Interview Kulturphilter

Wer nicht studiert, ist „Blond“

Ein Studium ist nach dem Schulabschluss für viele die erste Wahl. Doch vor den Prüfungsphasen stellt sich häufig die Frage: Warum tue ich mir das an? Was kann man ohne Studium werden? Rockstar! Die Band „Blond“ hat sich nach dem Abi für die Musikkarriere entschieden und hat einige Tipps, die auch Studenten helfen.

© Ernesto Uhlmann

Das Gespräch führte Isabel Prößdorf

Musik machen und Studieren haben viel gemeinsam: Gruppenarbeit, Leistungsdruck oder Lampenfieber kennen Studenten wie Künstler. Das wissen auch Johann Bonitz (21) und die Schwestern Nina (20) und Lotta Kummer (19). Das Chemnitzer Trio der Band „Blond“ steht gerade wie viele andere Menschen in ihrem Alter vor der Frage: Was mache ich aus meinem Leben – Studieren oder doch lieber alles auf eine Karte setzen und das Musikding probieren? Die drei haben sich erst mal für Letzteres entschieden. Im Interview verraten sie, was sie sich von der Zukunft erhoffen und wie das Mathe-Abi mit Stage Dives zusammenhängt.

Was habt ihr nach eurem Schulabschluss gemacht?
Nina: Ich habe ein Jahr lang Praktika bei einem Stadtmagazin in Chemnitz, einem Club und einer Galerie gemacht. So wollte ich rausfinden, was ich überhaupt machen will. Ich finde es schwierig, direkt nach der Schule ein Studium anzufangen. 60 Prozent von meinen Freunden, die das so gemacht haben, haben nach dem ersten Semester den Studiengang gewechselt, weil sie gar nicht wussten, was sie wollten. Nach den Praktika habe ich angefangen Medienmanagement zu studieren, aber die Musik erfüllt mich mehr.
Lotta: Mein Abi habe ich letztes Jahr gemacht und hab die Praktikumsphase gerade erst hinter mir. Jetzt versuche ich das Musikding zu probieren, deshalb habe ich noch gar kein Studium oder so auf dem Schirm. Da wir alle Musik machen und in Chemnitz lokalisiert sind, müsste man wohl dort etwas studieren, aber was da angeboten wird, gefällt mir gar nicht. Maschinenbau wäre echt nichts, dann lieber Kunst oder Schauspiel aber das wäre gerade zu zeitintensiv.
Johann: Nach der Schule habe ich eineinhalb Jahre eine Informatiker-Ausbildung gemacht, aber dann abgebrochen. Mit der Musik wurde es einfach zu viel, deshalb mache ich jetzt seit einem Jahr nur noch das.

In der Uni bedeutet Teamwork oft „Toll, ein anderer macht’s“. Wie funktioniert das bei euch, wenn ihr zum Beispiel Songs schreibt?
Nina: Bei uns läuft das glücklicherweise gut. Unsere Songs entstehen immer, wenn wir zusammen im Proberaum sind. Meist beginnen wir mit einem Basslauf und fummeln uns da dran entlang. Nur den Text ganz am Ende schreibe ich allein.

Und wie kommt Ninas Allein-Arbeit dann so an?
Lotta: Wir haben nichts zu meckern. Wenn uns dazu was einfällt, sagen wir das einfach und so entsteht das Ganze zusammen.
Nina: Es ist auch mega gut, wenn man jemand anderen hat, der noch mal mit drauf guckt und einem Denkanstöße gibt. Es ist wichtig, dass wir zu dritt an allem beteiligt sind.
Johann: Wir überarbeiten alles gemeinsam. Wenn den beiden was am Bass nicht gefällt, wird da genauso dran gefeilt wie am Text.

Was macht ihr, wenn ihr eine Schreibblockade habt oder so einfach nicht weiter kommt?
Lotta: Wir sind echt langsam im Songschreiben …
Johann: … und oft viel zu faul zum Proben, aber wenn wir uns dann mal dran setzen, wird das meistens auch was. Wir kämpfen weniger mit Blockaden als damit, uns zu überwinden, anzufangen. Da hilft also nicht viel, außer, es einfach zu machen.

