Kulturphilter

The Kids Are All Right

I don’t mind other guys dancing with my girl

Joni (Mia Wasikowska) und Laser (Josh Hutcherson) sind eigentlich zwei ganz normale Vorstadt-Kinder. Den klassischen Klischees folgend ist sie die eifrige, brave Streberin, während ihr Bruder eher ein kleiner Rabauke ist, der gerne mit seinem Taugenichts von Freund Clay (Eddie Hassel) die Nachbarschaft unsicher macht. Was sie jedoch von anderen Kindern unterscheidet, ist, dass sie zwei Mütter haben. Ihre Eltern sind die Ärztin Nic (Anette Brenning) und ihre lesbische Lebenspartnerin Jules (Julian Moore). Oberflächlich scheint die Familie glücklich zu sein, aber die schöne Fassade bekommt schon bald einige Risse, als Laser seine Schwester, die schon 18 ist, darum bittet ihren biologischen Vater ausfindig zu machen.

Wie sich herausstellt, handelt es sich dabei um Paul (Mark Ruffalo), einen erfolgreichen Restaurantbesitzer und Biobauern, der sein Single-Dasein durchaus genießt. Als er erfährt, dass er Vater ist, weiß er zunächst nicht so recht, was er mit dieser Erkenntnis anfangen soll. Aber nach einem ersten Treffen erkennt er schnell, dass ihm ohne Kinder etwas im Leben fehlt. Verkompliziert wird die ganze Angelegenheit schließlich zusätzlich, als es zwischen ihm und Jules zu knistern beginnt. Die Dramödie nimmt ihren Lauf.

Die Kritiker sind sich bei diesem Film einig: Eine gelungene Darstellung des erfolgreichen Konzepts gleichgeschlechtlicher Eltern, die trotz ihrer Liberalität eigentlich doch nichts weiter sind als Anhänger traditioneller Wertvorstellungen wie Familie, Haus und Glück. Die deutsche Film- und Medienbewertung erteilte sogar das Prädikat wertvoll.

Risse in der schönen Fassade

The Kids Are All Right ist tatsächlich ein ausgezeichneter Film mit überzeugenden Darstellern (besonders hervorzuheben sind Julian Moore und Josh Hutcherson), einer mitreißenden Story und einer hochmoralischen Botschaft: Der liberale Lebensstil und der Feminismus sind beides Erfolgsgeschichten!

Falls bei dieser Bewertung ein Anflug von Sarkasmus mitschwingt, so liegt das an der Rolle, die Mark Ruffalo in The Kids Are All Right spielt. Der biologische Vater wird (wie in letzter Zeit in Hollywood immer öfter der Fall) zum bloßen Samenspender degradiert. In der Familienidylle von Nic und Jules ist er nichts weiter als ein störender Fremdkörper und letztlich auch der Sündenbock, der für den beinah Verfall verantwortlich ist.

An sich ist dagegen nichts einzuwenden, zumal es sich widerspruchslos in den Plot einfügt. Aber diese Darstellung des erfolgreichen Single-Mannes, der plötzlich merkt, dass er gerne Kinder hätte und sich dann verantwortungslos und kindisch verhält, wodurch er die glückliche Familie gefährdet, ist genaugenommen ein etwas unschönes Klischee.

Allerdings will man diesen Einwand gegen die lauteren Motive der Filmemacher nicht gelten lassen, wenn man den Film erst einmal gesehen hat. Zu liebenswert sind die Figuren, zu erstrebenswert ihre Ideale. Interessant ist die ungewöhnliche Geschlossenheit der Kritiker, die den Film fast schon zum Monument des liberalen Gedankenguts erheben zu wollen scheinen. Ebenso bemerkenswert ist es, dass der Film bereits im Juni in den USA erschienen ist und erst jetzt in Deutschland in die Kinos kommt. Und last but not least bedarf auch die Herkunft des Titels noch einer knappen Erläuterung. Er beruht auf dem Song The Kids Are Alright von The Who, dessen Verse so passend klingen, dass er offensichtlich die Quelle der Inspiration für den Plot gewesen sein muss.

Insgesamt ist The Kids Are All Right gelungen umgesetzt, überzeugend, liebenswert und verdient zu Recht das Prädikat wertvoll. Der Vorwurf subtiler Männerfeindlichkeit ist dabei wohl unhaltbar und begründet sich letztlich wohl doch bloß im Hundeblick von Mark Ruffalo, der einen mit dem Charakter Paul trotz allem Mitleid empfinden lässt.

Ab dem 18. November kommt man auch hierzulande endlich in den Genuss von The Kids Are All Right.

(Bild: Focus Features, Mandalay Vision, Saint Aire Production und 10th Hole Productions, Antidote Films)

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