Über manch para-akademische Möglichkeit, ein guter Mensch/Mann zu werden
Bei meiner wöchentlichen Schnüffelei in den Schlafzimmerkommoden unserer Universität bin ich kürzlich – in einer der obersten Schubladen hinter der Schmuckschatulle war sie sorgsam eingenestelt – auf die Homepage der elfsilbigen Universitätsfrauenbeauftragten gestoßen und mit dem Kopf unversehens gegen den LMU-Balken geknallt, dass mir der Puls, nach einstündigem Kreis-Laufen im Park bereits in angenehmer Ruhelage befindlich, augenblicklich wieder auf stattliche einhundertundachtzig Umdrehungen pro Minute nach oben katapultierte.
Die politische Sorge um die Frau ist aller Ehre wert, ja, sie ist das höchste menschliche Unterfangen unserer Zeit und erst der rechte Gipfelpunkt einer modernen Gesellschaft, aber manch Bemühen um die Austreibung des patriarchalischen Geistes veranlasst mich freies, vernünftiges Wesen dann doch im testosterotischen Zustand körperlicher Ertüchtigung dazu, in einen prä-zivilisatorischen Zustand zurückzufallen und mich wie ein verlauster Affe am Kopf zu kratzen.
Diese Exorzismen werden nämlich neuerdings auch an unserer lieben Sprache vorgenommen, die sich wie ein armer Wurm, der niemandem etwas zuleid getan hat, am Boden der politischen Tatsachen krümmt und zu einer völlig symmetrischen Begliederung aufgezüchtet wird, dass es fortan aus allen Mündern heißen muss: Auch die Frau ist eine Bürgerin!, und die fernen Forscherinnen und Forscher der Zukunft in den Sedimentschichten unserer (Sprach-)Kultur eben diesen Geschlechtsbimorphismus auffinden werden, den wir so gern aus dem Denken, sagen wir, herausgemeißelt hätten. Oder leisten wir, bedenken wir diese Option, der rühmlichen Entmannung des Mannes zu Leipzig, so nannten wir ihn einst, anerkennend Gesellschaft, indem auch die Herren Professorinnen, so sagt man nun, in unseren Hallen den Ehrentitel der weiblichen Flexion zu tragen sich anschicken dürfen (das war dann aber doch eine schmutzige männliche Phantasie der Medien)? Oder soll es fortan – partizipial statt patriarchal! – schön Profitierende heißen, wie es uns das Verkehrsministerium seit einer Weile zum Vorbild gibt – wie immer schneller unterwegs als der gemeine Bürger die gemeinen Bürgenden – und wäre es nicht bedenkenswert, zur Sterilisierung der Sprache die unliebsamen männlichen Endungen, so das –or und das –er etwa, kurzweg abzuknapsen und die weibliche Rundung des -a, des -e und des –in mitsamt der männlichen Geschlechtsteile in den sachlich-neutralen, nicht weniger formschönen Korpus –x einzuebnen? Dix Damx, dix Männix, rät die Humboldt-Universität zu Berlin unserer Fakultät der Physik: Meine sehr verehrten Dam- und Herrixes! Und sollten nicht auch unsere vormodernen Dichterinnen und Dichter ihre Lyrik reformieren und künftig auf männliche, ja wenn nicht gleich auf sämtliche männlichen und weiblichen Kadenzen verzichten? – Wenn die Sprache nicht dennoch – ihre Wege sind unergründlich – etwa durch Knospung oder Zellteilung ihren Bestand an gender-feindlichem Sprachgut vermehrt und neu aufbereitet oder der patriarchalische Geist über den Weg der Seelenwanderung in so harmlosen Begriffen wie Hase, Schnecke oder Lehramtsgretel, oder in unserem lieben Herrn Nachbarn just beim Sprengen des Rasens oder der Probe seiner neuen Axt reinkarniert und alle unsere Bemühungen mit einem Schlag zunichtemacht…
Überhaupt scheint mir in einer männlich verklärten Perspektive – die kritischen Leserinnen und Leser sowie die Lesenden, die in ihrem Geschlecht anonym bleiben wollen, werden es sofort bemerkt haben –, dass Barbies und rosa Kinder-Überraschungseier, Unter-, Über-, kurze, lange und keine Röcke, Sommerkleider, Bikinis, strichförmige Frauen-Volleyball-Höschen, die man unter Zuhilfenahme von Lupen, Mikroskopen und diversen anderen Vergrößerungsgläsern am Fernsehbildschirm suchen muss, Spaghettiträgertops, Damenstrumpfhosen, Schnupftabaksdöschen, Tigertangas, Christiano Ronaldo, Der Mann im Mond, Pornos, Partys, Popcorn, Papas autoritärer Erziehungsstil und Rosamunde-Pilcher-Filme, Parfum (blumig oder männlich-herb), Gymnastik-, Tuch- und Tanzunterricht, Puder, Pillen, Kleister, Geister, Zement, Zöpfchen, Damen-Schuhe, Damen-Toiletten, Damhirsche und Damen-Fahrräder, deren Sitze den weiblichen Rücken zwingen, wie ein Stift gen Himmel zu ragen, Zigaretten, Zigarren, Zunder, Zaudern, Dynamit, Dressurreiten, Daniel Radcliff, Brad-Pitt, Pitt-Bull, Red-Bull, George Clooney – der inzwischen übrigens, leider leider, zu heiraten beabsichtigt, was selbst die Kanzlerin schade findet –, Friendship, Parship, Fotoshop, RBM, GNTM, Diätdrinks, Salatblätter, Segeln, Dauer-, Radio- und Laolawellen sowie Personalausweise weitaus mehr zu Geschlechterkonstruktionen beitragen als die frauenvergessene Rede von Menschen, Würmern undFußgängern, man sagt jetzt: Menschinnen und Menschen, Würmer und Würmerinnen sowie Fußgehende – wenn nicht in letzter Stunde doch der so sehnlich vermisste Männerbeauftragte zur Bewahrung des Mannes in der Sprache berufen wird, sich für den Artenschutz des Rockzipfels stark macht und vor öffentlicher Versammlung selbstbewusst verkündet: „Es heißt – der Zipfel!“