Kulturphilter

Body Talk – Schluss mit heteronormativem Theater!

Von: Laura Späth

Die Frage nach männlich und weiß dominierten Räumen kennt man aus politischen und akademischen Kontexten, beispielsweise aus der Debatte um Frauenquoten oder die Oscarverleihung (Stichwort: #OscarsSoWhite). Doch nun geht es auch dem Theaterbusiness an den Kragen: Vom 14. bis zum 16. Juli öffnen die Kammerspiele ihre Türen, um im Rahmen des Festivals Body Talk. Ein Festival über Körper und Märkte, Geschlecht und Sichtbarkeit im 21. Jahrhundert über Fragen und Perspektiven von Repräsentation, Theater und Gesellschaft zu sprechen – und zu performen.

Die Zeit, in der nur Männer Schauspieler werden dürfen und damit Männer Frauenrollen übernehmen, ist vorbei, inzwischen gibt es auch oft ein Bewusstsein dafür, dass Blackfacing nichts ist außer rassistisch. Das Theater ist progressiv – möchte man meinen. Denn auch wenn sich in den letzten Jahrhunderten viel im Theaterbetrieb gewandelt haben mag, gibt es sie, die Leerstellen, die Menschen, die im Theater nicht oder nur selten repräsentiert sind.
Sie lassen sich gut an einem Beispiel illustrieren, von dem mir Juliane Hahn, Produktionsleiterin bei den Kammerspielen, im Gespräch berichtet: „Wir wollten für das erste Podium sehr gerne auch eine Intendantin haben. Allerdings gibt es bei 156 Stadttheatern insgesamt nur fünf Intendantinnen und wir haben tatsächlich keine Zusage bekommen können. Da ist mir persönlich aufgefallen, dass man zwar versucht, verschiedenen Positionen zu besetzen, an dem Anspruch aber oft trotzdem scheitert.“

gallery_MUKA_BodyTalk_A1_RZEin Zufall ist das nicht. Sowohl hinter als auch vor den Kulissen werden die Leerstellen bei genauerem Hinsehen deutlich sichtbar: „Es ist relativ offensichtlich, dass die meisten Produktionen, die in diesem Haus stattfinden und die man sich allgemein im Stadttheaterbetrieb ansehen kann, weiß, männlich und hetero dominiert sind.“ Also besteht der Bedarf, auf unterschiedlichste Art und Weise selbstkritisch Machtstrukturen im Theaterbetrieb zu thematisieren. Deshalb hat Body Talk es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Strukturen etwas entgegenzusetzen.

Das wird in Form eines sehr vielfältigen Programmes geschehen, das sich aus Konzerten, Theater-Performances und Vorträgen sowie Diskussionsveranstaltungen zusammensetzt. Zu sehen und zu hören sein werden beispielsweise Melanie Jame Wolf, Boiband, Henrike Iglesias, Marlene Monteiro Freitas, Tina Pfurr und Anna Zett, GIESCHEand, Jeremy Wade, Planningtorock und viele andere.
Außerdem gibt es vier Diskussionspanels: eines zu alltäglicher Diskriminierung am Theater, ein anderes zu Sex Work, das Dritte zu sexualisierter Gewalt im öffentlichen Raum und abschließend eines zum schmalen Grat zwischen der Befreiung des Körpers und Optimierungszwang.

Die Idee, sowohl Performances als auch Diskussionspanels anzubieten, habe natürlich einen speziellen Hintergrund, wie Juliane Hahn erklärt: „Bei den Performances haben wir viel international Produziertes eingeladen, was hier bisher noch nicht zu sehen war. Da gibt es dann eine Verschränkung zu den vier Diskussionsangeboten: Wir wollen schauen, welche Performances da sind und über welche Inhalte der Performances wir sprechen können und sollten.“ Es wird also sehr interessant sein, wie in der unterschiedlichen Aufbereitung so schwierige und wichtige Themen Platz finden und wie Performances Diskussionen ergänzen können und umgekehrt.

Alleine die Auftaktveranstaltung am Donnerstag, dem 14. Juli, zu „Unsichtbaren Normen“ verspricht viele unterschiedliche Perspektiven auf diskriminierende Strukturen am Theater: Es werden unter anderem Stefanie Lohaus vom Missy Magazine, Melanie Hinz von der Fachhochschule Dortmund, Wiebke Puls aus den Münchner Kammerspielen, Anta Helena Recke, eine unabhängige Theaterproduzentin, und Theaterwissenschaftlerin Azadeh Sharifi miteinander diskutieren.

Den Anspruch, etwas zu verändern, hat das Festival zwar, doch die Organisierenden wissen auch, dass Body Talk nicht alles sein kann: „Body Talk ist längst noch nicht alles. Aber hoffentlich ein Anfang.“

Das gesamte Programm des Festivals findet ihr auf der Seite der Kammerspiele. Los geht’s am Donnerstag, dem 14. Juli um 19 Uhr mit der oben erwähnten Podiumsdiskussion.

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