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Die Sache mit den Pronomen: Wie geschlechtsübergreifende Anrede genutzt werden kann

Wie spreche ich mit non-binären Menschen? Über Pronomen im Deutschen.

Wenn es um Pronomen geht, gibt es mittlerweile eine Vielfalt an mal mehr und mal weniger bekannten Möglichkeiten. Foto: Annabel Maurus

Ein Gastbeitrag von Noelia Ochs Garcia und Annabel Maurus, Mitglieder des Queer-Referats der Studierendenvertretung der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Die Verwendung des Femininums neben dem Maskulinum (z.B. Schüler und Schülerinnen) hat einiges zur gendergerechten Sprache beigetragen, doch oft fühlen sich Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren, dadurch ausgeschlossen.

Binäre Pronomen

Jede*r weiß, wie man über Personen mit binärem Geschlecht spricht, mit den Pronomen „er/sein“ und „sie/ihr“. Hier wird also die 3. Person Singular verwendet. In den meisten Fällen sind dies auch die Pronomen, mit denen sich Personen, die sich mit einer der binären Geschlechtskategorien identifizieren, am wohlsten fühlen. Doch wie ist es für andere Geschlechter?

Nicht-binäre Pronomen

Im Englischen ist dies etwas leichter: Die meisten nicht-binären Menschen möchten im Englischen mit den Pronomen „they/them“ angesprochen werden. Diese werden schon seit Jahrhunderten als Singularpronomen genutzt, wenn das Geschlecht unbekannt war. „They/them“ kann also sowohl als Plural-, als auch Singularpronomen Verwendung finden. Da die deutsche Übersetzung „sie/ihnen“ wäre und dies sehr ähnlich zu den femininen Pronomen der 3. Person Singular ist, fühlen sich viele nicht-binäre Personen im Deutschen durch diese Pronomen nicht repräsentiert. Es gibt aber auch im Deutschen diverse andere Möglichkeiten für nicht-binäre Pronomen. Beispielsweise kann das englische „they/them“ einfach im Deutschen genutzt werden: „They ist mit uns essen gegangen.“ Auch lässt sich „hen“ aus dem Schwedischen verwenden: „Hen studiert mit uns.“. Diese Optionen sind allerdings nicht sehr bekannt und dadurch wenig etabliert. Es gibt weiterhin zu wenig Möglichkeiten im Deutschen repräsentative, geschlechtsneutrale Pronomen zu finden.

Geschlechtsneutrale Pronomen: moderner Humbug?

Viele treten dem Thema der richtigen Nutzung von Pronomen kritisch gegenüber. Es sei zu kompliziert und nur eine moderne Art Gleichberechtigung auf erschwerende Weise durchzusetzen. Andere sagen, das Gendern sei eine Scheindebatte, die keine vermeintlich richtigen Probleme löse. Doch tatsächlich gibt es schon seit mehreren Jahrhunderten geschlechtsneutrale Sprache. Bereits im 14. Jahrhundert wurden im englischsprachigen Raum erstmals Pluralpronomen anstelle von Singularformen genutzt. In vielen Shakespear-Werken fanden die „they/them“-Pronomen als Singularform Verwendung. Zum Beispiel in Hamlet heißt es: „If a person is born of a […] gloomy temper […] they cannot help it.“ Auch wurden Begriffe wie „y’all“ (you all) oder „y’uns/yinz“ (you ones) eingesetzt. Es wurden mehrere Versuche gestartet, neue Pronomina zu etablieren, wir zum Beispiel „ze“ statt „he/she“ oder „hir“ statt „his/her“. Diese Lösungen setzten sich auf Dauer nicht durch. Viele klangen grammatikalisch falsch oder seltsam. Letztendlich haben sich „they/them“ als geeignetste, und somit auch am häufigsten genutzte, geschlechtsneutrale Begriffe erwiesen. Da im Deutschen allerdings noch keine solche Lösung gefunden wurde, ist es umso wichtiger darauf zu achten, Personen mit den von ihnen gewünschten Pronomen anzusprechen. Genauso wenig, wie man den Namen einer Person errät, sollte man die Pronomen erraten. Durch aufklärende Gespräche über geschlechtsneutrale Pronomen, können Kenntnis über und Akzeptanz von diesen weiter in der Gesellschaft verbreitet werden. Es ist wichtig zu beachten, dass dies ein zeitlich unbegrenztes Problem ist, an dem viele Sprachen noch arbeiten müssen.

Indo-Germanische Sprachen als Problemkinder

In einigen Sprachen fällt es schwer, geschlechtsneutral zu reden und zu schreiben. Beispielsweise geben im Spanischen nicht nur Pronomen das Geschlecht an, sondern auch die Endungen „-o“ (maskulin) und „-a“ (feminin); zumindest im Schriftlichen kann stattdessen ein „-x“ genutzt werden: zum Beispiel statt „Latino/ Latina“, „Latinx“ zu schreiben. Diese Neuschöpfung wird allerdings nur selten genutzt.

Woher weiß ich mit welchen Pronomen eine Person angesprochen werden will?

Nachfragen! Alle Menschen sollten mit den von ihnen gewünschten Pronomen angesprochen werden. Auch wenn es zu Beginn komisch sein kann, sich selbst beim Kennenlernen mit den gewünschten Pronomen vorzustellen, kann dies nicht-binären Menschen sehr helfen. Oft ist es für Menschen anstrengend, unangenehm oder auch verletzend, wenn sie falsch angesprochen werden und dies immer wieder klarstellen müssen. Einfacher wäre es, wenn sich alle von Beginn an auf aufgeschlossene Weise vorstellen, anstatt Menschen mit einer nicht-gewünschten Ansprache zu verletzen.

Sprache entwickelt sich ständig weiter. Geschlechtsneutrale Begriffe zu etablieren ist sowohl möglich, als auch nötig, um allen einen sicheren und angenehmen Umgang miteinander zu ermöglichen. Um nicht-binären Menschen zu helfen, lohnt es sich, das Thema Pronomen anzusprechen. Wenn man nach einem Namen fragt und die Person entsprechend anspricht, könnte man dazu noch die Pronomen erfragen, um niemanden zu verletzen und ein respektvolles Miteinander zu etablieren.

 

Unter #QueerOnCampus schreiben Studierende des Queer-Referat der Studierendenvertretung der LMU über LGBTQ+ und andere Themen, die queere Personen im Zusammenhang mit München und dem Studium betreffen. Für die Inhalte sind allein die jeweiligen Autor*innen verantwortlich. Alle Beiträge der Serie hier nachlesen.

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