Filmreihe

„Babylon Berlin“ – Ach Berlin, du bist so wunderbar!

Kaum eine andere Produktion vermag das Berlin der 1930er Jahre so zum Leben zu erwecken wie „Babylon Berlin“. Eine Rezension zur 4. Staffel der Erfolgsserie.

© Frédéric Batier/X Filme Creative Pool/SKY/ARD Degeto

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von Johanna Mayer

„Ein Tag wie Gold, in den Adern 100.000 Volt, eine Nacht, wie Samt und Seide!
Ein Tag wie Gold, ihr habt doch alles, was ihr wollt, eine Nacht, schöner kann es nicht sein!
Zwei Schritt’ nach links, zwei zurück dann nach vorn.
Jetzt oder nie, wir sind zum Tanzen geboren

Ein Ausschnitt aus „Ein Tag wie Gold“, dem Hit, der in diesen ersten Tagen des Jahres 1931 den Ton in Berlin angibt. Zugegeben, besonders viel zu feiern gibt es – entgegen der Message des  Erfolgsschlagers – zu Beginn der neuen Staffel nicht: Die nationalsozialistische deutsche Arbeiter-Partei erfreut sich immer größerer Beliebtheit, die SA demoliert jüdische Geschäfte, schikaniert Juden auf offener Straße. Es verdichtet sich immer mehr eine dunkle Vorahnung, die am 30. Januar 1933 ihre Erfüllung finden wird. Doch nicht nur das: Die Arbeitslosen-Quote  in der Hauptstadt hat einen neuen Höchststand erreicht, ebenso wie die Kriminalität. Die Bosse der Unterwelt bekriegen sich gegenseitig, immer mehr obdachlose Straßenkinder kommen auf ungeklärte Umstände ums Leben und schließlich schlagen sich SA und SS gegenseitig die Köpfe ein. Gereon Rath (Volker Bruch) und seine Kolleg*innen von der Berliner Polizei haben alle Hände voll zu tun, Berlin in Schach zu halten. Dabei ist zunächst aber nicht klar, auf welcher Seite der Kommissar selbst steht.

Tanz auf dem schon brennenden Vulkan

Getanzt wird zwar nach wie vor (inklusive des Berliner Tanzmarathons, bei dem es schlappe 1000 Reichsmark zu gewinnen gibt!), doch zu solch ekstatisch ausgelassenen Partys im Moka Efti, wie man sie aus den Staffeln 1 bis 3 kennt, reicht es nicht mehr. Zu zugespitzt ist die Lage in der Hauptstadt, zu düster die Vorahnung auf das, was kommen wird.  Nichtsdestotrotz ist die 4. Staffel wohl die bisher beste der gesamten Serie, in der sich über das Glitzern der 1920er Jahre immer mehr der Schatten der 1930er Jahre legt.

Das Berlin, das die Regisseure Achim von Borries, Henk Handloegten und Tom Tykwer hier, inspiriert von Volker Kutschers Roman „Goldstein“, entwerfen, ist so atemberaubend, so lebendig und von einem solch düsterem Glanz, dass man sich seinem Bann nicht entziehen kann. Auch die Handlung ist voll bepackt und läuft geradezu rasant ab, lässt aber doch Zusammenhänge zwischen den einzelnen Handlungssträngen erkennen und glänzt durch hervorragende Detailarbeit. Und dann gibt es da, neben den üblichen Handlungsmustern (wird aus Gereon Rath und Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) nun endlich mal was?), natürlich auch etwas ganz Neues: Einen Diamanten namens Rothschild und einen amerikanischen Juden namens Abe Gold, der nicht nur nach Berlin gekommen ist, um seine Familie zu besuchen.

Von bestechender Aktualität

Die neue Staffel überzeugt aber nicht nur durch ihre Handlung oder ihr Stimmungsbild. Viel mehr fragt man sich beim Schauen, ob man sich hier nun wirklich noch im Jahre 1931 befindet oder ob die Regisseure sich nicht doch etwas Inspiration aus dem Jahr 2023 geholt haben: Die Rechten werden immer rechter, Antisemitismus und Diskriminierung nehmen zu und wer noch nicht aufgegeben hat, versucht verzweifelt, das System am Laufen zu halten. Einmal mehr beweist „Babylon Berlin“, dass es nicht nur stur die Ereignisse von damals wiedergibt, sondern wie aus der Zeit gehoben erscheint, als eine eigene Welt, die durchaus Parallelen zur Gegenwart aufweist. Und die uns einmal mehr zeigt, dass Extreme kein Ausweg aus der Krise sind, sondern vielmehr ihre Ursache.

“Babylon Berlin” hält, was es verspricht: Die neue Staffel ist nervenaufreibend, geradezu mörderisch und dabei zugleich von einer solch herbstlich gefärbten Nostalgie & glänzender Handlungsfülle. Es ist am Ende der letzten Folge nur ein schwacher Trost, dass eine 5. Staffel immerhin schon offiziell bestätigt wurde. Und auch, wenn am Ende der 4. Staffel für die Figuren alles noch glimpflich abgelaufen ist: Die Schatten, die die 30er Jahre über Berlin werfen, werden immer länger.

 

Die 4. Staffel von „Babylon Berlin“ ist noch bis 14.2.2024 auf der ARD Mediathek frei als Stream verfügbar.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...