Kaffee verbindet. Kaffee trinken kann die Grundlage und Gelegenheit für so vieles sein. Man trifft sich zum Kaffee trinken mit (noch) fernen Bekannten, mit den engsten Freund:innen, zum ersten Date oder um sich zu trennen. Man kommt ins Gespräch miteinander, lacht, weint, philosophiert und teilt Persönliches. Diese Kolumne will einige der Geschichten, die beim Kaffee erzählt werden, teilen und damit das Gefühl des „Kaffeetrinkens“ einfangen.
P.S.: Tee darf auch getrunken werden.
Von Leonie Stoll
Sie ist so gehetzt, sagt sie. Immer so viel zu tun und der Terminkalender so voll, sagt sie. Wir stehen mitten auf dem Weihnachtsmarkt meines Heimatdorfes, 50 Minuten außerhalb von München– eigentlich eine total gemütliche und festliche Situation. Eine Kindheitsfreundin und ich testen begeistert das neue Highlight des lokalen Glühweinstandes namens ,,Weihnachts – Cappucino.“ Unser liebstes Koffein-Getränk ist heute versetzt mit Karamellsirup, Zimt, sowie Vanille und wärmt die kalten Hände. Klassische Weihnachtsmusik tönt aus den Lautsprechern der zahlreichen kleinen Holzbuden und Kinderlachen hellt den dunklen Dezemberabend auf.
Aber meine Begleitung ist nicht ganz bei mir, ihr Kopf ist ausgestopft mit to-do Listen und den brennenden Fragen des Season: ,,Wann finde ich noch Zeit für diese Weihnachtsfeier meines ehemaligen Arbeitgebers? “, „Wenn ich am Wochenende noch Weihnachtgeschenke für Oma und Opa kaufen muss, schaffe ich dann die Klausur am Montag auch ohne viel lernen?“ oder ,, Hilfe, wen wollte ich jetzt nochmal fragen, ob man sich diesen Monat noch sieht?“ Ich nehm’s ihr nicht übel – das Jahresende lauert mit all dem allseits bekannten gesllschaftlichen Erwartungen der Adventszeit. Abschlusstreffen, Besorgungen und der Weihnachtsputz fordern laut, koordiniert zu werden, da fällt genussvolles Leben im Moment manchmal schwer. ,, Und das Blöde ist, all das, was mich stresst, sind ja eigentlich schöne Dinge – mein einziges Problem ist, dass mein Tag nur 24 Stunden hat.“
An dieser Stelle kann ich nur kräftig nicken, denn auch meine Uhren könnten gerne langsamer ticken, seit sich der Weihnachtsteufel mit seinem Aktivitätszwang in mein Leben geschlichen hat. Denn meine ganzjährigen Pflichten des Alltags so wie mein Recht auf me-time gibts ja auch noch. Heute Abend wollen wir aber bewusst Zeit miteinander verbringen, ohne innerlichen Stress und Gedankenkarussell in eigentlich tollen Momenten. Wie kann man den Weihnachstlärm in unseren Köpfen also durch ein besinnliches Lied der Freundschaft ersetzen? Handy aus, Leben an – als ich mein Mobiltelefon in den Flugmodus schicke, fällt mir auf, dass ich nicht mal mehr weiß, wann ich das das letzte Mal getan habe.
,,Guck mal, sind dir eigentlich schon die Vögel dort aufgefallen oder der schöne Weihnachtsschmuck dort hinten?“ – fragt mein verschneiter Lieblingsmensch neben mir. Natürlich nicht, weil irgendwie war ich ja schon wo anders, ab dem Moment, wo ich hier angekommen bin. Aber jetzt, jetzt merke ich langsam, wie wir Beide auftauen, trotz Eiseskälte – auftauen, weil der Ausknopf des Handys auch ein bisschen Druck von uns genommen hat. Denn eins habe ich jetzt realisiert: Planen kann warten – oder soll es sogar manchmal. Denn das ganze Organisieren bringt nur dann was, wenn wir das, was wir uns vornehmen, schlussendlich auch genießen. Vor Allem zur magischen Winterzeit, die so süß schmeckt wie der Weihnachtscappucino, von dem wir uns jetzt gleich noch eine zweite Tasse bestellen.