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Das sind die Pläne der Parteien für die Zukunft der Uni

Diese Woche wird der Bundestag neu gewählt. Was das für Hochschulen und Studierende bedeuten könnte.

Etwa 60 Millionen Menschen in Deutschland können am Sonntag ihre Stimme abgeben, unter ihnen auch viele Studierende und Hochschulangehörige.Foto: webandi, pixabay

Von Michael Kister und Max Fluder

Hochschulpolitik ist eindeutig Sache der Bundesländer, da gibt es nur wenig dran zu rütteln. Trotzdem: Wie die Uni von morgen ausschauen soll – das wird auch im Bundestag entschieden. Denn der Bund ist einer der größten Förderer der deutschen Universitäten. Zudem sind das BAföG und andere, das Uni-Leben betreffende Regelungen von der Bundesgesetzgebung abhängig. Darum hat sich philtrat angeschaut, was die Wahlprogramme der Parteien über die Zukunft der Hochschulen zu sagen haben.  

Das will die SPD

Die Bundes-SPD ist erstaunlich wortkarg, was die Zukunft der Hochschulen anbelangt. Anders sieht es allerdings in den Wahlprogrammen der Bundesländer aus – etwa im Wahlprogramm der SPD in Berlin, wo am 26. September neben dem Bundestag auch das Landesparlament („Abgeordnetenhaus“) neu gewählt wird.

Das Programm der Bundes-SPD ist weniger konkret als das anderer Parteien. Einige Punkte lassen sich aber festhalten: Angehende Wissenschaftler*innen sollen für ihre Arbeit fair entlohnt werden und durch Beschäftigungsmöglichkeiten fernab der Professur eine berufliche Zukunft anstreben können. Die SPD plant einen Sozialtarif, mit dem Studierende günstige Verträge für Internetzugänge erhalten. Zudem soll die Lehre weitgehend digitalisiert und der Wohnheimbau besser gefördert werden. Auch zum Erasmus-Programm bekennt sich die SPD.

Wie andere Parteien auch möchte die SPD das BAföG eltern- und altersunabhängiger gestalten und den Kreis der BAföG-Beziehenden ausweiten. Perspektivisch strebt die SPD eine Rückkehr zum Vollzuschuss an. Mit einem „Neustart-BAföG“ sollen auch Erwachsene, die bereits im Berufsleben stehen, die Chance auf ein Studium haben.

Das will die Union

Nun aber zur CSU, schließlich sind wir in Bayern. Ihr eigenes Programm enthält keine dezidierten Äußerungen zur Hochschulpolitik. Es betont lediglich an einer Stelle die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung und die Notwendigkeit zum lebenslangen Lernen. 

Das findet sich ganz ähnlich auch im gemeinsamen Wahlprogramm mit der Schwesterpartei CDU, doch stößt man dort noch auf einiges mehr. Die Union sieht im BAföG ein wichtiges Instrument, um den Menschen zu jedem Zeitpunkt die Tür zur Bildung zu öffnen. Deswegen will sie auch denjenigen, die älter als 35 sind, diese Förderung gewähren und die vorausgehende Vermögensprüfung elternunabhängig gestalten. Was die internationale Perspektive angeht, sollen Abschlüsse leichter anerkannt werden, indem ein einheitlicher Rechtsrahmen für Hochschulen in Europa geschaffen wird.

Darüber hinaus hat die Union hohe Ziele: Mindestens eine deutsche Universität soll es in die Top 20 der Welt schaffen. Insgesamt betrachtet sie das Thema Hochschulpolitik sehr wettbewerbsorientiert. Der Wissenstransfer von den Universitäten in die Wirtschaft spielt dabei eine wichtige Rolle. Zu diesem Ziel soll die Nachwuchsförderung ausgebaut werden und man will mehr Frauen motivieren, Naturwissenschaften zu studieren.

Das wollen die Grünen

Die Grünen setzen sich für ein eltern- und altersunabhängiges BAföG mit Grundbetrag ein und planen die Einführung eines BAföGs zum lebenslangen Lernen. Dieses „Weiterbildungs-BAföG“ soll vor allem denen zugutekommen, die bisher das Nachsehen hätten: „Frauen, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Behinderungen und alle[n] prekär Beschäftigten.“ Des Weiteren wollen die Grünen eine Bundesvertretung aller Studierenden auf Bundesebene einführen, um die Mitspracherechte zu stärken.

