Stadtansicht vor dem Umzug
München

Eine Stadt im Ausnahmezustand

Die Landshuter Hochzeit als Attraktion für nah und fern

Alle 4 Jahre lockt die Stadt Landshut mit einem gewaltigen Spektakel namens „Landshuter Hochzeit“ Abertausende von Zuschauern aus dem Um- und Ausland an. Dabei werden keine Kosten und Mühen für die Authentizität gescheut.

Die Landshuter Hochzeit vom Jahr 1475 zwischen der polnischen Prinzessin Hedwig und dem Herzog Georg dem Reichen sollte Landshut nicht nur männliche Nachkommen, sondern auch internationalen Ruhm schenken. Sogar der Kaiser war anwesend. Leider erreichte keiner der Söhne das Erwachsenenalter und nach blutigen Erbfolgekriegen gewann die Münchner Wittelsbacherlinie. Damit begann der Aufstieg Münchens und der Abstieg Landshuts. Aber wegen der hübschen Hochzeit feiern das die Landshuter alle 4 Jahre aufs Neue.

Stadtansicht vor dem Umzug
Stadtansicht vor dem Umzug. Foto: Lorena Meier

Wie kann man einem Nicht-Landshuter erklären, dass alle vier Jahre eine komplette Stadt samt Politiker samt Verwaltung quasi lahm liegt? Nicht weil Stromausfall oder Streik wäre, nein, sondern weil alle abends nach der Arbeit auf den aufgebauten Tribünen der Innenstadt sitzen, sieben Tage die Woche. Manche nehmen sich sogar nur dafür Urlaub und kommen dann mit kleinen Bierfässern und riesigen Brotzeitkörben an. Und dabei sind die Tribünen nicht die Hauptattraktion: vier Wochen lang findet sonntags von 14 bis 16 Uhr der große Hochzeitsumzug statt, es gibt an den Wochenenden ein authentisches Lagerleben zu bewundern und wer ein Jahr zuvor an Karten kam, kann nun Ritterspiele, mittelalterliche Tanzabende oder Musikveranstaltungen genießen.

Die Stimmung auf den Tribünen ist trotz der Enge sehr familiär und freundlich. Nur sonntags zum Umzug ist ein Sitz auf den Tribünen kostenpflichtig, und sonst die perfekte Gelegenheit etwas vom südlichen Flair einer Piazza mitzubekommen.

Im Verlauf von Nachmittag zu Abend wechselt das Publikum etwas, aber es bleibt sehr gemischt. Vier-Generationen-Familien sind genauso vertreten wie ganze Firmenabteilungen oder Junggesellenabschiede. Jeder bringt selbst mit, was er trinken oder essen möchte, und beschert den Bars und Cafés der Altstadt somit ziemliche Gewinneinbußen. Den Geldbeutel freut’s.

Mit dem Sonnenuntergang wird das Publikum auf den Tribünen etwas weniger bunt, es sind weniger Rentner und kleine Kinder zu sehen, aber die Stimmung bleibt weiterhin gut und der Platz eng. Die Stimmung ist eher mit einem Biergarten als einem Bierzelt vergleichbar. Man trifft Menschen, die man seit Jahren – vielleicht sogar seit der letzten LaHo – nicht mehr gesehen hat. Man trifft zufällig Nachbarn und Kindergartenfreunde und alle 10 Meter ein weiteres bekanntes Gesicht. Und werden einem die Tribünen einmal zu langweilig, kann man für 2,50€ auf den Zehrplatz gehen und den Verkleideten beim Lagerleben zusehen, mittelalterliche Musik hören und abends den Feuerspuckern zusehen.

Herzogliche Ritter beim Sonntagsumzug
Herzogliche Ritter beim Sonntagsumzug Foto: Lorena Meier.

Beim Umzug selbst sollte man bereits früh seinen Platz besetzen, allerspätestens um ein Uhr sollte man seinen Platz mit Händen und Füßen verteidigen. Wenn man mit Camping-Stühlen anreist, sogar noch etwas früher. Der Umzug kommt zweimal vorbei und es gibt eine gesamte mittelalterliche Hochzeitsgesellschaft zu bewundern. Da werden Kindheitswünsche wahr: Ritter, Edeldamen, Akrobaten und eine wunderschöne Prinzessin in einem goldenen Wagen und goldenem Kleid sind zu bestaunen.

Anders als bei den Ritterspielen in Kaltenberg wird hier auf äußerste Authentizität geachtet. Man sieht weder Brillen oder Uhren noch modernen Schmuck. Alle Umzügler tragen Kleidung aus Stoffen, die ihrem Stand entsprechen und aus der Zeit der Original-Hochzeit stammen. Bei gefühlter Todesstrafe ist es als Umzügler verboten sich verkleidet in der Öffentlichkeit mit einem Handy erwischen zu lassen. Es sind auch keine Pony-Frisuren oder gefärbte Haare zu sehen, wobei Frauen ab 23 sowieso „unter der Haube“ sind.

„Die Förderer“, der ausrichtende Verein, nimmt es damit sehr genau. Der halbe Stadtrat ist dort mit dabei und was sich mit „die Förderer“ so mafiös anhört, ist es irgendwie auch. Sie bestimmen Umbaumaßnahmen in der Stadt mit und können dabei durchaus Druck ausüben. Um als Verkleideter bei der Landshuter Hochzeit mitmachen zu können, braucht man entweder Glück, eine bestimmte Fähigkeit (z.B. reiten) oder Kontakte.

 

Diesen Sonntag bietet sich die letzte Gelegenheit um die Landshuter Hochzeit mitzuerleben. Weitere Infos gibt es hier.

Veronika Härtl als Prinzessin Hedwig von Polen. Foto: Lorena Meier.
Veronika Härtl als Prinzessin Hedwig von Polen. Foto: Lorena Meier.

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