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Pause machen und stöbern

Zwei Jahre standen die Räume der ehemaligen Buchhandlung Frank nun leer, zwei Jahre suchte die LMU einen neuen Mieter in der Schellingstraße 3. Nun ist Bewegung in die Sache gekommen. Neuer Mieter ist ein bekannter Münchner Gastronom, der schon in wenigen Wochen eine Buchhandlung mit neuartigem Konzept eröffnet.

2014-09-18 10.40.45Nein, eine Tür reicht nicht. Die eine muss weiter rechts oder links, jedenfalls so, wie es geplant war, geht es nicht. Michael Kern raucht, gibt Anweisungen, streichelt seinen Hund, erklärt, raucht, während sich Handwerker, Reporter und LMU-Mitarbeiter die Klinke in die Hand geben. Über mangelnde Beschäftigung kann er sich in den letzten Tagen nicht beklagen.

Vergangene Woche unterschrieb er einen Mietvertrag mit der LMU über die ehemaligen Räume der Buchhandlung Heinrich Frank in der Schellingstraße 3. Die Universität war vom Konzept von Kern und seinem Geschäftspartner, dem Architekten David Walker, überzeugt. Nun muss es schnell gehen, alles soll bis Semesteranfang am 6. Oktober fertig sein. Ein Handwerker schüttelt den Kopf. Einfach alles über den Haufen werfen, so einfach gehe das nicht, die geplante Lösung passe dann nicht mehr. Kern nimmt das mit einem Lächeln: „Ja dann macht es halt so, dass es passt.“

In drei Wochen von der Baustelle zu einem Ort der Begegnung? Ganz vorstellen kann man sich das im Moment noch nicht. Die Studenten hatten sich an sich auch schon an die Dauerbaustelle gewöhnt. Im Juli 2012 wurde bekannt, dass die alteingesessene Universitätsbuchhandlung Frank, die vorher hier beheimatet war, Insolvenz anmelden musste. Für viele Studenten, die hier ihre Seminarliteratur kauften und denen die Angestellten ans Herz gewachsen waren, war das ein Schock. Zu groß war jedoch inzwischen die Konkurrenz aus dem Internet. Ab dem Wintersemester 2012/13 wurde der Betrieb eingestellt, seitdem standen die Räume leer.

Nun soll wieder eine Buchhandlung einziehen. „Das war das erklärte Anliegen der LMU“, sagt Kern, der sich bisher in München einen Namen als Gastronom und Clubbesitzer gemacht hat. Für das Buchgeschäft hat er sich Expertise von außerhalb geholt. „Das Konzept der reinen Buchhandlung ist aber hier nicht mehr tragfähig, das hat man an der Buchhandlung Frank gesehen“, erklärt Kern, der sich im Vorfeld auch ausgiebig mit dem ehemaligen Betreiber Martin von Rudloff ausgetauscht hat.

2014-09-18 10.46.37Aus diesem Grund sind viele Veränderungen geplant: Der Bestand an wissenschaftlicher Literatur soll von ca. 15.000 Titeln auf 5.000 bis 6.000 reduziert werden. Stattdessen wird es ein breites Sortiment an internationalen Zeitungen und Zeitschriften geben. Abgerundet wird das Konzept von einer Kaffeetheke mit Sitzbereich, der etwa ein Drittel der Ladenfläche einnehmen soll. „Die Studenten sollen hier auch mal Pause machen und stöbern können, ohne etwas zu kaufen“, führt Kern aus. Nach der Entfernung des Zwischengeschosses ist die Decke nun fünf Meter hoch. Den Betonlook will Kern beibehalten. Dem Raum Wärme verleihen sollen Menschen und Einrichtung. Letztere wird gerade von einem Schreiner eigens angefertigt, der sich dabei an Arbeiten des italienischen Designers Enzo Mari orientiert. Dieser hatte in den 80er Jahren dazu aufgefordert, seine Werke nachzubauen, damit sich auch Normalverdiener Designermöbel zulegen konnten.

2014-09-18 10.46.12Auch für Veranstaltungen soll der Laden zur Verfügung stehen, für Lesungen etwa oder Performances. Die Lautstärke hält sich bei kulturellen Events meist in Grenzen. Außerdem gebe es in der Umgebung kaum Anwohner, sagt Kern. Das Kreisverwaltungsreferat zeige sich bisher äußerst kooperativ. Theoretisch könnte der Coffeeshop sogar 23 Stunden geöffnet sein. Bücher dürften zwar nur bis 20 Uhr verkauft werden. Solange jedoch kein Alkohol ausgeschenkt wird, muss nur die sogenannte „Putzstunde“ eingehalten werden. Ansonsten sei das Lokal „genehmigungsfrei“, erklärt Kern und lacht. „Das ist mein neues Lieblingswort.“

 

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