Online Unileben

Forschung von Frauen für alle

Wissenschaft ist öde und nur was für Männer*? Mit diesen Vorurteilen will die Plattform Soapbox Science München aufräumen und lässt Frauen* aus der Forschung zu Wort kommen. Dieses Jahr fand die Veranstaltung virtuell statt.

V.l.: LMU Doktorandin Nora Kassner und Organisatorin Cilia Jaeger © Foto: Soapbox Science München

Von Nina Beier

Wissenschaftlerinnen* im Laborkittel stehen am Odeonsplatz auf Seifenkisten, erzählen über ihre Forschung und kommen ins Gespräch mit Passant*innen. So sehen die Veranstaltungen von Soapbox Science München normalerweise aus. Doch heuer ist alles anders. Statt auf den Straßen Münchens sitzen die Zuschauer*innen dieses Mal vor dem Bildschirm und stellen ihre Fragen über Youtube, Twitter und Co. An zwei Abenden Ende Juni berichteten dreizehn Wissenschaftlerinnen* von bayerischen Forschungsinstituten über ihre Arbeit: von künstlichen Mini-Organen über Quantencomputer bis hin zur natürlichen Sprachverarbeitung.

Frauen* in der Wissenschaft öffentlich sichtbar machen

Die Grundidee bleibt auch dieses Jahr die gleiche. Die Veranstaltung soll Spaß an der Wissenschaft vermitteln. Und: Sie soll Frauen in der Forschung öffentlich sichtbar machen. „Wir wollen mit unserer Veranstaltung zeigen, dass in der Wissenschaft großartige, super kompetente Frauen arbeiten“, erklärt Judita Huber, eine der Organisatorinnen von Soapbox Science München. „Und dass wir noch viel mehr davon brauchen.“ Denn der Anteil von Frauen in der Wissenschaft ist deutlich geringer als der von Männern. Insgesamt 56 Soapbox-Science-Teams weltweit wollen daran etwas ändern. Das Münchner Team ist das erste, das in diesem Ausnahmejahr ein virtuelles Event auf die Beine gestellt hat.

Und das läuft folgendermaßen ab: Jede* Rednerin* hat fünf Minuten für ihren Vortrag Zeit. Auf Powerpoint-Folien mit komplizierten Grafiken und auf Fachbegriffe wird verzichtet, Hilfsgegenstände sind hingegen ausdrücklich erlaubt. Sie sollen dabei helfen, Abstraktes zu veranschaulichen, und dafür legen sich die Wissenschaftlerinnen* ganz schön ins Zeug. Neben selbstgemalten Zeichnungen und Fotos kommen zum Beispiel auch Kuscheltiere zum Einsatz.

Weiwei Xu vom Helmholtz Zentrum München berichtet vom Einfluss des Geschlechts auf Diabetes. Im Chat kann das Publikum Fragen stellen. Foto: Screenshot Youtube

Epidemiologin Durdica Vukic Marosevic hat gleich mehrere dabei: Salmonellen, Masern und Malaria als knuddelige Plüschtiere. „Was meint ihr“, fragt die Wissenschaftlerin das Publikum, „welche von diesen Mikroben ist am gefährlichsten?“ Gar nicht so einfach zu sagen, denn Malaria macht die meisten Menschen krank, während Masern die größte Todesrate haben. Und Salmonellen stecken Menschen sehr schnell an. Schließlich löst die Forscherin auf: In der Praxis vergleicht man die Mikroben gar nicht miteinander, sondern beobachtet ihre zeitliche Entwicklung. Eines ist sicher: „Influencer des Jahres“ ist definitiv das Coronavirus.

Von Mikroben, Teleskopen und Algen

Mit einem vollkommen anderen Thema beschäftigt sich Astrophysikerin Miranda Bradshaw. Sie testet Weltraumteleskope, damit diese nicht während ihres Einsatzes im All versagen. Um das hier auf der Erde zu machen, braucht es drei Dinge: einen künstlichen Stern, eine luftleere Kammer und Kühlrohre, die um das Teleskop gewickelt werden. Nur so lassen sich die Bedingungen des Weltraums simulieren. Auf einem Foto zeigt die Forscherin, wie sie in der Schutzkleidung aussieht, die man dabei tragen muss: ein bisschen wie eine Köchin.

Insgesamt gibt es 13 Vorträge – teils auf Englisch, teils auf Deutsch – zu den unterschiedlichsten Forschungsthemen. Es geht etwa darum, wie eigentlich ein Quantencomputer funktioniert und wie sich Pflanzen als Beatmungsgeräte einsetzen lassen. Oder darum, welche Rolle das Geschlecht bei der Entwicklung von Diabetes spielt, und warum es eigentlich keine Wunderpille gegen alle Krankheiten gibt.

Nach den Vorträgen haben die Zuschauer*innen jeweils eine Viertelstunde Zeit, ihre Fragen loszuwerden – und die haben sie. Zwischen 30 und 50 Leute befinden sich zu jeder Zeit in dem insgesamt circa vierstündigen Livestream. Sogar Nutzer*innen aus Kanada und Afrika sind dabei, wie sie über die Kommentarfunktion schreiben. Obwohl die Reichweite geringer ist als bei den realen Veranstaltungen der vergangenen Jahre, zeigt sich Judita Huber am Ende zufrieden mit der Veranstaltung: „Ich finde, dieses Jahr haben wir schon das Beste draus gemacht. Aber nächstes Jahr wollen wir wieder zurück an den Odeonsplatz.“

 

Wer die diesjährige Online-Veranstaltung von Soapbox Science München verpasst hat, kann die Livestreams der beiden Tage auf ihrem Youtube-Kanal nachschauen.

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