Interview

Prohibition Prohibition – Post-Punk in München

Die Post-Punk Band Prohibition Prohibition spielt laute, düstere Töne in München. Im Gespräch mit philtrat erklärt die 2021 gegründete Band, was sie auszeichnet – ein extravagantes Schlagzeug und viel Lärm.

Das Gespräch führte Zeynep Polat. Foto: © Prohibition Prohibition

Wie würdet ihr eure Musikrichtung beschreiben?

Prohibition Prohibition: Also bei Leuten, die gar nicht wissen, worum es geht, sagen wir meistens einfach: Laut. Manche Leute kennen aus den 80ern The Cure oder ähnliche Bands, aber unsere Musik ist noch intensiver, noch lauter. Post-Punk ist das Genre. Es ist immer schwierig zu beschreiben, weil es nicht so ein klares Genre ist, wie wenn man sagt: „Wir haben eine Reggae Band.“ Da wissen die Leute ungefähr, was sie sich vorstellen müssen. Also: laute Gitarren, viel Lärm, die Energie von Punk, aber komplexer – rhythmisch und harmonisch komplexer, als es Punk klassisch war. Düsterer vielleicht auch. Aber eben mit der Lautstärke und Energie von Punk.

Was inspiriert eure Musik?

Als wir angefangen haben, waren es viele Bands aus England und Irland: Fontaines D.C., The Murder Capital, Idles, weil es gerade eine neue Welle an Post-Punk Bands gibt. Das hat gut dazu gepasst, was wir selber gemacht haben und machen wollten. Dann gibt es natürlich aus den 80ern große Post-Punk Bands, die wir auch hören, wobei die noch ein bisschen anders sind. Und dann auch lokale Bands, die wir einfach gut kennen, weil es unsere Freunde sind, weil wir viele Konzerte mit ihnen spielen.

Ihr seid eine relativ neue Band. Wie war es, zum ersten Mal, eure eigene Musik auf einer Bühne und vor einem Publikum zu spielen?

Gut. Wir hatten davor schon eine andere Band, wo wir auch viel gespielt haben, aber als wir dann mehr diesen Weg gegangen sind, den wir jetzt gehen, da hat sich das erste Konzert angefühlt wie eine Offenbarung. Da hat man gemerkt: „Okay, doch, das ist es jetzt.“ Wir hatten alle schon Bühnenerfahrung davor, es war nicht das erste Mal, dass wir auf einer Bühne gespielt haben. Es war auch nicht das erste Mal, dass wir eigene Sachen gespielt haben; aber es war das erste Mal, dass wir auch voll dahinter stehen konnten. Das erste Konzert von uns war super cool. Es war fast ausverkauft, richtig voll. Und das war super krass, das erste Konzert. Es war die Zeit kurz nach Corona, wo alle Lust hatten, wieder wegzugehen. Das war ein guter Zeitpunkt, sehr ausgelassen.

Besetzung: Lorenz Amesbichler (Schlagzeug), Nemo Beer (Gitarre), Samuel Baur (Gesang, Gitarre), Camillo Marek (Bass)

Wie ist es, eine Post-Punk-Band in München zu sein? München gilt nicht wirklich als die Hauptstadt der Subkulturen…

Wir finden es gut. Generell ist Post-Punk in Deutschland nicht riesig, es ist eine ziemliche Nische. Es gibt ein paar Bands in die Richtung, immer mehr in den letzten Jahren. Es stimmt natürlich, München sticht da jetzt nicht groß raus. München ist an sich aber richtig cool. Subkultur in Berlin beispielsweise ist schwierig, weil alles Subkultur ist. Dadurch gibt es da keine Subkultur mehr. Und in München, wo es ein paar Orte gibt und viele interessierte Personen, wo auch eine gute Förderstruktur existiert, braucht es eigentlich nur Leute, die es machen. Die Szene ist auch nicht so riesig, man kennt recht schnell die Bands und dadurch entsteht eine gute Vernetzung und damit auch coole Konzerte. Es könnte ein paar mehr Clubs geben, aber die, die es gibt, sind sehr gut.

Schafft die Größe der Post-Punk-Szene in München ein Gefühl von Community?

