Kulturphilter

I Love You Phillip Morris

Die urkomischen Irrungen und Wirrungen eines amerikanischen Trickbetrügers

„This really happened… It really did…“ Diese Worte eröffnen den neuen Film mit Jim Carrey in der Rolle des Steven Jay Russell. Nach einem schweren Autounfall beschließt dieser, nicht länger mit seinem heimlichen Leben als Homosexueller im Verborgenen zu bleiben. Er löst sich von seinem konservativen Leben als Deputy Officer, Familienvater und aktivem Christen in einer Kleinstadt in Texas, um nach Miami zu ziehen, wo er sein Leben in vollen Zügen genießt.

Dabei stellt sich ihm jedoch bald ein entscheidendes Problem: Um auf so hohem Niveau zu leben, wie er es möchte, muss er an Bargeld kommen. Seine Lösung ist genauso simpel wie moralisch fragwürdig: Steven Jay Russell wird ein professioneller Betrüger.

Nach einer Weile endet diese schräge Bahn dort, wo sie hinführen muss: im Gefängnis. Aber wie sich herausstellt, ist Russell nicht nur ein guter Betrüger, sondern auch ein Houdini der Gefängniswelt. Er befreit sich selbst und schließlich auch die Liebe seines Lebens, Phillip Morris (Ewan McGregor), den er dort kennengelernt hat.

I Love You Phillip Morris ist ein großartiger Film. Eine wunderbare Liebesgeschichte voller Höhen und Tiefen, die nur dank der großartigen schauspielerischen Leistung der beiden Hauptdarsteller so glaubhaft wirkt. Jim Carrey überzeugt als liebenswerter Trickbetrüger, der sich für die Liebe über alle Regeln hinweg setzt, und Ewan McGregor zeigt einmal mehr, dass in ihm nicht nur ein Obi-Wan Kenobi steckt. Mit seinem treuherzigen, verwundbaren Blick bringt er Steine und das Herz von Steve Russell zum Schmelzen.

Die andere Seite der Medaille

Aber dieser Film ist nicht nur romantisch und liberal. Was er vor allen Dingen ist, lässt sich am besten als verharmlosend bezeichnen. Sicher, es ist eine bewegende Lebensbeichte und gleichzeitig eine umwerfende Komödie, aber ruft man sich die einleitenden Worte in Erinnerung, sollte man doch zumindest nachdenklich werden. So liebenswürdig Jim Carrey auch Steven Russell spielt, er kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser ein manipulativer Mensch ist, der sich nicht um die Welt und andere schert, sondern nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Dabei sagt er selbst zwar, er würde niemanden verletzen, aber sein verlogenes Verhalten straft ihn allzu oft Lügen.

Wenn ein Film auf einer wahren Begebenheit beruht, so läuft er immer auch Gefahr, dem Zuschauer eine Wirklichkeit vorzugaukeln, die so nie stattgefunden hat oder er bindet seine Sympathien subtil an die Perspektive einer Figur, die diese nicht uneingeschränkt verdient hat. Was im Film komisch wirkt, ist im realen Leben nicht immer zum Lachen. Erzwungener Sex im Gefängnis gibt den ein oder anderen Gag her, ist aber in Wahrheit alles andere als ein lustiger Zeitvertreib. Trickbetrug hat seine witzigen Seiten, ist aber dennoch ein Verbrechen.

Verliert man also die Realität nicht aus den Augen (oder ignoriert die sich ergebende Problematik einfach), so ist I Love You Phillip Morris eine gelungene Kombination aus Lebensbeichte und Komödie, in der zwei herausragende Schauspieler zu Höchstform auflaufen.

(Bild: EuropaCorp)

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