Unileben

Zwischen Laptop und Leben

Die letzten Jahre waren nicht nur im Hinblick auf die Corona-Inzidenz eine einzige Achterbahnfahrt, auch für Studierende schien die g-Kraft zum Teil außer Kontrolle gesetzt.  Ein Kommentar über die Gratwanderung zwischen Laptop und Leben. 

Ein für viele vertrauter, wenn auch ferner Anblick. Foto: Max Fluder

Von Johanna Mayer 

Ein momentan überall zu findendes Szenario: Resignierte Studierende, die haareraufend in scheinbar stillen und streng geheimen Nischen der LMU über ihren Laptops brüten, jedem Vorbeigehenden einen höchst kritischen Blick zuwerfen und gleichzeitig versuchen eine fachliche Zoom-Diskussion mit dem Prof sowie einem Dutzend Kommiliton*innen zu führen. Was so dahin geschrieben fast schon amüsant anmutet, stellt für viele Studierende den Endpunkt des Erträglichen dar. Und das liegt nicht nur an den lernbehindernden Rahmenbedingungen der oben beschriebenen Situation.

Die Sehnsucht nach der utopia universitas

Die Corona-Pandemie treibt die Gesellschaft an ihre Grenzen. Egal, ob es sich hierbei um die Betten auf den Intensivstationen, um die finanzielle Lage der Kunst- und Kulturtreibenden oder um die immer instabiler werdende psychische Gesundheit jedes Einzelnen handelt: Wir befinden uns in einer absoluten Ausnahmesituation, die jederzeit inzidenzbedingt kippen und sich verschlimmern kann. Nichtsdestotrotz sind Leben und Studieren für junge Menschen eine Zumutung geworden, was die Politik allerdings völlig ignoriert. Die junge Generation, die Zukunft unseres Landes, wird in diesen Tagen der Pandemie genauso behandelt wie es schon im Angesicht der Fridays-For-Future–Bewegung der Fall war: Sie wird nicht ernst genommen, aus der politischen Debatte verbannt und meist gar nicht erst angehört. Während die Studierenden in den letzten Semestern völlig in den Tiefen der digitalen Lehre und somit von der Bildfläche der öffentlichen Diskussion verschwunden waren, konnte in diesem Semester unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen immerhin etwas Präsenzunterricht an den Universitäten angeboten werden. Was die Situation allerdings nur verschärft. Während man sich in der reinen Online-Lehre zumindest einredete, dass zahlreiche Zoom-Meetings den Präsenzbetrieb ersetzen könnten, wird nun, wo Online und Präsenz im direkten Vergleich aufeinandertreffen, die tiefe Kluft zwischen den beiden Lehren mehr als deutlich: Zoomkacheln werden nie echte Menschen ersetzen können, der graue Laptop nicht die belebten Straßen von Maxvorstadt, der passive Rückzug hinter stumme Mikrofone und bildlose Kameras nicht das Anwesend-Sein und Teilnehmen in den Gemäuern der LMU. Man scheint zwar zumindest teilweise wieder ins Studierendenleben (so etwas soll es einst gegeben haben!) zurückgekehrt zu sein, doch gleichzeitig hat man das Paralleluniversum Zoom immer noch nicht hinter sich gelassen.

Die Frage nach dem Wie

Ein Übergangsstadium, das die Student*innen in eine nicht völlig passive, aber ebenso nicht ganz aktive Rolle zwängt – und die Idee der Bildungsstätte Universität nur noch ferner und utopischer erscheinen lässt. Dass die Omikron-Welle die komplette Öffnung der Universitäten wohl bis auf weiteres verhindern wird, dass Onlinelehre und Digitalisierung auch viel Positives mit sich gebracht haben, dass jeder und jede – nicht nur Studierende – unter den Beschränkungen leiden – dies alles soll nicht verschwiegen oder verharmlost werden. Dennoch: Wie lange sollen wir noch ruhig in unseren Zoomkacheln verharren und auf ‘s Leben warten, das zum Greifen nahe erscheint? Eine Frage, auf die es keine Antwort gibt. 

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...