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Mensa und Morphogenese

Aus dem Blickwinkel der Biologie muss die Universität wie ein Biotop ausschauen. Zugegeben: Biologismen sind nie besonders originell. Das Interessante tut sich in diesem Fall aber dort auf, wo die Analogie bis in ihre kleinsten Verästelungen verfolgt wird. Je nach Nutzung lassen sich in jedem Biotop verschiedene Habitate unterscheiden. Ohne Zweifel spielt das Nahrungshabitat „Mensa“ innerhalb des Biotops „Universität“ eine zentrale Rolle. Hier mischen sich (trotz unausgewogener Kost) nicht nur Carnivora, Omnivora und Herbivora zur Nahrungsaufnahme. Auch soziale Bande wird geknüpft und verfestigt, hier wird gemeinsam gelernt, gearbeitet, prokrastiniert.

Nicht selten lassen sich Gruppen von Studierenden beobachten, die unter der Aufsicht von Soziologen oder Psychologen Fragebögen ausfüllen. Die Gesellschaftswissenschaften haben also längst Interesse an dem Habitat gefunden. Sie arbeiten umsichtigerweise auch am Erhalt dieser Quelle wissenschaftlicher Erkenntnis, indem sie mit positiver Verstärkung (Süßigkeiten) das Verhalten der Fragebogenausfüllenden belohnen. Von Biologen wird die Mensa dagegen noch sträflich vernachlässigt. Deshalb möchte ich den Vorschlag unterbreiten, hier noch einmal die strittige These morphongenetischer Felder auf Stichhaltigkeit hin zu prüfen.
Einer Hypothese des britischen Biologen Rupert Sheldrake zufolge gelingt die Reproduktion eines bestimmten Musters besonders gut dort, wo es schon einmal ausgeführt wurde: Ratten finden besser aus einem Labyrinth, umso mehr Ratten vor ihnen schon aus dem Labyrinth gefunden haben, Schulkinder sind erfolgreicher in Klassenräumen, in denen vor ihnen schon Schulkinder erfolgreich waren. Erklärung: Ein wie auch immer geartetes Feld erleichtert die Hervorbringung eines bestimmten Musters. Nun ist die Mensa gerade zu Stoßzeiten von einer jahrmarktsähnlichen Atmosphäre erfüllt, die jede konzentrierte Tätigkeit vereitelt. Doch noch in Trubel und Lärm sind Muster erkennbar, die sich an bestimmten Orten wiederholen. Ich denke an zu Boden fallende Mensatabletts. Oft geraten diese in kürzester Zeit zwei bis drei Mal an genau derselben Stelle aus der feinmotorischen Kontrolle.

Also, liebe Biologen: Fühlt euch eingeladen, dieses Phänomen zu untersuchen!

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