Unileben

Wissenschaft meets Poetry

Mit „Catch Me If You Can“-Referenzen über den Stand der aktuellen Krebsforschung berichten? Zu den Beats von Sido das Strafrecht erklären? Oder über den Lebenszyklus von Schokolade dichten? Erleben konnte man die Wissenschaftskommunikation der besonderen Art am Donnerstagabend beim „Science Slam“ der LMU.

Text und Bild: Pauline Claßen

Valentin Thoss steht auf der Bühne im Walther-Straub-Hörsaal der LMU und rückt die Brille auf seiner Nase zurecht. Das Publikum lacht, nicht abfällig, sondern durchaus amüsiert, denn Valentin deutet mit seinem Statement-T-Shirt im Weltalldesign bereits die große Portion Humor an, die er zum „Science Slam“ mitgebracht hat. Der Doktorand in extraterrestrischer Physik hält einen Vortrag zum Thema „Dunkle Materie = Schwarze Löcher?“ – und was an Komplexität kaum zu übertreffen ist, macht Valentin mit geistreichem Witz allgemein verständlich. Er zieht das Publikum sofort in seinen Bann, nimmt es mit ins Universum, hoch hinaus zu den Sternen, Planeten und der Frage „Was wissen wir eigentlich über Schwarze Löcher?“. Mit Äpfeln verdeutlicht er die Dichte, mit Tomaten die „Hawking-Strahlung“ und mit Memes seine eigene Begeisterung für das Thema. Tosender Applaus verabschiedet ihn nach drei Minuten Physikunterricht – eine Leistung, die wahrscheinlich nur wenige für sich verbuchen können.

Das kreativste Event im akademischen Jahr

Insgesamt zwölf Künstler*innen traten am Donnerstagabend beim „Science Slam“ der Münchner Universitätsgesellschaft in den Kategorien „TED Talk“, „Freestyle“ und „Poetry Slam“ an. Während es beim TED Talk vor allem darum geht, seine eigenen Gedanken und Ideen zu aktueller Forschung in Form eines Vortrags auszudrücken, geschieht das beim Poetry Slam sogar in Gedichtform. Beim Freestyle sind der Vortragsweise zwar keine Grenzen gesetzt, doch standen in diesem Jahr fast alle Zeichen auf Rap:

In „Cycle of Pain“ reimte Maren Rothkegel zu eigenen Beats über die Krankheit Endometriose und erklärte, was die noch immer bestehende Forschungslücke mit dem männlichen Körper als Standard der modernen Medizin zu tun hat. Theresa Priebe machte dagegen Strafrecht zum Streetstyle und erläuterte den Zweck von Strafe und Strafmaß. Aber auch eine Geschichte über Macht wurde erzählt, eine Geschichte von Gut und Böse. Paula Hofmann adressierte in ihrer Erzählung „Earth Wars – The Green Force Awakens“, wie Banken in großem Stil in fossile Energien investieren und inwiefern die Entscheidung, wo das eigene Konto eröffnet wird, bedeutend zum Klimaschutz beitragen kann.

Für die letzte Kategorie, Poetry Slam, dichteten fünf weitere starke Frauen – allgemein waren dieses Jahr insbesondere Frauen auf dem Science Slam vertreten – aus den Fachrichtungen Physik, Jura, Biologie und Philosophie. Während Zsófia Meggyesi unter dem einprägsamen Titel „Genesis 2.0 – Der Ursuppenslam“ die Schöpfungsgeschichte aus der Sicht eines einzelnen RNA-Moleküls nacherzählte, stellte die 2006 geborene Carolina Krotsch für den Fachbereich Physik die Systemfrage: Wie können mehr Frauen zum einen in die MINT-Fächer, zum anderen aber auch in Leitungspositionen kommen?

Faux-Pas auf der Preisverleihung

Nach den kurzen, kreativen Einblicken in die Forschungswelt der unterschiedlichsten Fachdisziplinen fand die Sieger*innenehrung statt. Allerdings entschied keine Jury über die Platzvergabe, sondern das Publikum selbst. Per Dezibelmessungs-App wurde die Lautstärke des Applauses für jede*n Künstler*in festgestellt, ganz demokratisch. Allerdings kam es wegen eines nur minimalen Unterschieds zu zwei Stechen: Einmal um den dritten Platz des Poetry Slams und um den ersten Platz des TED Talks. Doch da spielte die App dann nicht mehr mit. Insgesamt dreimal mussten die Applaudierenden zu neuen Lärm- und Klatschdarbietungen ansetzen. Danach schienen die Nerven bei einigen Organisator*innen blank zu liegen, denn bei der Verleihung des dritten Platzes in der Kategorie Poetry Slam kam es unglücklicherweise auch noch zu einer Verwechslung der Teilnehmenden. Schlussendlich standen die Gewinner*innen aber in der richtigen Reihenfolge fest.

Die Erstplatzierten in den jeweiligen Kategorien sind:

Valentin Hoss: TED Talk

Maren Rothkegel: Freestyle

Carolina Krotsch: Poetry Slam

Die drei wurden mit jeweils 250 Euro von der Stadtsparkasse München ausgezeichnet, aber auch die Zweit- und Drittplatzierten wurden prämiert und bekamen Gutscheine im Wert von 100 und 50 Euro für den C.H. Beck Verlag. Nach der Preisverleihung ging es noch bei Snacks und Freibier munter weiter, denn, wie auf der Abschlussfolie der „Science Slam“-Präsentation angekündigt: „Nach der geistigen Nahrung – it’s Party Time!“

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