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Die blau-weißen Esel

Bayerische Klein- und Kleinstparteien zeigen sich im Wahlkampf immer öfter als Esel oder Stier – und schädigen dabei den Ruf der ahnungslosen Tiere. Dabei gäbe es doch so passende Alternativen.

Wer wird hier wem ähnlicher? Ein Stier zur Europawahl (Foto: Starck)
Wer wird hier wem ähnlicher? Ein Stier zur Europawahl (Foto: Starck)

Seit einigen Jahren hat sich in dem von Arroganz und separatistischem Gedankengut zerfressenen „Freistaat“ eine Wahlkampftradition etabliert, die sich in eine völlig absurde und ja, sagen wir es gerade heraus, animalische Richtung bewegt: Bayerische Kleinstparteien bedienen sich einer Tiermetaphorik, die gewisse Merkmale gänzlich missachtet. Durch diese – in manchen Kreisen tatsächlich als innovativ geltenden – Mittel versuchen sie, ihre für Externe oftmals unverständlichen Thesen und Programme an den Mann zu bringen.

Den Auftakt machte im vergangenen Jahr bei der Bundestagswahl die noch relativ junge Bayernpartei, ein lose organisierter Hobbyverein ehemaliger Löffelschnitzer, der sich die Abspaltung des „freien“ Staates vom restlichen, wirtschaftlich katastrophal aufgestellten Deutschland auf seine kleinkarierte Fahne geschrieben hat. Diese wilde Horde regional-patriotisch Übermotivierter hat sich während einer vermutlich nicht allzu viel Zeit und Mühe in Anspruch nehmenden Wahlkampagne dazu entschlossen, ihr geliebtes Heimatland als einen ausgelaugten Esel, gut, einen Goldesel darzustellen.

Die ehemaligen Löffelschnitzer

Natürlich, es geht darum, die wirtschaftliche und finanzielle Stärke Bayerns abzubilden, aber ein Esel? Eine in so grotesker Weise die weiteren Konnotationen dieser Gattung völlig missachtende Blindheit ist selbst für die ja naturgemäß äußerst schmalstirnigen Parteimitglieder neu.

Diese Genealogie der Tiere hat sich auch im Wahlkampf der CSU durchgesetzt, einer Elternpartei, die ihre Kreuze meist von geranienpflanzenden Trachtenhausfrauen und masskrügeschwenkenden Überzeugungsschnäuzern erhält. Anlässlich der anstehenden Europawahl sind auch sie auf den Hund gekommen, oder genauer: auf den Stier. Breitschultrig und haarig ziert er bayerische Groß- und Kleinstädte und wirft dem nichtsahnenden Wähler böse Blicke an den Kopf.

Ein solcher Hornochse sitzt nun, getrieben von den seit Jahrzehnten unbeachtet gebliebenen Problemen der oberbayerischen Hinterwäldler und ausgestattet mit verschiedensten, in einer spanischen Stierkampfarena sicherlich sehr hilfreichen Vorteilen der Bullerei, im Europaparlament in Brüssel. Er schnaubt und tobt und wenn er sich unverstanden fühlt, prescht er mit roten Augen durch die Reihen der Abgeordneten. Nun gut, vielleicht wird dieses Bild durch den üppigen Schamhaaransatz auf dem Kopf des auf den Plakaten imaginierten Tieres etwas abgemildert. Dennoch.

Fieser Überzeugungsschnäuzer

Diese fiese und vermutlich völlig illegitime Porträtierung unschuldiger Vernunftunbegabter fand seinen für Generationen unerreicht bleibenden Gipfel bei der vergangenen Bundestagswahl. Wieder einmal waren es die Christsozialen, die sich nach einer Vielzahl gedanklicher Streifzüge durch jedwede Tierreiche dieses und anderer Planeten für ein Wesen entschieden, das am Ende selbst die schlimmsten Erwartungen weit zu übertreffen vermochte: das Horst. Dabei geht die marketingstrategisch eher semi-intelligente Einflussnahme in diesem besonderen Fall über das bloße Abbild hinaus. Das Horst verfügt nämlich über eine Fähigkeit, die dieser Spezies für gewöhnlich nur bedingt zuteil wird: Das in freier Natur äußerst selten gewordene Tier ist in der Lage, zwar sehr unverständliche, aber doch artikulativ einigermaßen relevante Laute zu produzieren.

Ist dies also die zukünftige Funktionsweise unserer repräsentativen Demokratie? Muss sich der Wähler in den nächsten Jahren zwischen Stier und Esel entscheiden? Die Werbeplakate der bayerischen Parteien zumindest zeichnen das Bild einer animalischen Dystopie, die wirklich am Verstand der völlig zu Recht im Hintergrund stehenden Werbe- und PR-Agenturen zweifeln lässt. Ich persönlich finde es da äußerst bedauerlich, dass nicht auch anderen Tieren der Status eines Parteirepräsentanten zukommt. Deshalb meine Empfehlung an die CSU: Warum nicht mal ein Blobfisch?

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Vielleicht bald schon auf Wahlplakaten zu sehen: Psychrolutes marcidus, auch bekannt als „Blobfisch“       (Foto: Peter Enzerink, unter CC BY-NC-SA 2.0)

 

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