München

Ein Tinder für Hunde?

Mit der App „Patzo“ können Menschen, die keinen Hund halten können, trotzdem eine Beziehung zu einem Vierbeiner aufbauen. Warum es das braucht, erklärt Mitgründer Felix Kox im Interview.

Innenansichten der App: So sieht Patzo auf dem Handy aus. Links ist ein Musterprofil vom Gründer selbst zu sehen. Foto: Patzo

Von Max Fluder

Hundebegeisterte und Hundehalter*innen können sich über Patzo kennenlernen – indem sie sich wie bei einer Dating-App matchen. Felix Kox, einer der Gründer, hat die App während seines Studiums in Würzburg konzipiert. Weil er, wie er sagt, die Möglichkeit, einen Hund zu „teilen“, vermisst hat. Patzo funktioniert momentan in München, Berlin, Hamburg und Würzburg.

Philtrat: Lass uns die Grundlagen klären: Bist du eigentlich Hunde- oder Katzenmensch?

Felix Kox: Ich bin eindeutig Hundemensch – obwohl ich mit einer Katze aufgewachsen bin. Vielleicht auch genau deswegen.

Warum bist du Hundemensch?

Mich überzeugt, dass man den Hund auf eine gewisse Art verstehen kann. Dass man, wenn man ein bisschen Zeit mit ihm verbringt, Liebe und Vertrauen zurückbekommt. Bei Katzen hat man oft das Gefühl, du kannst dich zehn Jahre lang um sie gekümmert haben, aber wenn du ihr jetzt nicht sofort den Schinken gibst, dann hasst sie dich auf den Tod.

Was macht dieses enge Vertrauen zwischen Hund und Mensch mit einem? 

Das gibt einem ein wunderschönes Gefühl. Gleichzeitig steigert es das eigene Selbstwertgefühl – und zwar dann, wenn man merkt, dass man den Umgang mit Hunden kann. Ich denke, das geht vielen Hundebesitzern so. Wenn der Hund auf einen hört, dann darf und kann man sich sehr, sehr gut fühlen.

Warum braucht es Patzo?

Patzo braucht es, weil mit Hundebetreuung aktuell viel Geld verdient wird. Es gibt da Apps wie Rover und Pawshake, bei denen Hundebesitzer Geld bezahlen und Hundebetreuer Geld verlangen müssen. Die Apps kassieren dann Provision. So macht das wenig Spaß, die Faktoren ‚Geld‘ und ‚Dienstleistung‘ hat man immer im Hintergrund. Oft wirst du auch nur einmal gebucht, und das ist wirklich nicht geil. Der Hund geht beim ersten Mal immer auf Distanz, fragt sich: Wer ist das jetzt? Das macht erst Spaß, wenn du drei-, vier-, fünfmal mit dem gleichen Hund unterwegs bist. Wenn du auf die Buchung angewiesen bist, funktioniert das nicht.

Und dann?

Ich hatte das Gefühl, das müsste besser gehen. Und vor allem, ohne dass jedes Gassigehen bezahlt werden muss. Denn viele Leute wollen nicht Gassi gehen, um Geld zu verdienen. Viele wollen Gassi gehen, weil sie in ihrem Leben keinen Hund haben können. Weil sie zum Beispiel eine kleine Wohnung oder eben wenig Geld haben. Trotzdem möchten sie die Beziehung zu einem Hund. Entweder weil sie sie schon einmal hatten oder weil sie wissen, dass es eine schöne Sache ist.

Warum habt ihr eine tindereske Herangehensweise an die Sache gewählt?

Wir haben die App während unseres Studiums entwickelt. Jeder hatte die Aufgabe, sich ein Businessmodell anhand des Design-Thinking-Prozesses auszudenken. Das bedeutet, grob gesagt, dass du nicht von einer Lösung aus startest, von der du ausgehst, dass sie funktioniert, sondern dass du viele Menschen fragst: Wo sind die Probleme? Was könnte besser sein? Wo fehlt eine Lösung? Du entwickelst dann Stück für Stück einen Prototyp und holst dir schon im Prozess Feedback ein. Da hat sich ziemlich schnell abgezeichnet, dass ‚Tinder mit Hunden‘ die coolste Art und Weise ist, das zu gestalten.

