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Merhaba, Baklava und Traumata (5): Eine Reisekolumne von Leonie Stoll

Eine Kolumne über die Achterbahnfahrt der Kulturen, Erfahrungen und Lernprozesse meiner letzten 5 Lebensjahre. Komm mit zu den unterschiedlichen Stationen meiner beruflichen und persönlichen Reise durch die ganze Welt – neben meinem Online-Studium.

Text und Bilder: © Leonie Stoll

Neues Hotel, neues Glück? Ein holpriger Start und Wochen voller Eventplanung und Sonnenbränden

Ich muss ehrlich gestehen, dass es mir zuerst nicht leicht fiel, beruflich wieder in die Sphären der Hoteliers einzutauchen: ständig Gastgeber zu sein, immer unter Beobachtung sowie Bewertung zu stehen und dann noch der Druck des Dauerstrahlens… Im mehr als fairen Tausch gegen dreimal täglich Buffet-Essen und Sommer, Sonne, Sonnenschein all day long.

In der Türkei sollte ich alle Aktivitäten für die jüngsten Gäste des Hotels organisieren. Das war der nächste Schritt auf der Karriereleiter nach meinem Einstieg als Kinderanimateurin, ein unterm Strich sehr erfüllender Job für mich. Egal ob eine Schatzrallye zu Halloween oder der wöchentliche Rutsch Contest, ich baute mir wieder meine kleine, chaotische Blase rund um den bunten, familienfreundlichen Urlaubsspaß.

Mein Leidensweg mit der türkischen Behörde und dem asiatischen Internet 

Auch muss man sagen, ich war schon etwas voreingenommen der Türkei gegenüber, bevor ich überhaupt dort ankam. Und zwar aus konkreten Gründen. Zuerst dachte ich mir – als von zumindest halbwegs planbaren und zuverlässigen Behörden verwöhnte Deutsche – nicht viel dabei, als es hieß, ich müsste ein Visum für die Türkei beantragen. Ein zu erwartender Zeitraum für die Dauer der Bearbeitung des Visums von acht Wochen wurde mir genannt und diesen plante ich auch ein, was meine Kündigung beim vorherigen Job und meine Umzugsorganisation betraf. So weit, so gut.

Steine sammeln und bemalen ist wohl an jedem Ort und zu jeder Zeit ein Klassiker in der Kinderbetreuung.

Jedoch sollte ich im Endeffekt drei geschlagene Woche länger als geplant auf heißen Kohlen sitzen und auf die Einreiseerlaubnis warten. Diese Zeit als Kellnerin in einem vietnamesischen Sushi Restaurant überbrückend – aber eigentlich nur ständig Mails-erwartend auf mein Handy starrend – gehört nicht zu den schönsten meines Lebens. Und nebenher hatte ich mich auch noch mit dem Thema ,,Handyvertrag außerhalb der EU“ zu plagen – ein sehr kostenintensiver und zeitaufwendiger Prozess. Meine Lektion an der Stelle lautet: eine zweite, elektronische SIM-Karte ist definitiv kostensparender und nervenfreundlicher als zig Telefonate und Beratungen mit dem Telefonanbieter.

Das Besondere an meiner Anstellung in der Türkei war, dass ich die Ehre hatte, einen neuen Standort meiner Hotelkette mitzueröffnen. Für mich bedeutete das zwar auch, dass ich – wie alle Angestellten – die ersten drei Wochen der Saison nicht in unserem Mitarbeiterwohnhaus, sondern in angemieteten Hotelzimmern schlief und erstmal mehr Möbel schleppte als Gäste bediente. Dennoch war es ein besonderes Gefühl, in neuen Räumen voller frischer Möglichkeiten zu arbeiten und stolz das zu präsentieren, was man eigenhändig mit aufgebaut hatte.

Nasılsın?? Die Türken zwischen Hilfsbereitschaft und Perfektionismus

Meine direkten Kollegen im Bereich der Animation stammten alle aus Deutschland, wenn es dann aber um die Umsetzung von Events und dem täglichen Gästefeedback ging, kam ich auch mit anderen Abteilungen wie der Rezeption oder der Küche und somit dem türkischsprachigen Personal in Kontakt. Zusammengefasst, kann ich über die Mentalität, welche mir hier begegnete, nur sagen: ein solches Pflichtgefühl bezüglich der täglichen Arbeit habe ich in Mitteleuropa noch nie erlebt. Was zu erledigen ist, wird erledigt – und nach der Arbeit kommt der Rest. Alle helfen als Team zusammen, den täglichen Workload zu stemmen.

Momente am Strand bieten eine Auszeit vom hektischen Hotelalltag
Momente am Strand bieten eine Auszeit vom hektischen Hotelalltag.

Aber die anfängliche Freundlichkeit kann schnell vorbei sein, wenn Zeichen von Faulheit angedeutet werden. Oder, und das muss ich traurigerweise dazu sagen, wenn Frauen Männern widersprechen. Viel Lachen und eine Portion Baklava als Belohnung gehören aber trotzdem zu jedem Arbeitstag (jedem Arbeitstag in der Sechs-Tages-Woche wohlgemerkt!).

Ich verbringe also einige Monate voller sozial anstrengender, aber endlich mal wieder kinderfreundlicher, kunterbunter Arbeit und türkischer Meze (Gemüse- und Knoblauchlastige Vorspeisen/Antipasti) im Süden. Bis der Betrieb in die Winterpause geht und auch ich spüre, es soll wieder weiter gehen, beruflich etwas anspruchsvoller werden…

Aber wo und wie? Ich möchte meinen Vitamin-D Haushalt weiter in Balance halten und frage an einem anderen Standort nach einer Anschlussstelle für den Winter. Nach Spanien beziehungsweise Andalusien soll es gehen. Praktisch, da ich in Spanisch Abitur gemacht habe. Und ich darf dieses Mal sogar an der Rezeption starten.

Wie mein erster Versuch in der Welt von Reservierungen, Check-ins und Gästegoodies lief, lest ihr im kommenden Monat.

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