Kulturphilter

Wall Street: Geld schläft nicht

Von Seifenblasen und Börsenkrach

Gordon Gekko ist wieder da. Wall Street: Geld schläft nicht ist Oliver Stones Fortsetzung seines Wall Street-Films von 1987. Die Handlung knüpft dabei mehr oder weniger direkt an seinen Vorgänger an, denn der wegen Insiderhandels inhaftierte Börsenspekulant Gekko kommt nach acht Jahren Haft endlich wieder frei. Während der erste Film die Geschichte des aufstrebenden Bud Fox (Charlie Sheen) erzählt, den der Börsenveteran Gordon Gekko unter seine Fittiche nimmt, bis es zum Zerwürfnis kommt, so ist auch in der Fortsetzung die Hauptperson ein junger Idealist.

Wir schreiben das Jahr 2008. Jake Moore (Shia LaBeouf) arbeitet für eine der größten Investment Banken der Börse, wo er seinen Einfluss vor allem dazu nutzt, die Erforschung erneuerbarer Energien voranzutreiben. Als jedoch seine Bank plötzlich vor dem finanziellen Ruin steht und sein Mentor Selbstmord begeht, versteht er die Welt nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt wird er auf Gordon Gekko aufmerksam, der mittlerweile erfolgreicher Autor des Buches Greed is Good ist – und zufälligerweise auch der Vater von Jakes Freundin Winnie (Carey Mulligan).

Kaum haben sich Jake und Gordon kennengelernt, schließt der junge Broker auch schon einen Pakt mit dem Teufel: Gekko hilft Jake dabei, herauszufinden, wer wirklich für den finanziellen Ruin seines Arbeitgebers verantwortlich ist und er hilft ihm dafür zum Ausgleich, sich wieder mit seiner Tochter auszusöhnen. Aber Stück für Stück muss Jake herausfinden, dass es dem alten Hasen um etwas ganz anderes geht…

Bekanntlich scheiden sich ja die Geister daran, ob ein Klassiker wie Wall Street partout eine Fortsetzung benötigt, aber in diesem Fall ist sie nicht nur gelungen, sondern vor allem notwendig. Denn Oliver Stone hat hier einen Film geschaffen, der einen Einblick in die Börsenwelt zu Beginn der weltweiten Finanzkrise bietet und ihr so zugleich ein Gesicht gibt.

It’s not about the money – It’s about the game

Wall Street 2 ist eine Medaille mit zwei Seiten. Einerseits überzeugen Shia LaBeouf und besonders Michael Douglas in den Hauptrollen, die Geschichte ist durchdacht und geschickt angelegt und die Gesamtoptik des Films überzeugt. Man fühlt sich durch Grafiken, die sich entlang der Skylines winden und im Abgrund versinken, sowie durch endlose Zahlenreihen und geschicktes Übereinander-Blenden der Szenen hineingezogen in die endlosen, computerspielhaften Abgründe der Finanzwelt.

Andererseits jedoch kann man dem Film vorwerfen, dass er lediglich die Oberschicht zeigt, für die der Verlust von Unsummen an Geld kaum Bedeutung zu haben scheint. Zwar verdeutlicht das auch die Arroganz der kapitalistischen Eliten, fokussiert den Film aber beinahe unangenehm auf die WASP, die Oberschichte der White-Anglo-Saxon-Protestants.

Der Film ist erfrischend, was die markigen Sprüche eines mephistohaften Gordon Gekko angeht und zutiefst deprimierend in seiner Abrechnung mit dem Kapitalismus. Was jedoch noch trauriger ist, dürfte die Tatsache sein, dass – wie ja auch in der Realität – trotz allem das System und die Eliten aus der ganzen Sache ohne einen Kratzer herausgekommen sind und lediglich einige wenige Sündenböcke geopfert wurden. Zudem tut es weh, zu hören wie Michael Douglas, der mittlerweile selbst an Krebs erkrankt ist, im Film den Kapitalismus beziehungsweise die Gier, die ihn regiert, als ein solches Krebsgeschwür bezeichnet.

So betrachtet, kann man sich jedoch zumindest über das Happy-End hinwegtrösten, das den Film leider entschärft und fast schon an eine Farce grenzt. Ein winziges Detail könnte aber hier doch dafür sprechen, dass Oliver Stone ein weiteres Meisterwerk gelungen ist und nicht bloß eine schnöde Fortsetzung: Das Glück der letzten Minuten klingt aus mit einem Schwenk über New York, der einer Seifenblase folgt, die noch intakt ist, als sie aus dem Bild schwebt und den Zuschauer mit der Erkenntnis zurücklässt, dass auch ein gutes Ende heute nicht mehr ist als eine Seifenblase.

Wer sich für Finanzmärkte und Intrigen interessiert, der kann sich ab dem 21. Oktober auch hierzulande mit Shia LaBeouf und Michael Douglas auf eine Achterbahnfahrt à la Wall Street begeben.

(Bild: 20th Century Fox)

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