In seinem ersten Buch denkt Alex Burkhard über Träume, Tricks und Tücken eines Studentenlebens nach
Alex Burkhard hat sich bisher vor allem als Poetry Slammer einen Namen gemacht. Nun ist er vom gesprochenen zum geschriebenen Wort übergegangen. Mit …und was kann man damit später mal machen? präsentiert er sein erstes Buch. Das richtet sich zwar laut Untertitel vor allem an „Geisteswissenschaftler und alle anderen, die auch nichts Anständiges gelernt haben“, ist aber für jedermann eine lohnenswerte und überaus amüsante Lektüre.
„…und was kann man damit später mal machen?“ Das ist der Satz, den ein Geisteswissenschaftler während des Studiums mit großer Sicherheit am allerhäufigsten hört – von Großeltern, Natur- und Wirtschaftswissenschaftlern, ehemaligen Schulkameraden und noch so vielen anderen, dass man irgendwann entnervt aufhört zu zählen. Und es leid wird, auf diese Frage eine ernsthafte Antwort à la „Da gibt es ganz verschiedene Möglichkeiten. Das ist ja das gute an dem Studium, das man danach nicht so festgelegt ist…“ zu geben.
Doch das versucht Alex Burkhard auch nicht, obwohl eben diese Frage für sein erstes Buch sogar titelgebend ist. Denn um sogleich allen Missverständnissen vorzubeugen, warnt der Klappentext: „Dieses Buch ist kein Ratgeber!“ Wer also während seines Studiums oder direkt danach in einer ernsthaften Sinnkrise steckt und glaubt, Alex Burkhard präsentiere ihm in seinem kleinen, aber feinen Bändchen von A bis Z den Masterplan schlechthin, ist an der falschen Adresse. Alle, die das nicht erwarten, überrascht das Buch auf sehr schöne und intelligente Weise. In 26 Anekdoten erzählt Burkhard, der neben dem Skandinavistik-Studium schon seit Jahren leidenschaftlicher Poetry Slammer ist, von alltäglichen, gewöhnlichen und ungewöhnlichen Begebenheiten. Die meisten aus seinem eigenen Umfeld oder Ergebnisse genauer Beobachtungen. Viele von ihnen lassen den Leser schmunzeln, kichern oder lauthals auflachen. Andere, vor allem die über die Liebe, sind melancholisch und ein wenig traurig. Und in sehr vielen davon erkennt sich sicherlich der ein oder andere Mittzwanziger wieder – zum Beispiel in der Rastlosigkeit, in der Unbestimmtheit, in dem Wunsch, kurz alles hinzuwerfen und einfach wegzufahren. Der findet sich unter „R“ wie „Reisen“:
„Ich will ein Wüstenauto“, sage ich zu meiner Freundin, als ich in ihre Wohnung komme.
„Was du willst, ist die Freiheit, die du damit verbindest“, sagt meine Freundin. „Ja“, sage ich. „Genau. Ich will die Möglichkeit haben hinzufahren, wo ich will, mit all dem Zeug, das ich brauche, an Bord.“
Zu jedem Buchstaben im Alphabet gibt es eine kleine Geschichte. Sie alle zusammen ergeben – auch wenn sie viel mehr sind als bloße Ratschläge – einen Handwerkskasten für angehende Geisteswissenschaftler, beginnend mit „Antworten (ver)suchen“ und endend mit „Zufrieden sein“. In dem weiten Feld dazwischen denkt der junge Autor unter anderem über „Hausmann werden“, „Versumpfen“ und „Taxi fahren“ nach. Er phantasiert darüber, wie es wäre, wenn es einen Schuhausziehmann gäbe, der schlafenden Leuten im Zug die Schuhe klauen würde, jagt die Fahrrad-Mafia im Westend und erläutert, warum Hunde viel tollere Tiere sind als Katzen. Auch wenn die Anekdoten zunächst in keinem eindeutigen Zusammenhang zueinander stehen, empfiehlt es sich, bei der Lektüre die Reihenfolge einzuhalten. Sonst läuft man Gefahr, die zahlreichen eingeflochtenen Verweise zu übersehen, was schade wäre. An einigen Stellen nimmt …und was kann man danach später mal machen? dann nämlich auch noch philosophische und, man könnte fast sagen, selbstreflexive Züge an. Wenn der Verleger mitreden möchte beispielsweise oder Burkhard sich fragt:
Wie würdest du leben, wenn du wüsstest, dass alles, was du tust, einmal aufgeschrieben wird? Obwohl du nur ein ganz normaler Mensch warst, ein Mensch wie jeder andere. Stell dir vor, nichts wird mehr vergessen, alles, was vorher unwichtig war, wird auf einmal wichtig, wird Stoff für ein Buch, und du könntest das nicht verhindern.
Enden lässt er seinen Erstling mit einem Zitat von Bertolt Brecht, der einmal sagte: „Was weiter wird, weiß ich nicht.“ Dass Alex Burkhard einmal als Taxifahrer seine Brötchen verdienen muss, wie das kleine gelbe Taxi auf dem Cover befürchten lässt, ist ihm nicht zu wünschen und steht auch nicht zu erwarten. Denn so wie es aussieht, hat er seine Berufung gefunden. Die Lektüre seines literarischen Debüts gehört definitiv auf die Liste der guten Vorsätze für 2014.