Hat denn nichts mehr ein Ende? Fluch der Karibik 4 – Fremde Gezeiten
Am 16.05. 2011 versammelten sich Prominente und solche, die sich dafür halten, gemeinsam mit Kartengewinnern und der Presse im Mathäser-Filmpalast in München, um der Deutschlandpremiere des neuesten Films aus der erfolgreichen Piraten-Reihe mit Johnny Depp beizuwohnen. Zu Gast waren auch Regisseur Rob Marshall, Produzent Jerry Bruckheimer, sowie die Schauspieler Penelope Cruz, Àstrid Bergès-Frisbey und Sam Claflin.
Definiert man einen Blockbuster tatsächlich dadurch, dass sich die Menschenmassen in langen Schlangen für einen Film anstellen, so dürfte die Premiere allein Fluch der Karibik 4 als solchen klassifizieren. Auf der Rückseite des Mathäser-Filmpalasts standen Massen von Premierengästen und warteten darauf, vorbei an Kameras, Reportern und mit Block und Stift bewaffneten Fans, über den roten Teppich in das Filmtheater gelassen zu werden.
Regisseur Rob Marshall, bekannt für Werke wie Die Geisha oder den Musical-Film Chicago, verriet Pro Sieben Reporter Steven Gätjen auf dem roten Teppich, dass er einen Action-Adventure Film wie Fluch der Karibik schon immer einmal machen wollte. „I was thrilled that they thought I could do this,“ sagte der mehrfach für den Tony nominierte, vierfache Emmy Gewinner Marshall.
Àstrid Bergès-Frisbey, die im Film die Meerjungfrau mit dem bezeichnenden Namen Syrena spielt, war weniger für tiefschürfende Kommentare zu haben und schien alles in allem auf die denkbar sympathischste Weise wie das sprichwörtliche Reh im Scheinwerferkegel zu sein – überwältigt und starr vor Angst. Wie im Film selbst, glänzte sie vor allem dadurch, perfekt und schüchtern zu wirken. Ihr treffendster Kommentar zu dem Geschehen um sie herum: „There’s so many people dressed as pirates.“
Penelope Cruz hingegen, äußerte sich hauptsächlich zu ihrem Kollegen Johnny Depp, der nicht anwesend sein konnte, da er selbst gerade bei den Filmfestspielen in Cannes zu Gast war. „He is a special human being with a big heart.“
Den abschließenden Kommentar zum Thema Johnny Depp fing ebenfalls Steven Gätjen ein. Auf die Frage, wie Johnny Depp ist, antwortete eine der befragten Gäste: „heiß, sexy und leider nicht hier.“
Johnny Depp: Objekt der Begierde
Dass den meisten Frauen, die auf dem roten Teppich interviewt wurden, zu Johnny Depp anstelle seiner schauspielerischen Fähigkeiten meist nur das Prädikat „geil“ einfiel, legt Zeugnis vom Verfall der deutschen Sprache, und der neuerdings wieder salonfähigen Objektivierung schöner Menschen oder unserer Gesellschaft im allgemeinen ab. Der geneigte Leser und Gesellschaftskritiker möge sich eines aussuchen.
Eine ähnliche Spannung zwischen Antworten auf die Frage nach dem Erfolg des Films schien niemanden weiter zu stören. So folgte in einem Fall auf „Sie metzeln so sympathisch“ gleich „Ich glaube wir Menschen haben doch einen guten Kern“. Auf die Frage nach dem Jungbrunnen antwortete dieselbe Kinobesucherin „Ich weiß nicht, ob ich in hundert Jahren noch hier sein will, so wie die Tendenz momentan ist“ und sprengte damit endgültig den Rahmen des Selbstreferentiellen.
Zurück zu den Wurzeln
Der Film selbst wird wie jede Fortsetzung seine Fans und Gegner finden. Was allerdings für ihn spricht, ist, dass seine Macher sich endlich getraut haben, einzugestehen, was den Fans schon lange klar war: dieser Film ist nur dank JohnnyDepp so erfolgreich. Gefragt, warum Jack Sparrow so ein beliebter Charakter ist, antwortete etwa Rob Marshall lakonisch: „Well, there’s an actor called Johnny Depp who plays him.“
Kombiniert mit der Tatsache, dass im vierten Teil nun endlich die mehr als störende, pseudo-romantische Beziehung zwischen Will Turner (Orlando Bloom) und Elizabeth Swan (Keira Knightley) eliminiert worden ist, macht das den vierten Teil der Reihe zu dem, was schon der erste Teil sein wollte: zu einem echten Piratenfilm.
Johnny Depps Leistung ist wie immer beindruckend, aber auch die Regie und vor allen Dingen das Drehbuch von Ted Elliot und Terry Rossio überzeugen. Der Film hat alles was man sich nur wünschen kann: fantastische Elemente, zarte, aber unaufdringlich knospende Liebesgeschichten, wie etwa jene zwischen dem Missionar Phillip (Sam Claflin) und der Meerjungfrau Syrena (Àstrid Bergès-Frisbey), sowie beeindruckende Sets und Kostüme. Wie üblich sind die Gegenspieler die Vertreter des britischen Empire, in dessen Dienst sich allerdings Captain Barbarossa (Geoffrey Rush) zunächst stellt. Die Palette wird diesmal ferner um gemeinsame Widersacher erweitert: Katholiken. Denn nicht nur Jack Sparrow und der britische König trachten danach die Quelle der ewigen Jugend zu finden, sondern auch die spanische Krone sendet ihre Häscher aus. Allerdings aus höheren Motiven: der heidnische Tempel soll zerstört werden, da nur ihr Gott das ewige Leben spenden darf.
Neben der Entfernung von Keira Knightley und Orlando Bloom aus dem Konzept des Films dürfte der größte Gewinn die Hinzufügung von Penelope Cruz sein. Das Temperament ihrer Rolle Angelica bildet den perfekten Gegenpol zu Johnny Depps Jack Sparrow. Angelica ist der passende Counterpart zu dem Piraten, der den Filmen bisher gefehlt hat.
Fluch der Karibik – Fremde Gezeiten ist wie alle Filme aus Disneys Piratenreihe gnadenlos abhängig von den Schauspielkünsten Johnny Depps, doch andererseits macht das ja auch den Charme dieser Filme aus.
Mehr als sehenswert und seit dem 19.05. im Kino.
(Artikel: Felix Fuchs, Film Plakat: Walt Disney Pictures und Jerry Bruckheimer Films, Fotos: Lea Vogt)