Kaffeesatz

Im Restaurant läuft Queen

Kaffee verbindet. Kaffee trinken kann die Grundlage und Gelegenheit für so vieles sein. Man trifft sich zum Kaffee trinken mit (noch) fernen Bekannten, mit den engsten Freund:innen, zum ersten Date oder um sich zu trennen. Man kommt ins Gespräch miteinander, lacht, weint, philosophiert und teilt Persönliches. Diese Kolumne will einige der Geschichten, die beim Kaffee erzählt werden, teilen und damit das Gefühl des „Kaffeetrinkens“ einfangen.

P.S.: Tee darf auch getrunken werden.

Von Ania Hoffmann Salán 

Mit Blick auf den Berg hinter der Wiese, in dem sich so häufig die Wolken verfangen und uns einen feinen Nieselregen bescheren, trinken wir aus kleinen bunten Ikeatassen. Weiße Gartenstühle, bronzefarbene Steinfliesen. Kleine Eidechsen huschen über die Steinmauer, auf der die alte Jack-Russel-Dame stolziert und Vögel anbellt. 

„Einen Kaffee noch“, hat er nach dem Mittagessen gesagt, „und dann an die Arbeit.“ 

Er erzählt, was sie in den letzten Monaten verändert, entfernt, neu gebaut haben. Dabei gestikuliert er viel und klopft einem immer wieder auf die Schulter, wenn er spricht: „Sabes lo que te quiero decir?“, übersetzt vielleicht etwa wie: „You know what I’m saying?“ Die Arbeit machen die beiden gemeinsam, sie sind ein Team. Von dem Restaurant in der Stadt, in dem es immer laut war und nach Sidra roch, zu diesem kleinen Hotel hier. Im Sommer Gäste, im Winter Veränderungen, Renovierungen. In der Jugend waren sie ein Paar, dann ist er in andere Länder gezogen, sie ist geblieben. Wiedergetroffen haben sie sich durch Zufall, Jahre später, als er zurück in der Heimat war und sie gerade mit noch betäubter Wange aus der Zahnarztpraxis auf die Straße trat. In kleinen Städten läuft man sich schnell wieder über den Weg. 

Viel hat sich getan. Im Gemüsegarten vor der Terrasse wachsen dank des günstigen Klimas riesige Zucchini, die sich nach der Ernte auf der Theke zwischen dem Obst und den Milchbrötchen stapeln. Die Zimmer sind neu gestrichen. Jedes ist nun einem Musiker oder einer Musikerin gewidmet, so wie das ganze Hotel der Musik gewidmet ist. Für Queen gibt es seltsamerweise kein eigenes Zimmer, dabei läuft im Restaurant so häufig Bohemian Rhapsody. Im Eingangsbereich steht jetzt ein großer schwarzer Flügel, auf dem er spontan Melodien von Liedern spielen kann, die er eben erst gehört hat. Er greift Akkorde mit einer Leichtigkeit, die ich nie verstehen werde. Diese Leichtigkeit gehört zu ihm. 

 Er wirkt zufrieden, wenn er von ihrem gemeinsamen Projekt erzählt. Auch wenn seine Kaffeepausen auf der Terrasse mit Blick auf die Bergkette, in der sich die Wolken verfangen, kurz sind. Dann dreht er die Musik im Restaurant wieder etwas lauter: zurück an die Arbeit.

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