Kulturphilter

„Yes, we Käng!“

Die aktuelle Ausstellung im Amerikahaus bietet einen Einblick in die Geschichte und Entwicklung der Zeitungscomics fernab der bekannten Superheldengeschichten. Woher stammt dieses Medium und wie hat es sich in über 100 Jahren verändert? 

©Daniel König

Von Christopher Bertusch

Anfang Juni bot das Comicfestival München einen Austauschort für die (inter-)nationale freie Comicszene. Im Anschluss daran präsentieren sich in den nächsten Monaten weitere diverse Comicausstellungen in Münchner Kulturstätten wie dem Amerikahaus. Hier wird in „Yes, we Käng!“ die Geschichte der Zeitungscomics thematisiert. Die Ausstellung bietet auf kleiner Fläche einen großen Ausblick: In 6 Bereichen werden an den Wänden des Foyers dutzende Comicstrips, Ausschnitte und Bilder gezeigt, kleine Infotafeln liefern ein breites Arsenal an Geschichten und Kuriositäten.

Geschichte des Comics

Bei dem Wort „Comic“ denkt manch einer vermutlich zuerst an Batman, Superman, Spider-Man oder andere Superhelden aus den Häusern Marvel und DC. Erste Bekanntheit erlangten die Comics aber nicht in den Büchern der maskierten Helden, sondern bereits am Ende des 19. Jahrhunderts in den amerikanischen Tageszeitungen. In kurzen Comicstrips wurden Geschichten über das politische und alltägliche Treiben der Zeit erzählt. In der Ausstellung können die ersten Vorstöße in das damals neue Medium namens Comic betrachtet werden. „Yellow Kid“ (1895) und „The Katzenjammer Kids“ (1897) gelten als die ersten modernen Comicreihen und dürfen daher keinesfalls fehlen. 

Bei einem Gang durch das Foyer gesellen sich weitere Werke zu diesen einflussreichen Vorgängern und es kann verfolgt werden, wie sich langsam erste Regeln etablierten: Während die Anfänge von „Yellow Kid“ noch wie Wimmelbilder oder traditionelle Porträts wirken, wird „The Katzenjammer Kids“ bereits in einzelne Panels aufgeteilt und mit deutlich mehr Text versehen. Nach und nach rückt der Text in späteren Comicreihen mehr in den Mittelpunkt und die Sprechblase wird erfunden. Dabei bleibt auch Raum für Experimente. Winsor McCays „Little Nemo“ (1905) zeichnet sich durch seine surrealistischen Traumlandschaften aus und das 20 Jahre vor dem eigentlichen Auftreten des Surrealismus. Im Gegenzug zeigt sich auch wie die Comicstrips wiederum durch avantgardistische Stile wie dem Kubismus beeinflusst wurden.

©Daniel König

Streitobjekt der Zeitungen und Verleger*innen

Die ersten Comics erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden fast täglich abgedruckt. Es dauerte also nicht lange, bis die Zeitungsverleger das große Geld witterten. Die Ausstellung gibt beispielsweise Einblicke in den Verlegerwettstreit zwischen Joseph Pulitzer und William Randolph Hearst in New York. Ihre Auseinandersetzung führte zur Geburtsstunde der Boulevardpresse und neben reißerischen Schlagzeilen warben die jeweiligen Zeitungen der beiden mit neuen, spannenden Comicstrips. 

Von diesen faszinierenden Anfängen ausgehend, wandert die Ausstellung langsam in Richtung Gegenwart. Eine der beliebtesten Comicserien liegt in einer kleinen gläsernen Vitrine bereit: Die „Peanuts“ (1950), mitsamt Snoopy, Charlie Brown und seiner Gang sind natürlich mit einigen Comicstrips vertreten. Mehrere Briefe ihres Autors Charles M. Schulz an seine liebevollen Fans sind ebenso zu sehen. Bekannte Comicstrips der letzten Jahrzehnte zieren die anliegenden Wände, von „Garfield“ (1978) bis hin zu „Hägar“ (1973). Volker Reiche, der Erfinder der „STRIZZ“-Strips (2002) kreierte eigens für das Amerikahaus eine Plastik, die am Anfang der Ausstellung zu sehen ist.  

Superheld*innen: Schon früh beliebte Verkaufsschlager

Schließlich dürfen die allseits bekannten Superhelden doch nicht fehlen: 1936 tritt mit „The Phantom“ zum ersten Mal ein maskierter Rächer auf. Hier kann erneut auf eine reiche Vorgeschichte verwiesen werden. Das Amerikahaus präsentiert Ausschnitte aus bekannten Abenteuercomics wie „Tarzan“ (1929) oder „Flash Gordon“ (1934).  Wohingegen frühere Comicstrips versuchten Alltägliches und Politisches einzufangen, wurden hier außergewöhnliche, fiktive Geschichten erzählt. Die geballten Muskeln dieser Helden und ihr unaufhaltbarer Gerechtigkeitssinn erinnern stark an einen späteren Batman oder Superman. Der anfängliche Humor der Comicstrips wich dabei immer wieder auch der Thematisierung expliziter Themen: Die Detektivreihe „Dick Tracy“ schockte Anfang der 1930er Jahre Leser*innen mit ihren gewalttätigen Darstellungen.

Neben der Ausstellung im Amerikahaus gibt es noch andere Comicausstellungen in München zu bestaunen, beispielsweise bis Mitte Juli eine Ausstellung zu dem deutschen Comiczeichner Gerhard Seyfried im Valentin-Karlstadt-Musäum oder einen Schwerpunkt zu tschechischen Comiczeichner*innen im Café Kosmos. Zusätzliche Veranstaltungen können auf der Webseite des Comicfestivals München gefunden werden.

Die Ausstellung ist noch bis zum 30. September kostenlos im Foyer des Amerikahauses zu sehen. 

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