Interview Online

Raus aus der Komfortzone

Das wollen Sophia und Patrick mit ihrem Projekt ,,HomeforKoalas“. Für Koalas in Australien wollen die beiden Fahrradbegeisterten von Mai an bergauf, bergab um die halbe Welt fahren. 

Sophia und Patrick wollen nach Singapur radeln: Da gilt es einiges zu beachten. Foto: Privat

Das Gespräch führten Özge Enis und Balthasar Zehetmair

Alles ist besser, als hier zu sein in der Pandemie“, dachte sich Patrick, überzeugte Sophia davon und macht sich deswegen bald auf eine Tour durch unterschiedlichste Länder in Richtung Südostasien. Der E-Commerce-Manager ist kein Fan von klassischem Erholungsurlaub, lieber verbringt er seine Zeit in der Natur. So auch seine Freundin Sophia, die in Indien eine Ausbildung zur Yogalehrerin gemacht hat. Fit und motiviert wartet sie auf etwas, was sie mit ihren täglichen Fahrten auf zwei Reifen nicht vergleichen kann: „Ich bin gerade dabei, mein ganzes Leben umzukrempeln.“ Auf zwei Fahrrädern begibt sich das Paar vom 8. Mai an von München nach Singapur. Für jeden gefahrenen Kilometer wollen sie einen Baum in Australien pflanzen lassen.

Wie ist das Projekt „HomeforKoalas“ genau entstanden?

Patrick: Ich bin körperlich sehr aktiv und ein agierender Umweltfreund. Um zu zeigen, was man alles bewirken kann, habe ich mich selbst mal gefragt: Was ist dir wichtig? Tierschutz, Umweltschutz. Kombiniere das mit der Fahrradreise und mach ein Projekt daraus. Zu der Zeit waren Buschbrände präsent in den Medien. So ist der Plan von der Tour entstanden, die ich ursprünglich im August 2020 starten wollte. Corona-bedingt hat sich dann alles verschoben. Meine niedergeschlagene Stimmung hellte Sophia auf, als wir uns im Herbst kennenlernten. Schnell hat es sich herauskristallisiert, dass wir im gleichen Rhythmus ticken und sie wurde Teil von dem Projekt. 

Ihre Route führt Sophia und Patrick durch 19 Länder. Foto: privat

Könnt ihr uns die geplante Strecke verraten? Wie viele Kilometer werdet ihr in welcher Zeit zurücklegen?

Sophia: Es sind insgesamt 15 000 Kilometer. München als Startpunkt, Singapur als Ziel. Dazwischen liegen 19 Länder.

Patrick: Realistisch sind 80 bis 150 Kilometer am Tag. Hängt auch davon ab, was für Bedingungen gerade draußen herrschen. Wie windig ist es? Wie viele Höhenmeter sind zu machen?

Werdet ihr auch längere Pausen einlegen, um euch zum Beispiel Orte oder Sehenswürdigkeiten näher anzuschauen?

Patrick: In der Natur unterwegs zu sein, finde ich besser, als Asphaltstraßen hoch- und runterzufahren. Wenn es sich ergibt, halten wir kurz an und schauen uns die eine oder andere Stadt auch an. Wir sind flexibel.

Gerade in der Pandemie solch eine Tour zu starten, ist mutig. Habt ihr einen zeitlichen Puffer, falls es wieder zur Schließung von Grenzen kommt?

Sophia: Dann wird es eine andere Route. Ein Shutdown wird uns nicht daran hindern, das Projekt umzusetzen. Fahrradfahren wird möglich sein, spenden wird möglich sein. Dann werden Bäume gepflanzt. 

Wo wollt ihr während eurer Reise übernachten?

