Kulturphilter

The Messenger

All the Kings Horses and all the Kings Men…

“Engel des Todes” ist der inoffizielle Spitzname für die Boten, die den nächsten Verwandten von gefallenen Soldaten in den USA die schlechte Nachricht überbringen müssen. Um zwei dieser Boten geht es in The Messenger. Staff Sergeant Will Montgomery (Ben Foster) hat sich gerade soweit von seinen Verletzungen aus dem Irak erholt, dass er seine verbleibende Dienstzeit in der Heimat abdienen kann, als man ihn Captain Tony Stone (Woody Harrelson) zuteilt. Gemeinsam mit dem Offizier rückt er aus, wenn es darum geht, jemanden vom Tod eines geliebten Menschen zu unterrichten. Dabei halten sie sich beinahe schon gefühllos und kalt an ein vorgefertigtes Skript. Kein Körperkontakt, keine Reaktion. Die Botschaft zu überbringen ist alles, was zählt. Bis Will schließlich Olivia Pitterson (Samantha Morton) begegnet und beginnt, sich auch außerhalb seines Dienstes um die Witwe zu kümmern.

Völlig zurecht wurde The Messenger für zwei Oscars (Best Supporting Actor, Best Original Screenplay) nominiert. Woody Harrelson überzeugt als grimmiger Vorzeige-Offizier mit dunklen Seiten und einer Menge unterdrückter Emotionen. Das Drehbuch ist dabei ganz ähnlich gestrickt, wodurch der Film gänzlich ohne Special Effects und Kunstblut auskommt. The Messenger ist ein Film mit einer ruhigen Oberfläche, unter der es brodelt. Der Regisseur Oren Moverman, der auch am Drehbuch mitgearbeitet hat, sagt selbst, dass der Film weniger von den Opfern des Krieges handelt, als von jenen, die alleine zurückgelassen wurden.

…couldn’t put Humpty together again

Eine zentrale Szene des Films ist ein Arztbesuch Wills, der immer noch mit den Folgen seiner Verletzungen zu kämpfen hat. Im Scherz sagt er zum Arzt, dass er sich wie Humpty Dumpty fühlt, der von der Mauer fiel und den die Lakaien des Königs nicht mehr zusammenzusetzen vermochten. Er lebt und die Teile, die ihn ausmachen, scheinen sich leicht wieder miteinander verknüpfen zu lassen, aber tief in ihm ist etwas zerbrochen, das nicht mehr geheilt werden kann. Sowohl Ben Foster, als auch Woody Harrelson überzeugen durch eine schauspielerische Meisterleistung: Sie spielen zwei Soldaten, die sich abgebrüht geben und doch innerlich von ihren Schuldgefühlen und ihrer Trauer zerfressen werden.

Hier zeigt sich das eigentliche Trauma, das der Film behandelt: Nicht nur die Gefallenen sind Opfer des Krieges, auch jene, die ihn überlebt haben, sind für immer gebrochen. The Messenger handelt von Trauer, Verzweiflung und Zorn, aber auch von Freundschaft und einer Rückkehr ins Leben. Das Schöne an diesem Film ist dabei, dass er ohne Rückblenden in den Kriegsalltag auskommt. Man erfährt von traumatisierenden Ereignissen durch eine Art Botenbericht, bleibt aber  doch verhaftet in der Realität von Vorstadt und Supermarkt. Licht und Schatten werden immer wieder bewusst eingesetzt um die Auswirkungen des fernen Krieges im Irak auf das Hier und Jetzt der amerikanischen Gesellschaft zu veranschaulichen. Wie ein dunkler Schatten lauert das Trauma in den Vorstädten und in den Menschen selbst.

Ein filmisches Muss, nicht wegen der Oscar-Nominierungen, sondern aufgrund einer Gefühlsintensität, die sich nicht beschreiben lässt – nur erleben.

Ab dem 3. Juni wird dieser Film in den deutschen Kinos zu sehen sein.

(Bilder: Oscilloscope Laboratories, Omnilab Media, Sherazade Film Development, BZ Entertainment, The Mark Gordon Company, Good Worldwide)

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