Man kennt auf jeden Fall viele Leute im Publikum. Es ist jetzt nicht so, dass alles Freunde und Bekannte sind, aber schon ein großer Teil. Dadurch ist man unter der Menge. Wir spielen oft Konzerte, die vom Münchner Label new basement veranstaltet werden. Man kann das, was wir machen, eigentlich nur verstehen, wenn man sich die Architektur von new basement anguckt. Das muss man sich so vorstellen: Das ist eigentlich mehr eine Gruppe von Freunden als ein klassisches Label. Und da gibt es mittlerweile auch viele Bands, wie Shā Mò und Hallway. Es helfen viele Leute bei der Veranstaltung von Konzerten mit, bei der Aufnahme der Musik. Das ist ein ziemlicher DIY-Ansatz als Kollektiv. Es ist besonders.

Ihr habt letztes Jahr eine EP rausgebracht. Wie sieht der Entstehungsprozess von eurer Musik aus? Könnt ihr uns einen Einblick geben?

Am Anfang haben wir meistens eine Grundidee von Akkorden oder einer Melodie im Kopf. Dann nehmen wir das mit in die Probe und probieren rum, manchmal geht das super schnell, manchmal dauert es Monate, bis man daraus was entwickelt. Dann bauen wir daraus die unterschiedlichen Teile zusammen, jeder überlegt sich seine Parts, jeder kommt so langsam rein. Uns ist auch immer wichtig, dass das Schlagzeug einen Wiedererkennungswert hat. Es ist ein extravagantes Schlagzeug, im positiven Sinne. Meistens geht die Musik von der Gitarrenidee aus und dann wird es durch Rumprobieren ausgebaut. Wenn wir ihn dann komplett fertig haben, ist es so, dass Samuel noch den Text schreiben muss.

Samuel, wie würdest du eure Songtexte inhaltlich beschreiben?

Samuel: Es sind bis auf eine Ausnahme keine Liebeslieder. Es sind Themen, die schon mit meinem Alltag zu tun haben, an der Uni, mit dem, was ich lese, mit dem, womit ich mich beschäftige. Das ist oft historisch oder politisch. Es hat aber kein konkretes Änderungsanliegen an die Gesellschaft. Das ist vielleicht auch das, was Post-Punk auszeichnet, der im Gegensatz zum Punk in den 80ern eher unpolitisch war. Zumindest nicht so direkt politisch wie Punk, sondern eher düster und poetisch. Es ging mehr um philosophische Themen.

Ihr habt letztes Jahr ein Musikvideo zu „A World You Built“ rausgebracht. Wie war es, zu eurer Musik ein visuelles Medium hinzuzufügen? Wie sah der Prozess aus?

Man muss sich das so vorstellen: Bei new basement hängen Leute rum, die etwas mit Film oder Fotografie machen und die auch Lust haben, etwas auszuprobieren. Die haben das dann relativ autark gemacht mit ein paar Vorgaben von uns. Wir waren ja auch selber nicht im Video drin. Es hat sehr Spaß gemacht, den Prozess zu beobachten. Uns war wichtig, dass das Video zur Musik passt. Nicht nur inhaltlich, sondern auch die Schnitte zum Beispiel, weil dieser Song ja einen sehr markanten Rhythmus hat. Das sieht man im Video auch, dass die einzelnen Teile im Song auch einzelne Teile im Video haben, bei denen die Kameraeinstellung wechselt – oder immer bei der Snare am Anfang kleine Einwendungen kommen. Wir wollten, dass es gut harmoniert.

Was wäre ein Traum der Band für die Zukunft? Würdet ihr gerne an einem bestimmten Ort spielen oder vor einem bestimmten Publikum?

Wir würden gern mehr außerhalb von München spielen. Das machen wir in den nächsten Wochen auch, wir machen eine kurze Tour durch Frankreich. Da hätten wir sehr gerne in Paris gespielt. Wir hatten ursprünglich ein Konzert in Paris geplant – der Club musste aber wegen Einsturzgefahr temporär schließen. Jetzt wurde es abgesagt. Ansonsten würden wir sehr gerne mal in England spielen, weil da das Genre auch herkommt.

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