Kulturphilter München

Eine Schachtel voller Briefe

Ob Briefe an neue Lieben oder vergangene Beziehungen, Botschaften an aktuelle Partner*innen oder welche, die es nie waren. Das und noch mehr findet man in “Letters to Lovers” — ein Zine, das von Veruschka Haas aus München ins Leben gerufen wurde.

Letter to Lovers ist eine Sammlung von Briefen. Die Illustration auf dem Cover wurde von der Künstlerin Aya gezeichnet, gestaltet wurde das Zine von Julia Szimak. ©Murilo Macena

Von Murilo Macena

Liebesbriefe schreiben Personen meist an die Angebeteten, von denen sie sich mit gut gewählten Worten eine Chance auf Liebe erträumen. Doch was, wenn es hoffnungslos scheint? In To All The Boys I’ve Loved Before hat Lara-Jean schließlich Briefe geschrieben, wann immer die Gefühle zu intensiv waren, um sie allein im Herzen zu tragen. Abgeschickt hat sie diese jedoch nicht. So ähnlich geschah es auch der Münchner Anglistin Veruschka Haas. In der Einleitung beschreibt sie, wie sie Briefe und Ähnliches bereits ihr Leben lang aufbewahrt. Daraus entsprang ein Funke, der auf 30 weitere Leute übersprang. Am Ende kam ein Zine heraus, dessen Name nicht passender sein könnte: Letters to Lovers. Der Titel ist bewusst so gewählt, denn für sie ist wichtig, dass eben nicht alle Briefe einfach nur Liebesbriefe sind. Manche Briefe gehen beispielsweise an Personen, mit denen man zwar eine Zeit zusammen war, aber bemerkte, dass es einfach keine Liebe war.

Wie es dazu kam

Veruschka hatte schon immer einen Hang zu literarischen Werken, allen voran Shakespeare, was sie auch zu ihrem Studium an der LMU brachte. In ihrem Leben sammelt sie alles, was Gefühle hervorruft – egal, ob eigene Werke oder aus einer anderen Feder. Insbesondere Briefe haben es ihr angetan. Schließlich erzählt sie in der Einleitung ihres Zines von Frederick Wentworths Brief an Anna in Jane Austens Buch Anne Elliot. Für Veruschka ein Höhepunkt der Romantik.

Mit der Zeit kristallisierte sich ein Gedanke in ihr: Wie wäre es, Briefe in einem Zine zu sammeln? Liebe und Leidenschaft sind schließlich Dinge, die man am besten teilt. Also fing sie an, ihre Idee auf Instagram zu posten. Schon bald erreichten sie viel mehr Einsendungen, als sie erwartet hätte. Verschiedenste Menschen aus aller Welt schickten ihr Briefe, Gedichte, Bilder, Illustrationen oder kurze Texte, inspiriert von der Gegenwart, Vergangenem und der Zukunft. Am Ende konnte sie leider nicht alles unterbringen, freute sich aber über das Geteilte.

Briefe in vielen Formen

Das Ergebnis ist eine Fülle an unterschiedlichsten Werken, die das Thema umfassen. Jede Person ist einzigartig, und das spiegelt sich auch in der Art wider, in der jede*r fühlt. Es gibt Briefe an verlorene Liebhaber*innen, Briefe an aktuelle Partner*innen, Briefe, die einer Person nachtrauern und welche, bei denen man bedauert, den Schritt je gewagt zu haben. Schön sind vor allem auch ein paar Einsendungen, die handgeschrieben und fotografiert abgedruckt wurden, was diesen eine besonders persönliche Note gibt.

Doch es gibt nicht nur Fotos von Briefen und Postkarten. Die Frage, wie ein Gefühl auf einem Foto eingefangen werden kann, ohne Menschen zu zeigen, wird auf unterschiedliche Arten gelöst. Auf abstrakte Weise nähern sich manche dem Thema an. So findet man Nachtfotos vom Blick aus dem Fenster mit einer Zeitspanne als Titel. Fast, als wäre die Person nachts, aus dem Fenster starrend, wach gelegen.

Abgerundet wird diese Sammlung durch Illustrationen, allen voran das Cover, das hier eine Szene aus einer Stadt in Gelbtönen zeigt. Ein einzelner geöffneter Brief liegt auf einer Bank. Insgesamt ist das gesamte Magazin in Gelb gehalten. Veruschka wollte kein Rot oder gar Rosa benutzen, um potentielle Leser*innen nicht durch vermuteten Kitsch abzuschrecken. Der Inhalt ist jedenfalls alles andere als kitschig. Es macht nur greifbar, was bestimmt viele Personen schon erlebt haben oder erleben. Am Ende hat jedoch auch die Farbe einen simplen, doch passenden Grund. “Ich liebe die Farbe Gelb”, antwortet Haas auf die Frage nach der Farbwahl. Und das ist genug, denn so wird das Zine eben auch noch ein Liebesbrief an ihre Lieblingsfarbe.

Letters to lovers findet ihr hier auf Instagram. Aktuell gibt es leider keine Kopien der ersten Ausgabe mehr, jedoch ist eine zweite Ausgabe in Planung. Bis zum 15. Dezember werden Einsendungen angenommen, mehr Infos findet ihr auf dem Instagram-Kanal @letterstoloverszine 

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