Der LMU-Vizepräsident, welcher vor wenigen Jahren als Protagonist in einem Verschwendungsskandal für Negativschlagzeilen gesorgt hat, wurde dieses Jahr vom Hochschulrat wiedergewählt.
Von Samuel Kopp
Für die Ludwig-Maximilians-Universität war es der größte Skandal der vergangenen Jahre: Im Sommer 2020 wurde publik, dass der Bayerische Oberste Rechnungshof mehrere Fälle von offensichtlicher Geldverschwendung an der LMU beanstandet hatte, darunter unnötige Tagungsreisen nach Venedig und Besuche in Edelrestaurants. Für besondere Empörung sorgte damals der Fall eines LMU-Vizepräsidenten, der sich Taxifahrten für insgesamt 64.000 Euro hatte erstatten lassen. Sogar die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen des Verdachts der Untreue, stellte das Verfahren aber gegen eine Zahlung von 1.500 Euro ein. Auch ein Disziplinarverfahren der Landesanwaltschaft wurde 2021 aufgrund geringer Schuld gegen Überweisung eines mittleren vierstelligen Betrags an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt. Zwar wollte der Vizepräsident diese Zahlungen ausdrücklich nicht als Eingeständnis verstanden wissen, etwas falsch gemacht zu haben, doch das „Bild einer abgehobenen Elite an der LMU-Spitze“ (Süddeutsche Zeitung) war in der Welt.
Die Wahl der Vizepräsident*innen
Der beschuldigte Vizepräsident selbst aber blieb auf diese Weise nicht nur von juristischen Konsequenzen verschont, sondern musste auch seinen Posten im Präsidium entgegen mancher Forderung nicht räumen. Ganz im Gegenteil: Er wurde Ende Juni dieses Jahres turnusgemäß im Amt bestätigt.
Die Vizepräsident*innen der LMU werden ebenso wie der Präsident selbst vom Hochschulrat gewählt, der je zur Hälfte aus Mitgliedern des Senats und externen Personen aus Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft besteht. Während für den Präsidenten und den für die Verwaltung zuständigen Vizepräsidenten eine Amtszeit von sechs Jahren festgelegt ist, müssen die übrigen vier Vizepräsident*innen alle drei Jahre gewählt werden, was zuletzt am 30. Juni 2022 geschah.
Wie Martin Hose, Professor der Gräzistik und ehemaliger Senatsvorsitzender, erklärt, unterbreitet der Präsident dem Hochschulrat vor der Wahl einen Komplettvorschlag von vier Personen für die zu besetzenden Posten, dem der Hochschulrat in der Regel folge. LMU-Präsident Bernd Huber scheint mit seinem Präsidium zufrieden gewesen zu sein, denn auf seiner Vorschlagsliste gab es keine Neubesetzungen; sie wurde mit 19 von 20 Stimmen angenommen.
Kontroverse im Hochschulrat
Damit wurde auch jener Vizepräsident im Amt bestätigt, der dem Ruf der Universität durch seine bekannt gewordenen Taxifahrten und die damit verbundene Berichterstattung nicht unerheblich geschadet hatte. Und tatsächlich ging diese Personalie anscheinend nicht ganz reibungslos durch den Hochschulrat, sondern führte zu einer durchaus kontroversen Debatte, wie der aktuelle Vorsitzende des Senats, Professor Peter Conzen, Philtrat gegenüber bestätigt. Aufgrund der Tatsache, dass die Angelegenheit für den Vizepräsidenten letztlich keine rechtlichen Konsequenzen nach sich gezogen hatte, habe man sich dann aber doch zu dessen Wiederwahl entschlossen. Alles andere wäre einer Verurteilung durch den Hochschulrat gleichgekommen, gibt Conzen zu bedenken. Das habe man sich nicht anmaßen wollen. Diese Entscheidung halte er für richtig, bekräftigt der Senatsvorsitzende, auch wenn er das Verhalten des Vizepräsidenten in besagtem Fall natürlich nicht gutheiße.
Diese Argumentation wirft nun allerdings die Frage auf, ob denn wirklich nur eine straf- bzw. disziplinarrechtlich und nicht vielmehr auch eine moralisch weiße Weste das entscheidende Eignungskriterium für ein so hohes Amt darstellen sollte. Ebenso erscheint zweifelhaft, ob es im Sinne des demokratischen Prinzips einer Wahl sein kann, wenn die Wiederwahl der vorgeschlagenen Kandidat*innen derart selbstverständlich erfolgt, dass es einer persönlichen Verurteilung gleichkommt, wenn diese ausbleibt.
Doch noch eine weitere Erwägung spielte laut Conzen bei der Entscheidung des Hochschulrats eine Rolle: Dass es sich nämlich bei dem betreffenden Vizepräsidenten um eine Person handele, die sich, von dem bekannt gewordenen Fehltritt abgesehen, in diesem Amt über Jahre sehr um die LMU verdient gemacht habe. Inwieweit dies zutrifft, lässt sich aufgrund der weiterhin bestehenden Anonymität des Präsidiumsmitglieds natürlich nicht sinnvoll beurteilen. So bleibt nur zu hoffen, dass der Hochschulrat bei seiner Wahl in erster Linie das Wohl der Hochschule im Blick hatte.