Mit dem Beginn der Pandemie fing Krina Königsmann an, karikatureske Abbildungen zu zeichnen, die sie später gebündelt in ihrem ,,Krisenmalbuch“ veröffentlichte. So will sie allen die Möglichkeit geben, von den Beschwerden des Pandemie-Alltags loszukommen.
Das Interview führte Özge Enis
Normalerweise verbringt Krina viel Zeit in Werkstätten der Kunstakademie oder in ihrem Keller-Atelier und widmet sich ganz anderen künstlerischen Tätigkeiten. ,,Gute Kunst kann nur dann überhaupt in den Umlauf geraten, wenn sie erstmal frei anfängt, ohne Trendanalyse, ohne Druck“, meint sie. Das Herunterfahren des öffentlichen Lebens durch die Pandemie verbannte auch Krina ins Home Office, sie musste sich umstellen. Mal zu Hause auf der Couch, mal mit Schutzmaske über dem Mund in der Tram, sprudelten die ersten bildhaften Vorstellungen hoch, die sie daraufhin auf witzige Art skizzierte. Schnell erhielt sie von ihrem Umfeld positive Resonanz, sodass sie nun versucht, ihr Malbuch einem größeren Publikum anzubieten. Das Malbuch ist frei zugänglich, man braucht nur einen Internetanschluss, einen Drucker und Buntstifte.
Wir möchten dich kennenlernen.
Ich bin Krina Königsmann, studiere in München an der Akademie der Bildenden Künste, wohne und arbeite aber bisschen außerhalb der Stadt. Was mein Studium angeht, versuche ich derzeit die Mode- und Designwelt mit der zeitgenössischen Kunst zu verbinden.
Wie bist du auf die Idee gekommen, gerade in dieser Zeit ein Malbuch zu gestalten?
Als wir letztes Jahr den ersten Lockdown hatten, waren Stift und Papier für mich die einfachste Methode, um zu entspannen. Meine anfänglichen Zeichnungen waren zuerst für meinen Bekanntenkreis angedacht. In ausgemalter Form wurden mir dann diese zurückgesendet, das war ein gutes Feedback.
Dann hast du weitergezeichnet.
Danach kam die Idee, meine Sammlung über meine Website allen zugänglich zu machen. Denn Kunst ist in der Regel eher etwas Elitäres. Mein Ziel ist es, sie in diesen schwierigen Zeiten zu demokratisieren. Einen Download-Button habe ich gestaltet, über den man mein Krisenmalbuch ausdrucken muss, das ist aber die alleinige Arbeit. Mein Download kostet nichts. Hat man paar Buntstifte, Copymarker oder Lippenstifte bei sich, kann man beginnen, es auszumalen.
Wieso skurrile Gesichter und kein realitätsnahes menschliches Erscheinungsbild?
Graffitis und Streetart prägten meine Jugendzeit. Damals habe ich ein einfaches Motiv entworfen, anschließend um zwei Fühler ergänzt. Schon war das Corona-Monster geboren. Eine filigrane Zeichnung mit vielen Details würde bei einer Karikatur das Auge überfrachten. Vereinfachung und Abstraktion sind die Kunst in der Kunst.
Abstraktion ist auch einprägsam.
Absolut. Sehr wichtig sogar für die breite Masse. Wie werden Mimik und Gestik vom Betrachter wahrgenommen und übersetzt?
Was für Themen hast du bei deinen Zeichnungen aufgearbeitet?
Nachrichten aus der ganzen Welt haben mich inspiriert, gesellschaftliche und politische Themen humoristisch in meine Skizzen einzubauen. Diese Parodien habe ich dann zum Ausgleich mit Ausmal-Ornamenten ergänzt. Mit diesen Verzierungen, die meine Zeichnungen ein bisschen Mandala-artig machen. Ornamentik war sehr wichtig, um der Idee des Malbuches auch gerecht zu werden.
Eine Erde mit einem Reset-Button: Was soll das heißen?
Das ist eines der Favoriten und mitunter das tiefgründigste Bild der Serie. Vielleicht habe ich als sensibler Mensch schnell verstanden, dass die Welt jetzt die Möglichkeit bekommt, bestimmte Prozesse zu hinterfragen, um die Zukunft gemeinsam anders zu gestalten.
Dein Krisenmalbuch soll ja dazu dienen, die eigenen Sorgen auszumalen. Wie soll das funktionieren?
Man kann das Buch erstmal wie eine Zeitung anschauen, darüber nachdenken oder auch schmunzeln. Abhängig von der eigenen Stimmung kann man es einfach ausmalen oder aus einer Kreisform eine Blüte entstehen lassen. Die Linien habe ich zwar vorgegeben, würde mich aber sehr freuen, wenn man diese mit eigenen Ideen ergänzt und sie weiterentwickelt.
An wen richtet sich das Malbuch?
Erstmal war es angedacht für Erwachsene, damit sie wieder etwas analog, also mit den Händen machen, ihre Sinnlichkeit wieder erwecken. Bei meinem jüngsten Tester aber, einem vierjährigen Jungen, hat es schönerweise auch funktioniert. Ohne die Bedeutung der Motive zu hinterfragen, haben Formen und Ornamente sein Interesse erweckt.
Wenn man die Zeichnungen groß ausdruckt, hat man ein Geschenkpapier zum Ausmalen, im richtigen Format aber auch eine Postkarte. Was sind deine Ideen, sie anderweitig zu nutzen?
Ich selbst experimentiere mit meinen Cartoons in der Siebdruckwerkstatt. Da überlege ich, einige Szenarien aus meinem Malbuch mittels Schablonentechnik in Großformat zu printen. Auch mit Druckversuchen auf Textil werde ich mich aber befassen.
Wo findet man den Download-Button, um zu deinem Malbuch zu gelangen?
Unter www.krinakingsman.com. Dann auf der Seite ,,World-in-Progress“ anklicken, so einfach findet man mein Krisenmalbuch.
Was ist alles auf deiner anderen Website zu finden?
Bei www.kinxman.com wird man bald ein neues Projekt sehen. Da arbeite ich an der Idee, Pin-Buttons händisch so zu gestalten, als ob sie aus Blattgold wären. In der Vergangenheit wurden solche Pin-Knöpfe oft als Propagandamedium genutzt, aber auch als Zeichen des Widerstands.
Was ist die Überlegung hinter deinen Buttons?
Ohne einem bestimmten Text und Symbol, allein durch ihre Form, Struktur und Farbe stehen meine Buttons für einen Slogan ein: „Leave your golden trace – Hinterlasse deine goldene Spur.“ Sie transportieren die Idee, mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken, Dinge neu zu betrachten und zu hinterfragen.