Filmreihe

„Niemals allein, immer zusammen“ – Aktivist*innen dieses Landes, vereinigt euch!

Die Dokumentation „Niemals allein, immer zusammen“ von Joana Georgi erzählt aus dem Alltag fünf junger Menschen in Berlin, die sich in sozialen und ökologischen Bewegungen engagieren. Dabei schiebt der Film vor allem einen Gedanken immer wieder in den Vordergrund: Wenn die politische Linke wieder eine relevante gesellschaftliche Kraft werden möchte, muss sie ihre Kämpfe verbinden.

Von Luka Kraft; Bilder: © Neue Visionen Filmverleih GmbH

Die Berliner Krankenhausbewegung, Fridays for Future oder Deutsche Wohnen & Co. enteignen: Der deutschen Linken mangelt es nicht an Bündnissen und Protestbewegungen. Doch nicht zuletzt die Europawahl 2024 hat erneut deutlich gezeigt, dass ihre Ideen in Deutschland zurzeit keine nennenswerte Rolle spielen.

Der Alltag junger Aktivist*innen

Nun kam mit „Niemals allein, immer zusammen“ ein hoffnungsvoller Film in die Kinos, der linke Ansätze wieder in den Mittelpunkt rücken will. Dafür liefert er nicht nur inspirierende Bilder aus dem Alltag fünf junger Aktivist*innen, sondern zeigt auch Strategien auf, wie das gute Leben für alle erkämpft werden kann.

Die Dokumentation beginnt Anfang 2022: In einer Berliner Wohnung sitzen an einem Esszimmertisch in gemütlicher Runde die fünf Protagonist*innen. Quang Paasch engagiert sich bei Fridays for Future, Zaza ist der Teil der Berliner Krankenhausbewegung, Feline ist in antirassistischen Kämpfen aktiv, Patricia Machmutoff kämpft bei Deutsche Wohnen & Co. enteignen und Simin Jawabreh engagiert sich für abolitionistische Ideen. Gemeinsam trinken sie Tee und diskutieren über ihre politischen Ideen und ihren Aktivismus.

Beginnend mit Feline gewährt der Film Einblicke in den Alltag der jungen Aktivist*innen. Feline steht in der Küche und backt eine Torte mit den Gesichtern der neun Opfer des rechtsextremen Attentats in Hanau. Unter @thecommiemami veröffentlicht sie in den Sozialen Medien regelmäßig Bilder von ihren Kuchen mit politischen Botschaften. Während sie die Portraits der Anschlagsopfer zeichnet, spricht sie mit ihrer Tochter über Rassismus und über gesellschaftliche Klassen. Alleinerziehende Mutter zu sein, hat sie politisiert. Anschließend trifft sich Feliné mit ihren Genoss*innen zur Demonstration in Gedenken an die rassistischen Morde in Hanau.

Podiumsdiskussionen 

Der Aktivist Quang Paasch posiert vor dem Ernst-Thälmann-Denkmal in Prenzlauer Berg. Eine Freundin knipst Pressefotos für seine Veranstaltungsreihe in der Urania Berlin. Dort organisiert er Podiumsdiskussionen mit Aktivist*innen aus sozialen und ökologischen Bewegungen. Außerdem ist Quang Pressesprecher bei Fridays for Future. Dabei hätten ökologische Fragen in seiner Erziehung eigentlich nie eine Rolle gespielt, erzählt er. Energiesparen sei höchstens eine Frage des Geldes und der migrantischen Erziehung gewesen. Um der Lebensleistung seiner vietnamesischen Eltern Tribut zu zollen, hat er eine Diskussion zu rechten Strukturen im Osten organisiert. Seine Eltern seien in der DDR als Vertragsarbeiter oft mit antiasiatischem Alltagsrassismus konfrontiert gewesen und hätten auch die Pogrome im Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen miterlebt.

Auch bei den anderen Protagonist*innen nimmt sich der Film immer wieder Zeit, um von ihren persönlichen Lebensumständen zu erzählen. Es geht um Familie, Zukunftsängste, Erfahrungen mit Rassismus, aber vor allem um die wertvolle Zeit mit Freunden und Gleichgesinnten, die die jungen Aktivist*innen neuen Mut schöpfen lässt.

Eine neue linke Generation: Patricia, Quang, Simin und Zaza (v.l.n.r.) auf dem Marx-Engels-Denkmal in Berlin.

Am Ende lassen die Aktivist*innen ihr bisheriges Engagement Revue passieren. Sie reflektieren ihre politische Arbeit und diskutieren über die fehlende Schlagkraft sozialer und ökologischer Bewegungen. Vor allem die splitterhafte Organisation innerhalb der deutschen Linken wird von ihnen als Problem ausgemacht. Simin Jawabreh sieht die Skepsis gegenüber einer festen Überstruktur innerhalb der linken Szene auch als Ergebnis des autoritären Systems der DDR. An dieser Stelle appellieret Feline an das Publikum in der Urania und an den Zuschauer, während sie in die Kamera schaut: Wer das Leben gerechter machen will, muss sich organisieren und seinen Kampf mit anderen verbinden.

Aufruf zur Organisation

Diese zentrale These des Films wird durch seine Struktur unterstützt. Der erste Teil zeigt vor allem positive Szenen aus dem Alltag fünf junger Berliner*innen. Diese erfrischenden Bilder von engagierten Menschen werden unterstützt durch Einblendungen von Social-Media-Elementen, linken Protestsongs und emotionalen Reden wie die von Simin Jawabreh auf der Feier zu zehn Jahren Oranienplatz-Besetzung.

Erst gegen Ende der Dokumentation wird die Ohnmacht der deutschen Linken gegenüber den aktuellen Problemen thematisiert. Die Regisseurin verknüpft diese Szenen geschickt mit dem Schlussappell von Simin, dass kollektive Organisation das gute Leben für alle möglich machen kann. So schafft es der Film, dass die Zuschauer*innen, inspiriert von fünf jungen Menschen, hoffnungsvoll und mit der Motivation, selbst politisch aktiv zu werden, den Kinosaal verlassen.

„Niemals allein, immer zusammen“ kam am 13. Juni 2024 in die deutschen Kinos. Im Vertrieb von Neue Visionen Filmverleih GmbH. 91 Minuten.

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