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Auf der Wohnungssuche

Von Laura Späth

„Hi, ich bin Felix und das hier ist die Wohnung.“ Ich bin wieder einmal bei einer Wohnungsbesichtigung. Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Wohnungen und WG-Zimmer ich schon angesehen habe, am stärksten habe ich versucht mir nicht zu merken, in wie viele davon ich gerne eingezogen wäre, wie viele mir perfekt vorkamen.

Inzwischen haben die Abläufe an Spannung verloren. Spannend ist eigentlich nur noch die Art und Weise, wie und nicht mehr, ob dir abgesagt wird: Bewirbt man sich als Studierende über die altbekannten Wege um eine Wohnung (immobilienscout24, immowelt und Co.) kommt es meist nicht zur Absage, weil es nicht einmal zur Rückmeldung kommt. Ich vermute langsam, die Mails, Anschreiben und Unterlagen von Studierenden landen sofort auf einem gesonderten Extrastapel – im Mülleimer der Vermieter_innen. Denn die vollzeitbeschäftigten Pärchen ohne Kinder sind eben höher im Kurs, die sind ja nie zuhause, um die Wohnung zu nutzen.

Bewirbt man sich direkt bei Vermieter_innen – beispielsweise von Bekannten – kommt es mit etwas Geschick zur Besichtigung. Und das ist schon fast schlimmer, als keine Rückmeldung zu bekommen, denn dann sieht man die Wohnung tatsächlich, fängt an zu planen, rechnet sich schon einmal die Verbindung zur Uni mit den Öffentlichen aus und stellt fest, dass es mit dem Fahrrad sowieso schneller geht. „Hier könnte das Bett stehen“, überlegt man, „und hier der Schreibtisch.“ Schweren Herzens verlässt man die Wohnung wieder nach x-maliger Zusicherung „Natürlich will ich die Wohnung“ und nach der Offenlegung seines gesamten Lebens.
Das ist übrigens eine der weiteren Dreistigkeiten, die sich Vermieter_innen in München erlauben können: Was geht es eine Vermieterin an, wo ich krankenversichert bin und wie meine Noten in der Uni aussehen? Ich habe mir überlegt, in Zukunft gleich noch alle meine Tagebücher von früher mit einzureichen, damit die Vermieterin auch mein psychisches Innenleben kennt, ein psychologisches Profil erstellen und so einschätzen kann, ob ich denn psychisch überhaupt geeignet bin für die begehrte Wohnung.

Nach dem Verlassen der Wohnung folgt das Warten: Zuerst auf eine Rückmeldung mit Hoffnung auf Zusage, nach einigen Tagen dann auf die Absage, damit der zum Albtraum gewordene Traum zumindest ein Ende findet. Meist kommt die Absage nie, trotz Rückmeldeversprechen, also fragt man eben nochmal nach, um kurze Zeit später zu wissen: „Die Entscheidung fiel mir wirklich nicht leicht, aber ich habe mich für eine andere Bewerberin entschieden.“
„Die Entscheidung fiel mir nicht leicht.“ – eine Floskel, steht bestimmt in irgendeinem Vordruck „Wie sage ich höflich Bewerber_innen für Wohnungen ab?“
Diese Floskel verwenden übrigens auch Studierende, die ein WG-Zimmer auf wg-gesucht.de anbieten. Und auch um ihre Absagen muss man schon fast flehen.

Ich persönlich habe das Flehen und Bitten aufgegeben. Nachdem ich verstanden habe, dass eine Wohnung im Münchner Innenraum zu bekommen genauso schwierig ist, wie Häuser zu besetzen, habe ich beschlossen, einfach zu warten.
Worauf? Alle, die ich nach ihren Wohnungen gefragt habe, meinten, sie hatten Kontakte, das sei ein glücklicher Zufall gewesen, usw. Also warte ich auch auf besagte Kontakte und glücklichen Zufälle, bewerbe mich hin und wieder ohne großes Zittern und Bangen um eine Wohnung – und vor allem ohne die Wunschvorstellung, sie tatsächlich zu bekommen.
Und wenn das Warten ohne Hoffen auch nichts bringt, denke ich doch nochmal über dieses Häuserbesetzen nach.

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