Beratungsangebote für Studierende und studentisches Wohnen sollen gefördert und ausgebaut werden. Konkreter wird es nicht. Über eine Cloud-Infrastruktur, eine weitreichende Digitalisierung des Unibetriebs und Open-Access-Plattformen soll die Lehre moderner und besser werden. Die Uni soll zum Labor für eine klimaneutrale Zukunft werden, Hochschulgebäude dementsprechend gebaut und/oder saniert werden. Angehende Akademiker*innen sollen über bessere Tarife, reformierte Befristungsregeln und ein überarbeitetes Tenure-Track-Programm eine berufliche Zukunft in der Wissenschaft planen können. Besonders Frauen sollen entlastet und gefördert werden, die Grünen wollen eine Zielquote einführen: 40 Prozent Frauenanteil in allen Bereichen.

Einen Absatz widmen die Grünen der Wissenschaftsfreiheit: Bedroht sei die Wissenschaft durch „menschenfeindliche, diskriminierende und verschwörungsideologische Anfeindungen gegen Wissenschaftler*innen“ und durch antidemokratische, wissenschaftsfeindliche Regime im Ausland. (Die Grünen nennen explizit Ungarn.)

Das will die FDP

Das Programm der FDP lässt sich auf drei zentrale Punkte bringen: das Aufstiegsversprechen, Digitalisierung, lebenslanges Lernen. So plant die FDP unter anderem die Reform hin zu einem elternunabhängigen BAföG, das sich abhängig von der Situation der jeweiligen Studierenden aufstocken lässt. 200 Euro pro Monat erhält jede*r, darauf aufbauend soll es zinsfreie, anpassbare Darlehen geben. Ehrenamtliches Engagement soll mit zusätzlichen 200 Euro pro Monat belohnt werden. Mit der Abschaffung der Altersober- und der Zuverdienstgrenze sowie der Einführung eines „Midlife-BAföG“ soll Menschen in allen Lebenslagen ein Studium ermöglicht werden. 

Die Gründung einer European Digital University soll Menschen aus der ganzen EU ermöglichen, sich mittels Online-Formaten fortzubilden. Studierende aus „bildungsfernen“ Haushalten über Initiativen wie arbeiterkind.de und Tutor*innenprogramme Zugang zum Uni-Kosmos erhalten. Darüber hinaus ist im Wahlprogramm das Bekenntnis zur und die geplante Förderung von Diversität in der Wissenschaft verankert. Von Quoten für etwaige gesellschaftliche Gruppen ist keine Rede.

Eine Erwähnung findet die vermeintliche Cancel Culture an deutschen Universitäten – gegen diese will die FDP im Namen der Wissenschaftsfreiheit angehen. Außenpolitisch relevant ist die Forderung der Partei, den Einfluss Chinas und die Arbeit der vom chinesischen Staatsapparat finanzierten Konfuzius-Institute an deutschen Unis zu beleuchten.

Das will die Linke

Die Linke stellt sich in ihrem Wahlprogramm dezidiert gegen das Ziel, Forschung wirtschaftlich verwertbar zu machen. Dazu will sie eine ausreichende staatliche Finanzierung von Hochschulen, um diese von Drittmitteln unabhängig zu machen. Die Zugangsvoraussetzungen sollen gelockert und jegliche Studiengebühren abgeschafft werden. Beim BAföG will die Partei erstmal so viel wie die Union, aber dann noch einiges dazu: keine Rückzahlungspflicht und Kopplung an Leistungsüberprüfungen mehr. 

Außerdem wird eine Stärkung der demokratisch von allen Hochschulangehörigen gewählten Gremien gefordert. Alle in ihnen vertretenen Gruppen sollen gleich stimmberechtigt vertreten sein.

Wie wir vorgegangen sind – Für diesen Text haben sich die beiden Autoren die Wahlprogramme der Parteien angeschaut, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Bundestag einziehen und eventuell an einer Regierung beteiligt sein werden. Bei der Erstellung des Textes wurde, wo nützlich, auch auf Aussagen und Einschätzungen etwaiger Spitzenkandidat*innen zurückgegriffen.

 

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