Filmreihe

„One Piece” – Die Odyssee jetzt auch auf Netflix

Der sicherlich berühmteste Anime Japans ist nun auch eine Netflix-Serie. Ist der Wechsel von Zeichentrick zu Live Action so gelungen wie von vielen Fans erhofft?

One Piece ist ein Imperium, das nicht nur eine Serie und Mangareihe hervorgebracht hat, sondern auch Anime-Filme und Figuren. © Culture Japon

Von Nina Geßner

Der Erfinder und Manga-Artist hinter dem Kult-Produkt „One Piece” ist Eiichiro Oda. Seit 1997 arbeitet er wöchentlich an neuen Kapiteln des Comics, die in der Zeitschrift Weekly Shōnen Jump veröffentlicht werden. Diese Kapitel ergeben mittlerweile über 100 Manga-Bände. Seit 1999 wird zudem ein Anime, basierend auf dem Manga, ausgestrahlt und es scheint, als wäre kein Ende in Sicht. Der letzte große Handlungsstrang des Animes, „Wano Arc“, begann 2018 und endete erst vergangenes Jahr im Manga. Insgesamt umfasst Wano alleine mehr als 100 Kapitel, 16 gesamte Bände, und bis jetzt schon 133 Episoden. Zusammengefasst: One Piece ist ein Epos, zu welchem jetzt ein weiteres Format dazukommt, die Netflix Live Action Serie. Es ist nicht überraschend, dass viele dieses riesige Unterfangen schon vorab skeptisch beäugt haben. Schließlich will die Serie große Fußstapfen füllen.

Piraten, Schwertkämpfe und Schätze

In “One Piece” selbst dreht sich alles um Piraten, meist etwas edler und mit besseren Zähnen ausgestattet als ihre realen Vorbilder. Sie kämpfen gegen die Marine, gegen ihresgleichen und immer mit dem Ziel, den größten Schatz der Welt, das One Piece, als erste zu erreichen. Dieser stammt vom ehemaligen Piratenkönig Gold Roger, der bei seiner Hinrichtung die ganze Piratenwelt zur Suche nach dem One Piece aufgerufen und somit auch das „Zeitalter der Piraten” eingeleitet hat. Diesen Schatz verfolgt auch der angehende Piratenkönig und Strohhutträger Ruffy, obgleich er weder eine Crew noch ein Schiff hat. In acht Folgen zeigt die Live Action Serie die Anfänge der „Strohhutpiraten“. Nachdem unsere Hauptfigur Ruffy von Zuhause aufbricht, sammelt er immer mehr Mitreisende um sich: den Schwertkämpfer Zoro, die Diebin Nami, den Lügenbaron Lysop und schließlich auch den Koch Sanji. Zusammen bekriegen sie die Marine, deren Offiziere und natürlich auch andere Piraten. Sie streben das Ziel an, endlich die Grand Line zu erreichen; einen Abschnitt des Meeres, an dem sich die gefährlichsten Abenteuer abspielen und der beste Ort, um die Suche nach dem One Piece zu beginnen.

Die Inhalte dieser Serie zusammenzufassen ist schwierig, gerade weil es so viel davon gibt. Das scheint auch die größte Herausforderung für das neueste Projekt zu sein, denn wie fasst man in 8 Folgen so viel wie möglich zusammen, ohne dabei die Zuschauenden zu verwirren? Veränderungen am Originalmaterial sind dabei selbstverständlich, auch wenn diese teils von Ungenauigkeiten und Inkonsistenz durchsetzt sind. Diese reichen von fehlenden Erklärungen zu den Grenzen und Möglichkeiten der Teufelskräfte (Wieso wird das Limit der Fähigkeiten von dem Piraten Buggy nie so ganz klar?) bis hin zu dem absurden Set-Design der Villa von Lysops Freundin Kaya (als hätten Olivia Rodrigo, Tim Burton und Jane Austen zusammen ein Kind bekommen). Hier zeigt sich der Vorteil der Anime-Produktion: Nichts ist unmöglich, man muss ja schließlich keinen Naturgesetzen folgen und braucht kein großes Budget. Bei der Netflix Serie wird offensichtlich, dass man an gewissen Stellen Kosten sparen musste, um genug Geld für das Design und die Postproduktion übrig zu haben. Die Crux eines solchen Projektes wird somit schon zu Beginn offensichtlich: Der Umfang ist riesig und die Möglichkeiten alles umzusetzen gering. Klar, denn schließlich kostet eine Anime-Folge etwa 80 bis 100 Tausend US-Dollar, die Netflix Serie hingegen 18 Millionen pro Episode.

Ein weiterer Unterschied der zwei Produktionen: Während der Anime in seinen 25-minütigen Folgen oftmals kaum bis keine relevante Handlung hat, ist die Netflix Serie das komplette Gegenteil. In einstündigen Folgen passiert teils unglaublich viel, teils muss der Zuschauer jedoch auch langatmige und, zugegeben, etwas einschläfernde Rückblicke durchhalten. Ebenso ermüdend ist die Formel der Folgen: Ein Story Arc aus der East-Blue-Saga (hier sind die einzelnen Handlungsstränge gemeint, die die oben erwähnte Crew zusammenführen), ein weiterer Flashback, vielleicht sogar ein Kampf, eine neue Figur, und dann wieder von vorne…

Stimmige Nostalgie

Man kann viel über die Schwachstellen dieser Serie reden, wenn man das denn möchte. Eine kostspielige Netflix Produktion heißt eben nicht automatisch, dass die ehrgeizigen Vorhaben dieser Adaption auch gelingen würden. Viele Veränderungen funktionieren in dem Live Action Format eben nicht so wie im Anime. Trotzdem schafft es diese Serie zu unterhalten und einen auf eine ganz neue Art von „One Piece” zu überzeugen. Das Schönste an der Serie: die Stimmung. Ob wegen des Set-Designs oder der imposanten Schiffe, die Umsetzung der Anime-Welt sorgt dafür, dass man einfach nicht wegschauen kann.

Die Serie löst in vielen vor allem Nostalgie aus, nach den alten Zeiten, in denen „One Piece” noch im East Blue spielte, die Mannschaft noch aus fünf Personen bestand und eine Storyline keine fünf Jahre andauerte. Dabei kann man auch über die vielen Ungereimtheiten, den Kitsch – wie die dramatischen und ausführlichen Erklärungen zur Treue und Freundschaft nach gerade einmal 7 Folgen – und Cringe – einfach jede Szene des Marinesoldaten Korby mit dessen Vorgesetzten Garp – hinwegsehen. Darüber hinaus ist es eine einfache und solide Einführung in eine sonst eher verwirrende und komplizierte Geschichte, sofern man nicht zu viel erwartet.

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