Haben Menschen Angst, ihre Hunde Fremden anzuvertrauen?

Das auf jeden Fall. Der Hund ist für viele ein sehr wichtiges Familienmitglied, bei manchen fast gleichgestellt mit einem Kind. Wenn dann jemand anderes den Hund nimmt, ist das eigentlich ein No-Go. Bei uns geht es darum, die Person erst einmal kennenzulernen, wie bei Tinder eben. Du hast ein Match, ihr schreibt miteinander, man macht ein Treffen aus. Und dann unterhält man sich, läuft zusammen eine Runde Gassi. Wenn man merkt, das funktioniert so nicht, dann kann man es abbrechen. Das bedeutet, die Angst, einem Fremden den Hund zu geben, existiert bei uns eigentlich nicht. Wenn du jemandem deinen Hund anvertraust, sind sie dann ja keine Fremden mehr.

Ist jeder Hund vermittelbar?

Ja, aber nicht an jeden. Denn jeder Hund hat seine eigenen Bedürfnisse. Es gibt zum Beispiel Angsthunde aus Rumänien, die nicht mit Männern können. Die fühlen sich dann bei Frauen wohl, bei Männern haben sie unglaublich Schiss, sind nervös. Dementsprechend würde ein solcher Hund jetzt nicht an einen Mann vermittelt werden. Deswegen kann man bei uns über Filterangaben auswählen, welche Hundeliebhaber aus der Gegend man angezeigt bekommen möchte.

Andersherum: Kann jeder Mensch auf einen Hund aufpassen?

Bei jedem Menschen, der intrinsisch die Motivation dazu hat, würde ich sagen: ja. Du kannst natürlich niemandem einen Hund aufzwingen. Aber man würde sich ja nicht auf einer App anmelden, auf der man sich kostenlos mit Hundebesitzern verbinden kann, um langfristig Zeit mit deren Hunden zu verbringen, wenn man keinen Bock auf Hunde hat.

Warum ist Patzo gerade für junge Menschen so interessant?

Weil junge Menschen in der Regel nicht in der Lage sind, einen eigenen Hund zu halten. Du brauchst dafür genug Geld und Platz, dein Lebensstil muss angepasst sein. Wenn du viel feiern gehst, drei- oder viermal die Woche in einer Bar oder einem Club bist, ist das schon mal ziemlich tricky mit einem Hund. Der kann eben nicht so lange alleingelassen werden. Bei älteren Menschen ist das Leben ein bisschen geregelter, die haben auch mehr Geld in der Tasche. Deshalb haben die eher einen Hund. Dabei ist der Wunsch nach einem Hund wahrscheinlich relativ gleich verteilt. Bei uns auf der App läuft es so, dass viele Studierende Paten für die Hunde von Familien, alleinstehenden Berufstätigen oder Rentnerinnen werden.

Was ist das Schöne daran, ein Haustier zu teilen?

Das Tolle sind die Momente, wenn du deinen Patenhund triffst. Der freut sich dann immer wie Bolle darüber – und du hast diese Momente oft! Natürlich kann es auch anstrengend sein. Mit einem Hund hast du immer zu tun. Wenn man das nicht gewohnt ist oder viele andere Dinge zu regeln hat, dann kann es auch ein richtig gutes Gefühl sein, nach dem Tag mit die Nacht ohne den Hund verbringen zu können. Das klingt zwar vielleicht eher weniger hundefreundlich, aber ich denke, jede Hundebesitzerin, jeder Hundebesitzer, jeder, der mal einen ganzen Tag mit einem Hund verbracht hat, wird wissen, wovon ich rede.

 

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