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Zeit für Gebete

Bangkok eine Woche nach der gewaltsamen Auflösung der Proteste

Während sich der Alltag in Bangkok wieder normalisiert, scheint die Regierung unter Abhisit Vejjajiva hilflos vor der zerrissenen thailändischen Gesellschaft zu stehen. Sie klagte den im Exil verweilenden Anführer der Rothemden, Thaksin Shinawatra, wegen der Anstiftung der Proteste als Terroristen an. Unterdessen rief der Gouverneur Bangkoks zu Gebetszeremonien an den Schauplätzen der Gewalt der vergangenen Woche auf.

Über tausend Menschen sind am Mittwoch in Bangkok zu öffentlichen Friedensgebeten an den ehemaligen Zentren der Aufstände in der Stadt zusammengekommen. Die Lage hat sich eine Woche nach der gewaltsamen Auflösung der Proteste von Regierungsgegnern durch das Militär weitgehend stabilisiert. Schulen wurden wieder geöffnet und die öffentlichen Verkehrsmittel haben ihren Dienst wieder aufgenommen. Obwohl es kaum noch zu Gewaltausbrüchen kommt, gilt weiterhin bis Freitag eine nächtliche Ausgangssperre. Unzählige Freiwillige reinigten die Straßen Bangkoks von den Spuren der Demonstrationen. Was bleibt, ist eine zutiefst gespaltene Gesellschaft und der Wunsch nach Versöhnung. Beide Parteien wollen eine friedliche Aufarbeitung der Ereignisse.

Wege der Versöhnung

Während Premierminister Abhisit seinen Vorgänger Thaksin Shinawatra zum Staatsfeind Nummer Eins erklärt hat, reichte die parlamentarische Opposition ein Amtsenthebungsverfahren gegen Premier Abhisit ein. Sie werfen ihm vor, unverhältnismäßige Gewaltanwendung gegen unbewaffnete Rothemden gebilligt zu haben.

Dass sich die politischen Machtkämpfe der Eliten längst in der Bevölkerung niedergeschlagen haben, wurde in den letzten Wochen deutlich. Daher ist es nun an Regierungschef Abhisit, ernsthafte Vorschläge für Reformen vorzulegen. Die Konzentration auf Thaksin und seine Verfolgung wird die erhitzen Gemüter der enttäuschten Oppositionellen kaum beruhigen. Daher hat der Premierminister einen fünfstufigen Plan zur nationalen Versöhnung vorgelegt, in welchem er unter anderem vorgezogene Wahlen vor dem Ende seiner Amtszeit im Jahr 2012 in Aussicht stellt.

Ob dieser Plan, der die Pressefreiheit durch eine unabhängige Instanz kontrollieren soll, damit die Medien „konstruktive Berichterstattung“ leisten, ein echter Beitrag zu Versöhnung ist, bleibt fraglich.

In Thailand verfügen zwei Prozent der Bevölkerung über 80 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Der ärmere Teil der Bevölkerung versteht diese ungleiche Wohlstandsverteilung nicht und die Regierung weist jegliche Verantwortung von sich. Wirtschaftlich gesehen haben die Unruhen verheerende Auswirkungen: Durch den rückläufigen Tourismus wird Thailand in diesem Jahr geschätzte drei Milliarden Dollar weniger einnehmen und auch ausländische Investoren fürchten weitere Krisen. Ausländische Fonds haben in den vergangenen Tagen über eine Milliarde Dollar aus Thailand abgezogen. Erzielt die Regierung keine echte Einigung in Politik und Gesellschaft, wird sich diese Entwicklung nicht so schnell aufhalten lassen. Die angekündigten Sozialreformen müssen jetzt dringend umgesetzt werden. Ein unabhängiges Komitee soll nun die Fakten der Proteste zusammentragen, um sich anschließend auf von allen Seiten akzeptierte politische Spielregeln zu einigen. Somit sollen in Zukunft Konflikte dieser Art vermieden werden und die Gesellschaft wieder in Harmonie und Eintracht zusammen leben. Doch bis dahin, so Abhisit, ist es noch ein weiter Weg.

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