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Students for Ukraine: Direkte Hilfe für Geflüchtete

Kurz nach dem Ausbruch der russischen Invasion am 24. Februar 2022 gründeten Münchner Studierende die Initiative Students for Ukraine. Philtrat hat nachgefragt, wie den geflüchteten Studierenden geholfen wird und diese bei der Ankunft in ihrer neuen Lebenssituation unterstützt werden.

Die Initiative Students for Ukraine – München gründeten Studierende bereits ein paar Tage nach der russischen Invasion auf die Ukraine. Foto: Max Wichmann

Das Interview führte Balthasar Zehetmair. 

Philtrat: Am 24. Februar startete die Invasion Russlands auf die Ukraine. Wie habt Ihr das erlebt und wann kam euch der Gedanke, dass ihr helfen müsst?

Erstmal war es natürlich ein Schock für uns alle, auch wenn Putin das Ganze ja angekündigt hatte. Es war zunächst nicht wirklich fassbar, dass es so weit kommt. Jetzt haben wir Krieg in Europa und da war für uns die erste Überlegung, wo können wir als Student*innen nun helfen? Relativ schnell kam dann die Idee für die Initiative und bereits ein paar Tage darauf hat dann die erste Kundgebung gegen den Krieg stattgefunden auf dem Geschwister-Scholl-Platz. Da waren über 2.000 Menschen anwesend. 

Philtrat: Zur Gründung der Initiative, welche Herausforderungen hattet ihr da in der Anfangsphase zu bewältigen? 

Ganz am Anfang war natürlich erstmal Chaos. Also die Kundgebung konnte sehr schnell organisiert werden, aber dann waren wir vor allem sehr viele Studierende, die helfen wollten. Zusammen mit der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Gemeinde und dem Kulturzentrum Gorod haben wir Hilfsgütertransporte organisiert und beim Beladen der Spenden geholfen. Da haben wir dann damit angefangen die Studierenden zu koordinieren. Und währenddessen haben wir uns dann als Initiative mehr und mehr strukturiert. 

Philtrat: Was hat sich dann mit der Zeit als euer Ziel herauskristallisiert? Wie wollt ihr helfen? 

Unser erstes wichtiges Anliegen war zu sagen, dass wir nicht politisch sind, sondern Studierende, die mit aktiver Solidarität helfen wollen. Wir wollen direkt unterstützen, wo Hilfe gebraucht wird, und es geht darum statt Geld, wovon wir Studierende bekanntlich nicht viel haben, vor allem Zeit zu spenden und so zu helfen. Mit der Zeit hat sich der Fokus bei uns von den Hilfsgütertransporten mehr und mehr hin zur Hilfe mit spezifischen Projekten zentriert. 

Philtrat: Mit welchen Projekten hilft Students for Ukraine nun? 

Gerade bei der direkten Hilfe, da ist aktuell viel nötig und wird auch in den kommenden Monaten noch sehr viel nötig sein. Gerade für die Geflüchteten Studierenden die hier angekommen sind und nun Unterstützung in ihrer neuen Lebenslage brauchen. Wir haben da aber sowohl Projekte für Student*innen, wie das „Young get together“ als auch unser „Peer-to-Peer“-Programm, das wir gerade aufbauen, sowie „Students for Children“, wo wir bei der Kinderbetreuung in Notunterkünften mithelfen wollen. Wir sind ehrenamtlich organisiert und das heißt, die Leute müssen auch bereit sein mitzumachen und können eigene Ideen für Projekte einbringen.

Ende Februar trug Students for Ukraine – München auf dem Geschwister-Scholl-Platz eine große Kundgebung aus. Foto: Max Wichmann

Philtrat: Zum Projekt „Young get together“, wie läuft das ab und was habt ihr da vor? 

Die Idee war einfach grundsätzlich sich unter Studierenden zu verknüpfen und sich auszutauschen. So wollen wir Vernetzung zwischen den Studierenden ermöglichen. Damit wollen wir die Kommunikation fördern, zum einen natürlich zwischen den deutschen und ukrainischen Studierenden und zum anderen auch den Austausch zwischen den Helfenden selber. Denn gerade online ist das oft schwer und jetzt, wo Corona abflaut, da ist es sehr wichtig so die direkte Kommunikation und letztendlich Zusammenarbeit in der Hilfe zu fördern.  

Philtrat: Ihr baut gerade ein „Peer-to-Peer“-Programm auf. 

