Am dritten November wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Über das Studieren an US-Hochschulen und das Wahlverhalten der jungen Amerikaner*innen in diesem außergewöhnlichen Jahr.
Von Sasa Schumacher
Der US-Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen am 3. November ist in vollem Gange. Mehrere Millionen Stimmen wurden bereits per Briefwahl eingereicht. Wie ist die Stimmung an US-Unis? Wie hat sich die Präsidentschaft von Donald Trump auf die Universitäten ausgewirkt, was sind die Folgen der Corona-Pandemie auf das Studieren und wie aktiv sind junge Leute in den Wahlkampf in Amerika involviert?
In den USA zu studieren, sei es nur für ein Semester oder gleich ein Vollstudium, das war lange Zeit etwas erstrebenswertes. Jedoch ist dieses Interesse am Schwinden. Die Zahl der Neueinschreibungen von ausländischen Studierenden geht konstant zurück. Nach dem Forbes Magazin, ist die Zahl der Neueinschreibungen ausländischer Studierender zwischen den Jahren 2015 und 2019 um ganze zehn Prozent gesunken. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass dies eine der Folgen der Präsidentschaft von Trump sei.
Ein Studium in den USA ist nichts Außergewöhnliches mehr
Das gespaltene politische und gesellschaftliche Klima in den USA, welches zwar nicht ausschließlich von US-Präsident Trump ausgehe, aber von diesem mit geprägt würde, sei zwar durchaus für die Attraktivität als Studienort relevant, sagt Andreas Etges, US-Experte an der LMU München. Aber es gäbe auch andere Ursachen für diese Entwicklung. Von Relevanz seien vor allem die Einreisebeschränkungen, die von den USA bezüglich mancher Länder verhängt worden seien, und die es den jungen Leuten unmöglich machen würden, zum Studium in die USA einzureisen. Auch die Anzahl der Amokläufe an amerikanischen Unis würde die Leute abschrecken. Hinzu käme, so Etges, dass ein Studium in Amerika immer normaler und unattraktiver geworden sei. Viele würden sich dann doch lieber für ein spannenderes Studium oder Auslandssemester in beispielsweise Neuseeland oder Kanada entscheiden.
Die Corona-Pandemie wird wohl auch zu einem Rückgang der Einschreibungen unter amerikanischen Studierenden führen. Die dortigen Unis sind auf die Studiengebühren der Studierenden angewiesen. Da ein Studium in den USA zehntausende Dollar kostet, werden sich viele in Zeiten von Corona zweimal überlegen, ob sie diese Investitionen machen wollen oder ob sie lieber ein Fernstudium machen werden, sagt Etges. Einige würden sich auch dazu entscheiden, das Studium aufzuschieben und erst einmal jobben zu gehen. In Deutschland sind die Studiengebühren – mit Ausnahme der Privatunis – abgeschafft. Die hiesigen Studierenden werden ihr Studium zumeist ohne Probleme weiterführen können – zumindest ohne sich allzu große Sorgen um die Gebühren zu machen.
Die Wahl ist mehr eine „Contra-Trump-Abstimmung“
Bezüglich des Wahlkampfes, herrscht an den amerikanischen Unis eine eher liberale und der demokratischen Partei zugeneigte Stimmung. Die meisten jungen Leute würden schon aus Prinzip den Demokraten Joe Biden wählen, weil für sie alles besser sei als der Republikaner Trump, sagt Etges.
Es handele sich eher um eine „Contra-Trump-Abstimmung, als eine Pro-Biden-Abstimmung“. Viele jüngere Amerikaner*innen sähen sich in der Vielfalt der jungen Politiker*innen repräsentiert, wie Alexandria Ocasio-Cortez, die 2018 ins Repräsentantenhaus gewählt worden ist. Auch die Nominierung von Kamala Harris als Vizepräsidentin scheint zu etwas Aufwind bei den Demokrat*innen geführt zu haben. Sie ist die erste Frau mit ethnischem, indisch-jamaikanischem Hintergrund, die für dieses Amt kandidiert. Nichtsdestotrotz scheint das Duo Biden-Harris nicht die Art der Aufbruchsstimmung zu verkörpern wie Barack Obama in 2008. Das zog damals viele junge Leute an.
In Amerika wählen junge Leute meist in geringerem Ausmaß als ihre älteren Mitbürger*innen. Allerdings stieg in letzter Zeit deren Wahlbeteiligung, zum Beispiel bei den Midterms-Wahlen 2018. Eine erneute hohe Wahlbeteiligung unter Jüngeren käme der demokratischen Partei zugute. In den USA sei die Wahlbeteiligung auch eine geographische Frage, sagt Etges. In Kalifornien würden wahrscheinlich weniger junge Leute wählen gehen, weil der Bundesstaat sowieso garantiert an die Demokraten gehen werde – wie auch schon in den Wahlen zuvor.
Eine Stimme mehr oder weniger ist in manchen Bundesstaaten nahezu irrelevant
Die Erklärung dafür ist ein bisschen komplex: US-Präsident*innen werden nicht direkt von der Bevölkerung, sondern durch eine Mehrheit electoral college bestimmt. Jeder Staat entsendet eine bestimmte Mitgliederzahl in dieses Kolleg. Die Person, die in der Wahl im einem Bundesstaat eine einfache Mehrheit erringt, erhält alle Stimmen dieses Staates im electoral college. Deshalb kann eine stabile demokratische Mehrheit einen Sieg – 2020 ist das ein Sieg Bidens – unter anderem in Kalifornien quasi garantieren. Eine Stimme mehr oder weniger fällt da nicht ins Gewicht.
Der Ausgang der Wahlen ist insgesamt aber noch offen. Auch diesmal wird der Wahlkampf vor allem in den sogenannten Swing States entschieden werden, wo nicht sicher ist, welche Partei gewinnt, da keine stabilen Mehrheiten für die eine oder andere vorliegen. Zudem hat Trump eine große Zahl von Anhänger*innen, die immer hinter ihm steht. Insgesamt stehe er aber mit dem Rücken zur Wand, so Andreas Etges. In den Umfragen sieht es derzeit dementsprechend eher besser für Joe Biden aus. Aber das ist nicht immer ein Garant für den Wahlsieg, wie auch die Wahlniederlage von Hillary Clinton 2016 gezeigt hat.