Sophia: Die meisten Nächte wird das Zelt unser Dach über dem Kopf sein. Ansonsten werden wir es mit Warm Showers und Couchsurfing versuchen. Beide sind Netzwerke, über die man Unterkünfte bei Gleichgesinnten organisieren kann. Auch auf Gastfreundschaft hoffen wir sehr. Ob andere das als Qual ansehen oder nicht: Ich freue mich so sehr, dass ich endlich unter dem Sternenhimmel schlafen darf.

Habt ihr keine Angst vor der wilden Natur oder auch Überfällen?

Patrick: Man schlägt in der Regel das Zelt dort auf, wo keiner ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass in der Natur etwas passiert, sehe ich als relativ gering. Im Gegenteil, ich freue mich sogar immer, wenn ich irgendwelche Tiere sehe.

Sophia: Patrick kennt sich super gut mit Tieren aus. Vielleicht kann er mir sagen, was gerade vor uns steht. (Lacht)

Wird die Monotonie euch nicht psychisch belasten?

Patrick: Diese Erfahrung werden wir machen. Wenn man aus solch einer Situation wieder Kraft und Motivation schöpfen kann, dann geht man noch stärker heraus. Genau solche Grenzerfahrungen werden unser Leben prägen.

Ihr kommt durch unterschiedlichste Klimazonen und da können einige Krankheiten lauern. Wie geht ihr mit dieser Gefahr um?

Sophia: Da muss man darauf achten, möglichst wenig, aber gleichzeitig die wichtigsten Dinge dabei zu haben. Natürlich muss man auch das Vertrauen haben, dass es im Notfall vor Ort was gibt. Sonst werde ich eine Hausapotheke einpacken, die sich schon bewährt hat und mit der man gut geschützt ist. Da gibt es Öle, die sehr vielfältig eingesetzt werden können und wir werden auch von verschiedenen Mediziner*innen nochmal beraten.

Werdet ihr die Reise auf Social Media begleiten oder plant ihr einen Film zu machen?

Patrick: Wir bauen gerade unseren Instagram-Account auf und haben vor, da regelmäßig auf der Reise zu posten. Ansonsten werden wir Reise- und Testberichte schreiben für meinen Arbeitgeber, Sport Scheck. Da kommt auch einiges für unsere Partner, die uns gesponsert haben.

Sophia: Die Idee, einen Film zu machen ist da. So wollen wir Menschen inspirieren und aus ihrer Komfortzone locken, sie aber gleichzeitig auch aufmerksam auf den Natur- und Umweltschutz machen. Gerade so ein Film kann unsere Message gut vermitteln.

Eure Handys oder Kameras müssen regelmäßig aufgeladen werden, wie löst ihr das Problem? Habt ihr ein Solarpanel am Fahrrad?

Patrick: Ja, wir haben einen Generator der mit dem Nabendynamo verkuppelt wird und dann kann man während des Fahrens Strom produzieren. In diesem Ladegerät ist dann nochmal eine Powerbank mit großem Ladevolumen. Aber wir holen uns auch noch ein Solarpanel dazu.

Falls ihr euch streitet, werdet ihr die Fahrt dann immer noch zu Ende zu bringen?

Sophia: (Lacht) Wir beide ergänzen uns gut, jeder hat Stärken und Schwächen. Aber zusammen sind wir stärker und können leichter aus emotionalen Tiefs wieder rauskommen, indem wir uns pushen.

Patrick: Wir lernen uns wahrscheinlich nochmal deutlich besser kennen auf dieser Reise (Lacht).

Nun nochmal zu eurer Aktion: Für jeden zurückgelegten Kilometer soll ein Baum gepflanzt werden. Werdet ihr dann von Singapur aus weiter nach Australien schwimmen, um dort Setzlinge in den Boden zu drücken?

