Stadtplan

„Zuagroaste“: Was denken sie über München?

München – ein kleines Universum mitten in Bayern. Wie wirkt das große Dorf auf den Rest der Welt? philtrat klopft zugezogene Studierende auf ihre Vorurteile ab.

Text & Fotos von Eva Riedl

Ich mache mich auf den Weg, „Zuagroaste“ zu interviewen, welche Vorurteile sie über München und die Münchner haben oder hatten, als sie hierher gekommen sind. Irgendwie habe ich mir das leichter vorgestellt, als es ist – „Zuagroaster“ steht leider keinem auf die Stirn geschrieben. Darum frage ich mich erstmal durch. Schnell finden sich ein paar importierte Opfer. Als ich sie frage, ob sie irgendwelche Vorurteile gegenüber München oder den Münchnern haben, sind die meisten erst einmal perplex. Klar, niemand gibt gerne zu, Vorurteile zu haben oder Menschen vorschnell in Schubladen zu stecken. Dennoch sind Einige bereit, mit mir über das Thema zu sprechen.

Daniel aus Rosenheim erzählt mir: „München ist eine Spießerstadt, da ist nichts los, einfach wie ein großes Dorf, sehr anders als andere Großstädte.“ Auch Raphaela aus Landsberg meint: „München wirkt sehr traditionell und verschlossen. Wenn ich etwas Kreatives machen wollen würde, würde ich nach Berlin gehen.“

Christine aus Berlin sieht das ähnlich: „Hier in München gibt es kaum Leute, die von der Norm abweichen.“ Ein weiteres Vorurteil, von dem sie sagt, es habe sich bestätigt, ist, dass ein großer Teil der Münchner Gesellschaft das, wie sie es nennt, „Bussi-Bussi Klischee“ erfüllt. Besitz ist wichtig. Der Porsche wird in der Maximilianstraße zur Schau gestellt, Frauen mit hohen Absätzen und Massen an Einkaufstüten – wer hat sie nicht im Kopf, wenn er an München denkt?

Auch Caro meint: „Das Vorurteil, dass die Münchner Snobs sind, eingebildet und hochnäsig, hatte ich auch. Geld spielt in dieser Stadt einfach eine sehr große Rolle.“ Teure Mieten und hohe Lebenshaltungskosten gehören zu den Standardaussagen.

Sophie aus Koblenz: „Neben den üblichen Vorurteilen hatte ich auch ein positives der Stadt gegenüber. Ich habe mir vorgestellt, dass man in München rund um die Uhr einkaufen kann und die öffentlichen Verkehrsmittel quasi alle zwei Minuten fahren. Einfach ein progressives Großstadtbild in meinem Kopf. Mit dem „großen Dorf“ war ich nicht vertraut, da wurde ich schnell eines Besseren belehrt. Meine Vorurteile den Münchnern gegenüber haben sich nicht bestätigt. Man merkt ihnen eine gewisse Form von ‚Bayern ist am besten‘ zwar an, aber ich empfinde sie jetzt eher als sehr herzlich, unkompliziert und wenig arrogant.“

Marco aus Italien hat ein ganz anderes Vorurteil für mich auf Lager: „München ist die Bierstadt schlechthin!“, lacht er. „Dieses Vorurteil hat sich sehr schnell bestätigt. Allein schon, weil es gleich am ersten Tag im Semester an der TU Freibier gibt.“

Lisa aus Hamburg: „An die Münchner Politik und Gepflogenheiten muss ich mich erst gewöhnen, aber das so ziemlich erste, was ich mir gekauft habe, war ein Dirndl.“ Auch Aylin aus Hannover sagt: „Ich war ebenfalls der Meinung, dass man unbedingt ein Dirndl braucht, wenn man in München wohnt. Ich hatte eigentlich gar keinen Bock drauf, aber habe mir dann doch eines gekauft. Jetzt trage ich es gerne, gehe damit aufs Oktoberfest.“

Im Gedächtnis geblieben sind mir vor allem die Worte von Christine, ihr Vorurteil hat mich zum Lächeln gebracht: „Vom Ernst des Lebens halb verschont, ist der schon, der in München wohnt.“ München ist ein wunderschöner Teil ihres Lebens geworden und leise fügt sie hinzu: „Ich bin hier schon fast lieber als in Berlin.“ Mir geht es ähnlich und fast jeder, den ich interviewt habe, hat so etwas in der Art gesagt, denn wenn man ehrlich ist, ist es wahr. Und wir sind schon alle vom Ernst des Lebens zumindest halb verschont.

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