Online Unileben

It’s a match!

Für junge Singles sind Partner*invermittlungen ein Relikt aus alter Zeit, Online-Dating-Dienste und Apps sind längst im Alltag vieler Studierenden angekommen. Vom Suchen und Finden der großen Liebe auf Tinder und Co.

Symbolbild

Von Stefanie Heinold

„Ich mache mir keine großen Gedanken über Optik oder Charakter, denn das zeigt sich von selbst beim ersten Date. Trotzdem schließen wir von einem Foto automatisch auf die Gesamtheit eines Menschen. Wir haben ein bestimmtes Bild im Kopf. Oft sahen die Männer anders aus, als ich sie mir vorgestellt habe. Aber eben anders, nicht unbedingt schlechter oder besser.“ Das sagt Eva, die ihren Freund über Tinder gefunden hat, über Erwartungen und Eindrücke.

Ben und Eva schlendern gemeinsam die Schellingstraße entlang, ein ganz normales Pärchen. Kennengelernt haben sie sich aber nicht über Freund*innen oder beim Feiern, sondern über die mobile Online-Dating-App. Tinder soll das Kennenlernen von Menschen in der eigenen Umgebung erleichtern. Das Prinzip ist ganz einfach: Man teilt die Leute ein in die Kategorien hot oder not. Sind durch einen Wisch nach rechts beide am anderen interessiert, erklärt Tinder: „It’s a match!“. Dann erst kann die Kommunikation starten.

„Auf Tinder wird sehr ehrlich mit den Absichten umgegangen“

Eva hat sich bei Tinder angemeldet, um Männer kennenzulernen, denen sie im alltäglichen Leben nicht ohne Weiteres über den Weg laufen würde. Ausprobieren kann man es ja mal und abgemeldet ist man auch schnell wieder, falls die App nicht den eigenen Erwartungen entspricht. Nach ein paar Minuten ist man dann auch schon in einem Meer aus Portraits versunken. Falls sich ein Match ergibt, trifft sich Eva nach einer kurzen Nachricht aber lieber persönlich mit den Männern. „Eine echte Konversation ist eben doch immer einer virtuellen vorzuziehen“, meint sie. An Tinder schätzt sie daher die Vermittlung des Kontakts, das schnelle Kennenlernen findet sie aufregend. „Auf Tinder wird sehr ehrlich mit den Absichten umgegangen.“ Man sagt geradeheraus, ob man Interesse an einer Beziehung oder Sex hat, denn was nicht eindeutig klargemacht wurde, kann zu Missverständnissen führen.

Nach dem ersten Treffen entscheidet sich: Gibt es ein zweites Date? Bevor sie ihren Freund kennengelernt hat, hat sie viele lustige und interessante Bekanntschaften mit ganz unterschiedlichen Menschen gemacht. So richtig gefunkt hat es aber nie. Und auf einmal war da Ben. Dieses Mal eine klare Antwort auf die Frage nach einem zweiten Date. Es kribbelt und macht Spaß, sich zu sehen und langsam wird es immer mehr eine Beziehung. Für sie ist es auch nichts Ungewöhnliches, dass sie sich über Tinder kennengelernt haben. Viele stutzen dann eher über den Altersunterschied, denn es trennen sie neun Jahre.

Symbolbild

Und genau deshalb hat Tinder den Zweck von Evas Anmeldung erfüllt. Sie wäre Ben im Alltag nie über den Weg gelaufen. Eva studiert und ist am Nachmittag gerne mit ihren Freundinnen unterwegs, Ben arbeitet und kommt erst abends nach Hause Sie wohnt in Schwabing und Ben in Sendling. Am Wochenende zieht Ben mit seinen Kumpels von Bar zu Bar, während Eva lieber im Club tanzen geht. Es gibt kaum Überschneidungen in den individuellen Aktivitäten der beiden.

Durch wen oder was das Kennenlernen stattgefunden hat, spielt heutzutage eine geringe Rolle, findet Eva: „Letztendlich spielt Aussehen und Ausstrahlung eben doch eine große Rolle bei der Anziehung zweier Menschen. Ob man sich nun auf der Tanzfläche oder auf einem Foto das erste Mal sieht, ist bei Weitem nicht so wichtig wie das erste Date. Darauf kommt es an!“ Abgesehen davon, dass Tinder eine mobile Variante des Online-Datings darstellt, sind Evas Erfahrungen damit auf die meisten Partnersuche-Portale oder -Dienste im Internet zu übertragen.

 

Aus dem Archiv: Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Printausgabe 21 im Wintersemester 2015/16. Alle Artikel aus der Archiv-Reihe lest ihr hier.

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