Patrick: (Lacht) Nicht ganz, das ist so gedacht, dass wir diese 15 000 Kilometer radeln wollen und so auf die abgebrannten Bäume, die die wesentlichen Lebensräume der Koalas sind, aufmerksam zu machen. Zum jetzigen Stand haben wir schon 6000 Euro Spenden gesammelt und können davon auf jeden Fall schon mal 1200 Bäume pflanzen. Wir müssen vor allem aber Gas geben, viele Partner*innen finden die Werbung für uns machen und natürlich auch Spender*innen. So schaffen wir das Ziel der 75 000 Euro auf jeden Fall und können 15 000 Bäume pflanzen.

Sophia: (Lacht) Schwimmen, warum nicht? Aber Spaß beiseite, wäre schön wenn uns ein Unternehmen entdecken würde, die das Ganze als tolles, nachhaltiges Projekt ansehen und dann auch eine größere Summe spenden. Jeder kann sich beteiligen. Wir sehen, dass die Bereitschaft zum Spenden da ist. 

Foto: Privat

Mit dieser Aktion werdet ihr vielleicht zu Vorbildern von Sportler*innen aber auch Naturschützer*innen. Wie fühlt sich das an, so eine Vorbildfunktion?

Patrick: (Lacht) Wir wollen Leute inspirieren und ihnen zeigen, dass sie ihr Leben wesentlich einfacher und nachhaltiger gestalten und dadurch eventuell sogar noch glücklicher sein können.

Sophia: Es ist schon von uns beiden die Vision, dass man die Welt ein Stück verändert. Wenn es in jedem Einzelnen Klick macht, dann haben wir als großes Ganzes schon viel geschafft. Das ist genau der Hintergrund des Projekts. Jeder fängt bei sich an und zusammen haben wir eine große Kraft, mit der wir viel schaffen und was verändern.

Zum Thema Sprache:  Auf eurer Reise kommt ihr durch die verschiedensten Länder und nicht jeder kann Englisch sprechen. Wie wollt ihr euch vor Ort verständigen?

Sophia: Es gibt tatsächlich ganz coole Übersetzungs-Apps. Da spricht man rein und beim Gegenüber kommt das dann in seiner Sprache raus. Aber ich habe auch die Erfahrungen gemacht, dass man sich immer irgendwie verständigen kann. Ach ja, und manchmal trifft man dann durch Zufall eine*n, der Deutsch kann oder mal in Deutschland gelebt hat. Da ist man dann total überrascht, plötzlich hat man eine*n Dolmetscher*in.

Patrick: Ansonsten gibt es da auch ein Zeichenbuch, da sind Zeichnungen zur einfachen Verständigung drin. Wir werden unser Vorhaben jeweils auch in die verschiedenen Sprachen übersetzen. Ich denke, dann sollte das schon klappen.

Wie und wo kann man euer Projekt unterstützen?

Sophia: Direkt spenden kann man über die Better-Place-Plattform. Es ist auch schon Unterstützung wenn man einfach das Projekt weiter verbreitet und teilt. Außerdem findet am 18. April eine Charity-Yoga-Stunde mit Manolaya, dem Münchner Label für nachhaltige Yoga-Kleidung, statt, da kann man mitmachen und der ganze Erlös wird dann für das Projekt gespendet. Bei Manolaya gibt es jetzt auch eine nachhaltig produzierte „HomeforKoalas“-Kollektion. Diese wurde aus Shirts hergestellt, die nicht verkauft werden konnten, und so wiederverwertet werden. Wenn diese Produkte gekauft werden, dann geht der komplette Betrag auf das Spendenkonto.

Wofür werden die Spenden eingesetzt?

Sophia: Von den Spenden versorgen wir uns nicht, sondern das geht wirklich zu hundert Prozent nur in die Bäume. Die Kosten der Reise zahlen wir aus der eigenen Tasche.

Habt ihr schon eure Rückreise geplant?

Patrick: (Lacht) Also es gibt noch kein Ticket für den Rückflug. Wir fahren jetzt erstmal. Außerdem wissen wir ja noch nicht, wie weit wir kommen. Von daher kann man jetzt schlecht die Rückreise planen.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...