Dieses Programm baut sich so auf, dass den ukrainischen Studierenden durch eine*n persönliche*n Mentor*in die Ankunft in ihrer neuen Lebenssituation erleichtert werden soll. Die Mentor*innen unterstützen die Geflüchteten dann nicht nur bei bürokratischen Themen, wie der Immatrikulation, der Aufenthaltsgenehmigung oder der Wohnungssuche, sondern auch beim sozialen Ankommen in München. Das heißt, sie zeigen ihnen nicht nur die Uni oder die Stadt, sondern unternehmen auch gemeinsame Freizeitaktivitäten. 

Wir haben nun schon über zehn Student*innen, die für ein Semester oder länger diese Betreuung übernehmen möchten. Die Schwierigkeit liegt für uns momentan darin, Kontakt zu den geflüchteten Studierenden aufzubauen, die diese Hilfe benötigen. Allerdings haben wir schon ein paar Anfragen bekommen und können bald loslegen. 

Philtrat: Zusammen mit dem Institut für Deutsch als Fremdsprache der LMU wollt ihr nun auch Sprachkurse anbieten. Sind das Sprachkurse nur auf Freiwilligenbasis oder können hier auch Zertifikate erworben werden? 

Nein, das sind nur Kurse auf freiwilliger Basis, weil es dazu auch erstmal eine Anerkennung bräuchte und das ist doch ein längerer Prozess. Also es sind Sprachkurse auf freundschaftlicher Basis, allerdings haben wir sowie das Institut und seine Studierenden schon den Anspruch, dies auf sehr hohem Niveau zu unterrichten. Mit dieser Unterstützung können die Leute dann relativ schnell einen der offiziellen Sprachtests machen und sich so ein Zertifikat holen. 

Philtrat: Wie steht es um die Solidarität unter den Münchner Studierenden?

Wir haben noch super viel Unterstützung. Klar, es ist im Vergleich zum Anfang, wo wir auf einen Schlag 250 Leute hatten, die unterstützen wollten, mittlerweile weniger geworden. Aber wir sind sehr positiv überrascht, dass es viele Leute gibt, die immer noch sehr motiviert dabei sind und nicht eben einfach nur für drei Wochen am Anfang geholfen haben, weil es gerade wichtig und akut war. Wir sind sehr optimistisch und gerade beim „Peer-to-Peer“-Programm haben wir viele Studierende, die mitwirken und ein*e Mentor*in werden wollen. 

Philtrat: Wie seht ihr so die Hilfsangebote der Universitäten? Wird da zu wenig gemacht, geht mehr? 

Das ist schwer zu sagen, die Unis haben ehrlich gesagt überraschend viel getan. Klar, es geht immer mehr, aber es ist immer noch bürokratisch und wir sehen da, gerade wenn es aufs Wintersemester zugeht, dass wir den geflüchteten Studierenden bei der Immatrikulation viel helfen müssen. Die Universitäten haben – durchaus überraschend für bayerische Universitäten – sehr schnell ein gutes Programm aufgestellt. Aber man wird sehen müssen, wie gut das nun umgesetzt und funktionieren wird.  

Beim Projekt “Students for Children” betreuen Studierende geflüchtete Kinder in Notunterkünften. Foto: Max Wichmann

Philtrat: Wie sehen bei euch nun die Planungen aus? Wie geht es weiter?

Wir haben uns jetzt erstmal neu strukturiert und einen Verein gegründet zur besseren Absicherung. Jetzt sind wir mittlerweile sehr gut organisiert und leider ist es abzusehen, dass wir vermutlich noch um ein paar Monate, wenn nicht Jahre, gebraucht werden. Wir bauen die aktuellen Projekte weiter auf und aus. 

Philtrat: Gibt es noch weitere Kundgebungen? 

Kundgebungen werden wir nun erstmal nicht mehr organisieren, da das sehr viel Aufwand ist und, das muss man auch sagen, der Krieg in der Ukraine ist mittlerweile wieder ein Thema von Vielen. Zumal es nicht wirklich viel Neues zu sagen gibt, der Krieg ist klar zu verurteilen, aber die Politik hat ja mittlerweile auch reagiert. 

Philtrat: Wie können Studierende bei Students for Ukraine mithelfen? 

Grundsätzlich kann jede*r bei uns mithelfen. Es müssen auch nicht unbedingt Studierende sein, es geht darum zu helfen. Jede*r, der auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung steht – denn wir wollen uns nicht von irgendwelchen linken oder rechten Ideologien unterwandern lassen – und helfen will. Die Hilfe kann dann entweder so aussehen, dass bei einem unserer Projekte mitgearbeitet werden kann, aber auch, dass das eigene Projekt aufgebaut werden kann und wir von Students for Ukraine geben die notwendige Unterstützung und Ressourcen dazu bei.

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