Unileben

Expecto patronum!

Sie hat eine Generation zu einem regelrechten Fan-Fiction-Universum inspiriert. Für ihr Engagement ehrte die Queen sie persönlich. 20 Jahre nach dem ersten Harry-Potter-Band kennt nicht nur jedes Kind den Zauberlehrling – das Werk von J. K. Rowling hat auch Einzug in die Wissenschaft gefunden. Eine Hommage an die Zauberwelt.

© pixabay

Von Lilly Brosowsky

In den letzten zwei Jahrzehnten schrieb J. K. Rowling nicht nur eine der erfolgreichsten Romanreihen. Sondern sie hat auch für all diejenigen, die mit Harry Potter groß geworden sind, ein magisches Paralleluniversum geschaffen. Professor McGonagalls Prognose in Der Stein der Weisen („Er wird einmal berühmt werden – eine Legende – jedes Kind in unserer Welt wird seinen Namen kennen“) hat sich erfüllt. Die Wirkungsmacht der siebenbändigen Reihe beweist nicht nur die generationenübergreifende Begeisterung, sondern auch das wachsende wissenschaftliche Interesse an ihr. Mehr der Unterhaltung diente ein Facebook-Post der LMU vergangenen Herbst, in dem „für etwas mehr Magie im Studium“ Umbenennungen für Studiengänge im Harry-Potter-Stil vorgeschlagen wurden. Doch die Reaktion darauf – über 16 000 Likes – zeigt, dass dieses Thema begeistert.

Dennoch sind in Deutschland Veranstaltungen, die sich mit populären Texten befassen, eine Ausnahme. Professor Markus May vom Institut für Deutsche Philologie hat ein Handbuch über Phantastik verfasst, in dem er darauf hinweist, dass einige Großwerke unserer Zeit zu Unrecht als Trivialliteratur verschmäht werden. Hinsichtlich der Themen Freiheit und Gerechtigkeit liegt der Fokus speziell bei Harry Potter auf dem Kampf gegen Lord Voldemort. Worauf dies abzielt, ist dem Handbuch zufolge auch die Frage nach „Weltordnung und Weltherrschaft“.

Reflektiert werden unter anderem rassistische Grundsätze der Nationalsozialisten, in Form von Doktrinen der Todesser – Voldemorts Anhängern. Gespiegelt wird darin eine gespaltene Gesellschaft und die Bedeutung von Zivilcourage in diesem Kontext – ganz im Sinne des Rumtreiber-Schwurs: „Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin!“ Als Harry in seinen ersten Stunden in Hogwarts Draco Malfoys (prädestinierter Todesser) Angebot, sich der ‚richtigen Seite’ anzuschließen, ablehnt, beweist er diese Tugend par excellence.

Die Frage nach Gleichberechtigung entsteht dabei unter anderem über die Vormachtstellung der Zaubereigemeinschaft gegenüber anderen magischen Wesen. Echter Freiheitspathos entsteht, als Harry den Hauselfen Dobby (ein wie ein Sklave gehaltenes magisches Wesen) beerdigt und ihm die letzte Ehre erweist – im magischen Universum ein beinahe revolutionärer Akt.

„Hier ruht Dobby, ein freier Elf.“

Gerade weil die magische Welt von Harry Potter parallel zu unserer Realität liegt – gleich hinter dem Pub an der Ecke, oder zwischen Gleis 9 und 10 – scheint sie so greifbar. Dabei entfalten die Bücher trotz der teilweise ernsten Themen, die sie verarbeiten, ihre Anziehungskraft durch den Glauben an das Gute und die Hoffnung auf ein Happy End. J. K. Rowlings Werk vermittelt Werte wie Mut, Loyalität, Beharrlichkeit und Ehrgeiz. Dass Kinder noch Jahre nach ihrem elften Geburtstag sehnsüchtig auf ihren Brief aus Hogwarts warten; darin offenbart sich die große Erzählkunst der Starautorin. Rowling hat mit ihrer Zauberwelt eine ganze Generation geprägt, sodass sich bei vielen schon mit den ersten Tönen der Titelmusik ein Gefühl von ‚Zuhause ankommen’ einstellt. Missetat begangen!

Harry Potter und die WhatsApp-Generation: Der erste Band in Emojis © Franziska Stolz

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...