Das „Strom“ in München ganz in „Blond“ © Isabel Prößdorf

Wenn ihr die Musik nicht machen könntet und studieren müsstet, was würdet ihr euch aussuchen?
Nina: Das Medienmanagement-Studium passt schon.
Johann: Ich würde dann trotzdem versuchen Musik zu machen und es einfach studieren, Bass zum Beispiel und auch auf Schlagzeug hätte ich Bock.
Lotta: Statt zu studieren, wäre ich einfach lieber direkt was. Als Synchronsprecherin zu arbeiten, fände ich super. Oder in einer Serie mitspielen. Vielleicht werde ich dann mal die Stimme von Scarlett Johansson. Johann ist übrigens was Stimmen angeht ein krasses Talent; er sollte unbedingt mal Werbung einsprechen oder die Erzählstimme bei Hörspielen übernehmen.

Habt ihr konkrete Ziele mit eurer Musik?
Johann: Es wäre schön, wenn man davon leben kann. Wir müssten nicht übelst reich werden damit, aber sein Leben damit unterhalten zu können, ist natürlich ein Traum. Und mal mit Muse einen Song machen.
Nina: Wir hätten kein Problem damit, in Bruchbuden zu leben. Wir kommen aus Chemnitz, da zu leben ist superbillig, also haben wir es vielleicht bald sogar schon geschafft. In einer Stadt wie München sähe das dann anders aus.

Nach eurer EP erwarten viele nun ein Album, setzt euch das unter Druck?
Nina: Wenn wir unsere Konzerte gespielt haben, haben wir mal ein bis zwei Monate Pause und wollen dann in Ruhe Songs schreiben. Es muss aber nicht zwangsläufig ein Album werden. Trotzdem fragt uns jeder, wann eins kommt und irgendwie übt das auch Druck aus, aber warum muss das sein? Ein Album ist glaube ich wichtig, damit Kritiken über einen geschrieben werden, aber die Frage ist: Entspricht ein Album noch dem aktuellen Musikkonsum? Es gibt mittlerweile so viele Cloudrapper, die einfach Titel für Titel online stellen, und daran ist doch nichts falsch.
Johann: Lieber hauen wir öfter eine gute EP raus, als ein Album, auf dem wir nicht nur geile Lieder haben. Und unser Ziel ist es schon, regelmäßig was Neues zu veröffentlichen.
Lotta: Wir hätten natürlich auch gern mal eine Schallplatte, aber das ist einfach hart teuer zu pressen. Selbst machen wir uns jetzt keinen Druck.
Nina: Wir haben auch keinen Manager, der uns im Nacken sitzt. Ich finde, Druck verfälscht die Sachen oft. Was bringt es, Lieder auf ein Album zu packen, nur um ein Album zu haben und am Ende passt die Kombination der Lieder gar nicht?

Studenten haben oft Lampenfieber vor Prüfungen, ihr vermutlich vor Konzerten – wie geht ihr damit um?
Johann: Aufregung und Adrenalin sind ja eigentlich gut, damit man da ist und sich konzentriert. Das sollte man dann auch nicht ausschalten, aber man muss es aushalten können. Je öfter man in solche Situationen kommt, desto mehr stellt sich auch Routine ein und dadurch wird es weniger.

Waren Prüfungen in der Schule für euch vom Aufgeregtsein her schlimmer?
Lotta: Es ist was anderes. Wenn du spielst, weißt du ja genau, was du machst und kannst spontan auf Dinge reagieren. In der Schule hast du auf gut Glück gelernt und entweder du hast das Richtige gelernt oder hattest Pech und wusstest direkt, was dir dann für Konsequenzen drohen.
Nina: Bei einem Konzert mit „Kraftklub“ waren Lotta und ich neulich zum ersten Mal Stage Diven. Davor war ich so aufgeregt, dass ich gesagt hab: „Lieber würde ich mein Mathe-Abi noch zehn Mal schreiben.“
Lotta: Auf keinen Fall. Um keinen Preis würde ich das Abitur wieder schreiben. Ich fand das so unangenehm, auch wenn es im Nachhinein leichter war, als man das vorher befürchtet hatte. Da geh ich lieber 50-mal Stage Diven!

Die nächsten Blond-Konzerte:

21. März 2018 – Hamburg – Golden Pudel
22. März 2018 – Flensburg – Volksbad
23. März 2018 – Rostock – Zwischenbau

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