

Kein Tag ist derselbe und Routine ist für mich Killer. Der Schlüssel ist die Kontinuität, einfach dranzubleiben. Ich versuche immer früh aufzustehen und sofort loszulegen. Meistens geht es mit E-Mails und Social Media los. Dieses Jahr veröffentliche ich alle vier Wochen eine Single, ich bin also die ganze Zeit am produzieren, schreiben, fertigstellen, mischen und dann geht der Song zu meiner Mastering Ingenieurin. Das ist eine ständige Fließbandarbeit, aber auf eine positive Art. Es ist eine Mischung aus langweiliger Büroarbeit – E-Mails, Booking, PR – und der kreativen Arbeit. Ich habe auch eine private Instagram-Seite für die Superfans, hier gehe ich jede Woche live.

Die „Escape Island“! Was versteckt sich dahinter?

Normalerweise lernt man Leute auf Events kennen und die folgen dir dann. Aber du weißt auf Social Media nie, wer das genau ist und wer eigentlich dein Publikum ist. Wer sind die Leute, die wirklich interessiert sind? Für meine private Fanseite muss man sich mit seiner E-Mail-Adresse registrieren. Das ist eine kleine Hürde, aber mir war es wichtig die Kontrolle zu behalten. Wenn Instagram irgendwann aufhört oder ich blockiert werde, dann habe ich direkten Zugang zu meinen Fans durch ihre Adressen. Wenn die Leute ein bisschen über meinen Musikprozess mitentscheiden möchten, sich für Vocal Coaching interessieren oder unveröffentlichte Songs hören wollen: Dann ist das hier eine herzliche Einladung!

Ich mache Musik nicht nur als Hobby für mich selbst, sondern um Menschen zu erreichen und zu bewegen. Musik ist essentiell für die Seele und macht was mit einem, sie tröstet oder man feiert richtig ab. Ich sehe es als meine Aufgabe an, einen Unterschied zu machen und daher ist mir dieser persönliche Kontakt wichtig – dass meine Fans nicht nur Zahlen sind, sondern wirkliche Menschen. Mein Ziel ist es auch, dass sich die Fans gegenseitig kennenlernen können. Wenn sie zu meinen Konzerten kommen, kennen sie sich teilweise schon und ich weiß auch, wer sie sind. Für mich ist das Persönliche, Authentische und Echte wichtig. Es wird im Herbst ein Event dazu geben, tagsüber nur für die Community und am Abend dann ein Release für alle.

Was verspricht die Zukunft für DEVADO?

In einer Woche kommt eine Single mit einem Rapper/Sänger aus New York heraus. Mit einer Münchner Künstlerin gibt es im Juni eine Kollaboration. Sonst noch einige andere, die nicht 100% spruchreif sind. Auf meine nächsten Live-Konzerte freue ich mich sehr. Weil ich das Tanzen liebe, möchte ich meine Songs in Tanzschulen bekommen oder auf TikTok. Das ist mein Traum für dieses Jahr, wir werden sehen, ob das passiert!

DEVADO kann man LIVE in München am 19. April im Lost Weekend, am 30. April im „Dizzy Daisy“ oder am 01. Juni auf dem Zamanand-Festival erleben. Weitere Informationen dazu findet ihr auf Spotify oder auf Social Media.

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